Olpe/Ottfingen. Vor dem Abbruch der Autobahn-Talbrücke Ottfingen wird Ersatz für Winterquartier der Flugsäuger geschaffen. Landespfleger gibt Einblicke.
Unter Tage ging es am Mittwoch für die Mitglieder des Beirats bei der Unteren Landschaftsbehörde, wenn auch nur virtuell: David Lemberg, Landespfleger der Autobahngesellschaft, referierte über ein Artenschutzprojekt, das von Aufwand und Umfang im Kreis Olpe bisher beispiellos ist. Dabei ging es per Video in den jahrhundertealten Löhkopf-Stollen bei Ottfingen, denn um diesen dreht und wendet sich das gesamte Projekt.
Auslöser dafür ist der geplante Ersatzneubau der Autobahntalbrücke Ottfingen: Wie alle Brückenbauwerke im Laufe der Sauerlandlinie ist auch diese so in die Jahre gekommen, dass sie erneuert werden muss. Doch europäische Artenschutzvorschriften machen es nötig, vorher dafür zu sorgen, dass Tiere, die die Brücke als Wohnstätte für sich entdeckt haben, keinen Schaden davontragen. In den Widerlagern der Brücke sind aber Ruhestätten von Fledermäusen, die von 2018 bis 2022 bei faunistischen Kartierungen und eigenen Erhebungen der Autobahn-GmbH festgestellt worden waren. Wie Lemberg betonte, seien immer Zwergfledermäuse und Braune Langohren angetroffen worden. „Vor dem Abbruch muss gleichwertiger Ersatz geschaffen werden“, so der Landespfleger, und in einer Reihe von Gesprächen zwischen dem Kreis Olpe als Unterer Naturschutzbehörde und der Autobahn-GmbH sei rasch der alte Bergwerksstollen in den Blick gekommen, weil derartige Stollen sich ideal als Fledermausquartiere eigneten.
Der 1988 wiederentdeckte, kurze Zeit später aber eingestürzte Stollen sei daher 2020 erstmals wieder geöffnet worden. „Es ist ein sogenannter Uraltstollen, die genaue Erschließung ist nicht bekannt, aber Bergbau in Ottfingen ist erstmals im 15. Jahrhundert nachgewiesen“, so Lemberg. Er erinnerte daran, dass seinerzeit die Bürgerinitaitive Ottfingen geplant habe, das Mundloch zu rekonstruieren, das sei aber damals am Geld gescheitert.
Beste Wasserqualität
Der Stollen ist etwa 1300 Meter von der Autobahnbrücke entfernt. Das Portal liegt in einem Einschritt und befindet sich im Eigentum der Waldgenossenschaft Ottfingen. „Das Mundloch war verschüttet. Wir haben die LWL-Archäologie eingeschaltet, weil die beim Thema Bergbau sehr interessiert sind“, so Lemberg. Die Wasserqualität im Stollen sei untersucht worden mit dem Ergebnis, dass es besser als die geforderte Trinkwasserqualität sei. „Wir haben bei den Erkundungen von mehreren gehört, dass früher schwangere Frauen aus Ottfingen bei Eisenmangel immer Wasser aus dem Berg getrunken haben“, berichtete Lemberg.
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Der Stollen sei dann entwässert und in einem aufwendigen 3D-Laserscan vermessen worden. „Wir waren 150 Meter tief drinnen“, der Stollen ende in einer regelrechten Halle, während der eigentliche Gang so eng sei, dass er nur mit gebeugtem Kopf habe gehen können. „Wir haben uns entschieden, den Stollen zu verlängern, einmal, um das Mikroklima am Eingang so zu haben, dass Fledermäuse gern reingehen, zum anderen, um die ursprüngliche Anmutung wiederherzustellen und den Abraum wieder zu verbauen.“ In Absprache mit der Waldgenossenschaft sei beschlossen worden, durch entsprechende Anpflanzungen einen Waldmantel zu bilden und den Stollen einzugrünen. In einem Film hatten die Beiratsmitglieder Gelegenheit, Einblick in den Stollen zu nehmen und seinen Verlauf im Berg zu verfolgen.
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Viele Probleme hätten bewältigt werden müssen, berichtete der Landespfleger; so sei das Portal stark einsturzgefährdet gewesen, daher sei ein Betonrohr so tief wie möglich in den Stollen geschoben worden. Auch habe der Felshang aufwendig gesichert werden müssen, um die Arbeiter nicht zu gefärhden. „Im Abraum war ziemlich viel Kulturmüll, den wir beseitigen mussten, und mittenrein kam die Ersatzbaustoffverordnung. Aber wir haben das alles gemeistert.“
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Nach der baulichen Fertigstellung sei ein digitales akustisches „Anlockgerät“ im Portal installiert worden, das Fledermausrufe imitiere, am letzten Rohr direkt vor dem eigentlichen Stollen befinde sich ein Aufnahmegerät, das Geräusche von Fledermäusen aufnehme. Nur neun Tage nach Fertigstellung sei der erste akustische Nachweis für das Passieren eines Braunen Langohrs erbracht worden. „Die Lehre sagt, bei solchen Ersatzquartieren dauert die Annahme meist ein bis vier Jahre“, freut sich Lemberg sehr über die ganz offensichtlich gelungene Schaffung des Ausweichquartiers. Inzwischen sei auch eine Kamera installiert worden, die von einer Lichtschranke ausgelöst werde. Entsprechende Software könne die Tiere erkennen, und das Ergebnis sei eindeutig: Ein Braunes Langohr wurde identifiziert. In mehreren Nächten seien inzwischen Schwärmrufe aufgenommen worden, „und die machen Fledermäuse nur vor ihrem Quartier“, so Lemberg.
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Auf Nachfrage aus dem Beirat ergänzte er, die gesamte Maßnahme habe rund 300.000 Euro gekostet. Kreisdirektor Philipp Scharfenbaum freute sich über die gelungene Kooperation von Kreis und Autobahngesellschaft: „Wir haben jetzt erlebt und gesehen, dass Naturschutzmaßnahmen nicht immer verhindern müssen, sondern auch ermöglichen können. Man muss es vernünftig managen, dann klappt das.“ Schließlich sei der Mensch „moralisch wie gesetzlich“ dem Artenschutz verpflichtet. Mit langem Applaus signalisierten die Beiratsmitglieder ihre Zustimmung und nahmen gern die Einladung von David Lemberg an, bei einem Ortstermin die Anlage direkt in Augenschein zu nehmen.