Olpe. . Am 5. Januar 2012 hatte ein 21-Jähriger das Haus seiner Familie in der Wilhelmstraße in Brand gesetzt. Jetzt hat ihn das Jugendschöffengericht Olpe zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt.. Die muss er aber bis auf Weiteres nicht antreten.
Am 5. Januar steckte er das Haus seiner Familie in der Wilhelmstraße in Brand, am Dienstag gab es im Olper Amtsgericht nach fast sechs Monaten U-Haft ein tränenreiches Wiedersehen - und eine milde Strafe. Das Jugendschöffengericht verurteilte den 21-jährigen Olper wegen schwerer Brandstiftung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren. Die muss er aber bis auf Weiteres nicht antreten, denn Richter Richard Sondermann und die Schöffen billigten dem Produktionshelfer verminderte Schuldfähigkeit zu.
Der junge Olper war am Abend des 5. Januar mit einer Flasche Feuerzeugbenzin auf den Dachboden des Fachwerkhauses geschlichen, hatte dort eine alte Matratze und einen tragenden Holzbalken angezündet. Dann, als wäre nichts gewesen, fuhr der Schichtarbeiter zu seiner Arbeitsstelle im Olper Süden. Glücklicherweise bemerkte die im Stockwerk unter dem Dach vor dem Fernseher sitzende Schwester die Flammen rechtzeitig. Zusammen mit der Mutter und zwei weiteren Geschwistern konnte sie sich in Sicherheit bringen.
Vorbildlicher Einsatz der Feuerwehr Olpe
„Dabei hätte leicht ein kleiner Stadtbrand entstehen können“, resümierte Richter Richard Sondermann. Dass es nicht so weit kam und auch niemand verletzt oder sogar getötet wurde, sei nur dem „vorbildlichen Einsatz der Olper Feuerwehr“ und der Schwester des Angeklagten zu verdanken.
Im Mittelpunkt der Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht stand die Suche nach einer Erklärung für den Ausraster des 21-Jährigen. Die Erklärung des Angeklagten („Ich hatte so viel Frust; ich habe mir nichts dabei gedacht“) war dabei nicht wirklich hilfreich. Sein Hinweis auf den plötzlichen Tod des Vaters schon eher: „Alle haben gesagt, du bist jetzt der Mann im Haus, du hast die Verantwortung, du darfst nicht ausgehen. Ich konnte mit niemandem darüber reden, meine Mutter fing dann sofort an zu weinen.“
Erhebliche Reifeverzögerung
Zusätzlich Aufklärungsarbeit leisteten Markus Schirmeyer von der Jugendgerichtshilfe des Kreises Olpe und der psychiatrische Sachverständige Dr. Horst Sanner (Paderborn). Schirmeyer betonte, dass der 21-Jährige „bei weitem nicht in der Lage ist, erwachsen zu handeln und zu denken“. Andererseits sei von ihm verlangt worden, nach dem Tod des Vaters als Familienoberhaupt zu fungieren.
Dr. Horst Sanner attestierte dem jungen Olper eine „Anpassungsstörung im Sinne einer reaktiven depressiven Verstimmung“, die durch den Tod des Vaters hervorgerufen worden sei. Angst und ein steigender innerer Druck hätten sich schließlich in einer „Übersprunghandlung“ entladen. Hinzu komme eine erhebliche „Reifeverzögerung“, betonte der psychiatrische Sachverständige. Der Angeklagte sei in dem „patriarchalischen“ System der türkischen Familie „immer klein gehalten“ worden. „Er wollte sein wie der Vater, doch die Anforderungen waren einfach zu hoch.“
Wiederholungstat unwahrscheinlich
Eine Wiederholungstat sei unwahrscheinlich, betonte Dr. Sanner. Denn die „Anpassungsstörung“ habe sich bereits während der Untersuchungshaft zurückgebildet. Dennoch sei eine Folgetherapie sinnvoll.
Während Staatsanwalt Stephan Krieger eine zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung nach Erwachsenenstrafrecht forderte, plädierte Verteidiger Harald Kröning (Attendorn) für eine „deutlich unter zwei Jahren“ liegende Bewährungsstrafe nach dem Jugendstrafrecht.
150 Stunden gemeinnützige Arbeit
Das Jugendschöffengericht wählt den Mittelweg. Außerdem muss der Olper 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und eine „jugendpsychiatrische ambulanten Therapie“ antreten.
Direkt nach dem Richterspruch holte der 21-jährige seine Siebensachen aus der JVA Wuppertal und zog wieder zu seiner Familie. Vorher hatte Verteidiger Harald Kröning die Mutter des 21-Jährigen in einer Sitzungspause beiseite genommen, um ihren Blick nicht auf die Aufgaben, sondern auf die Sorgen ihres Sohnes zu lenken.