Finnentrop. Finnentrops Kämmerer Josef Baußmann warnt davor, dass die Gemeinde in die Haushaltssicherung abrutscht – mit noch nicht absehbaren Folgen.
Das Damoklesschwert namens Haushaltssicherung hängt bedrohlich tief über der Gemeinde Finnentrop. „Es ziehen sehr dunkle Wolken auf, wenn ich auf die finanzwirtschaftliche Lage unserer Gemeinde schaue“, will und kann sich Josef Baußmann der Realität nicht verschließen. Am Dienstag teilte der Kämmerer der Lokalpolitik zunächst in einem Arbeitskreis Finanzen, der erstmalig und nichtöffentlich tagte, und anschließend dem Gemeinderat in großer Runde mit, dass sich die Haushaltssituation trotz Gewerbesteuer-Rekord im vergangenen Jahr dramatisch verschlechtern werde. Und dass Politik wie Verwaltung in Zukunft jeden Stein umdrehen und sich die Frage stellen müssen: Welche Projekte sind noch finanzierbar und worauf müssen sie verzichten?
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Um es in nackten Zahlen zu sagen: Ging der Kämmerer vergangenes Jahr noch davon aus, dass die Gemeinde das Jahr 2024 mit einem Fehlbetrag in Höhe von 5,5 Millionen Euro abschließen wird, hat sich dieses prognostizierte Ergebnis um weitere 2 Millionen Euro (auf minus 7,5 Millionen Euro) verschlechtert. Prozentual gesehen macht dies eine Verschlechterung von 35 Prozent aus. Grund ist in erster Linie, dass das Gewerbesteueraufkommen aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Unternehmen, auch auf Finnentroper Boden, deutlich geringer ausfällt als gedacht. Die Gemeinde hatte im Haushaltsplan 2024 mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von rund 13,5 Millionen Euro gerechnet – dieses Summe wird sie nach derzeitigem Stand um Längen verfehlen.
Weil auf der anderen Seite die Kreis- und die Jugendamtsumlage immer weiter ansteigen, in diesem Jahr auf rund 19,5 Millionen Euro für Finnentrop, geht die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen dramatisch weit auseinander. Mitnichten geht es nur der Finnentropern so, auch andere Kommunen im Kreis Olpe – und darüber hinaus – sorgen sich um ihre Finanzhoheit. In Drolshagen sah sich beispielsweise Bürgermeister Uli Berghof zu dem unpopulären Vorschlag gezwungen, das Stadtbad komplett schließen zu wollen, was die CDU-Mehrheitsfraktion dort jedoch – vorerst – verhindert hat. Immerhin: So weit wird es in Finnentrop nicht kommen, im Gegenteil: Die Gemeinde plant, in den nächsten Jahren kräftig in ihr „Finto“ zu investieren, um das beliebte Erlebnisbad zukunftssicher aufzustellen. Die geplanten Kosten dafür liegen bei rund 6,4 Millionen Euro (netto), einen Teil davon (knapp 1,8 Millionen Euro) will sich die Gemeinde fördern lassen.
Schöner Spielplatz mit hoher Eigenbeteiligung
Und dennoch: Kommt es so, wie Baußmann derzeit befürchtet, wird die Gemeinde nicht mehr umherkommen, freiwillige Leistungen zu kürzen, wichtige Investitionen in die eigene Infrastruktur zumindest auszusetzen, weitere Einsparpotenziale zu identifizieren und Steuern zu erhöhen. Konkrete Maßnahmen für das kommende Haushaltsjahr (und die Jahre danach) gibt es zwar noch nicht, doch wie sehr die Politik unter Entscheidungsdruck gerät, zeigte sich am Dienstagabend im Gemeinderat an einem konkreten Sachverhalt: Es ging um die geplante Verlagerung eines in die Jahre gekommenen Spielplatzes in der Bamenohler Tallage.
Mit einer satten Förderung möchte die Gemeinde unweit der Thyssenwiesen und direkt am Radweg gelegen einen neuen Themenspielplatz errichten, historisch angedockt an die einstige Kalkwerkindustrie im Ort und ausgestattet unter anderem mit einem Zugspiel, einem Steinbruch mit Kletterfelsen und einem Förderband. Ein 280.000 Euro teures Unterfangen, das die Gemeinde mit einer Landes-Förderung in Höhe von rund 180.000 Euro im kommenden Jahr angehen möchte. Allerdings auch nur dann, wenn die Fördergelder fließen. Dennoch verbliebe ein Eigenanteil von rund 100.000 Euro.
Ist diese Summe noch vertretbar vor dem Hintergrund einer sich drastisch verschlechternden Haushaltslage? Eine „hochgradig komplizierte“ Frage, weiß Christian Vollmert, Fraktionschef der Freien Wähler, der sich am Dienstagabend gezwungen sah, eine Sitzungsunterbrechung einzuberufen, um seinen Fraktions-Kollegen die Tragweite klarzumachen. Am Ende rang sich die Politik bei zwei Enthaltungen der Freien Wähler zwar einstimmig dazu durch, den neuen Spielplatz in Bamenohl zu realisieren – vorausgesetzt, die Fördergelder fließen – , doch leicht fiel diese Entscheidung nicht. Nach den eindringlichen Worten des Kämmerers ist auch Ralf Beckmann, stellvertretender Chef der CDU-Mehrheitsfraktion, eines klar: „Wir sollten uns in Zukunft mit Versprechungen an unsere Bürger zurückhalten.“
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Christian Vollmert sieht ein strukturelles Problem: Die Kommunen werden immer stärker über die Kreisumlage belastet, um unter anderem die Sozialkosten, die sich der Landschaftsverband wiederum vom Kreis finanzieren lässt, noch tragen zu können. Vollmert: „Am Ende hängen die Kommunen am untersten Tropf und müssen die Suppe auslöffeln.“ Fakt ist: Bewahrheiten sich die Prognosen von Kämmerer Josef Baußmann, könnte die Gemeinde erstmalig in ihrer Geschichte in die Haushaltssicherung abrutschen.