Attendorn. Die Volksbank Sauerland will in Attendorn-Petersburg ein Wohngebiet realisieren. Doch ob das klappt, hängt an dieser alles entscheidenden Frage.
Eigentlich sollten die Stadt Attendorn und die Volksbank Sauerland als künftige Vertragspartner vertrauensvoll und zielstrebig zusammenarbeiten. Immerhin übernimmt die Genossenschaftsbank im Attendorner Ortsteil Petersburg eine kommunale Pflichtaufgabe: Als Investor will sie dort ein großes Wohnbaugebiet mit zunächst rund 45 Grundstücksflächen ausweisen. Doch bis zum heutigen Tage haben es die beiden Seiten nicht geschafft, einen städtebaulichen Vertrag zu unterzeichnen, der die Eckpunkte der Zusammenarbeit regelt. Dabei wurde die Verwaltung auf Antrag der CDU-Fraktion bereits im Juni 2022, also vor fast zwei Jahren, damit beauftragt, eine solche Kooperationsvereinbarung vorzubereiten. Doch hinter den Kulissen brodelt es gewaltig.
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Nach diversen Gesprächen droht die Zusammenarbeit – und damit das gesamte Projekt – sogar komplett zu scheitern. Es geht nun um die eine, alles entscheidende Frage: Darf die Volksbank, die sich im städtebaulichen Vertragsentwurf auf einen durchschnittlichen Verkaufspreis von 165 Euro pro Quadratmeter eingelassen hat, alle zusätzlichen Kosten, die im weiteren Projektverlauf entstehen, auf diesen Verkaufspreis draufpacken? Oder legt die Politik ihr Veto ein und beschließt, dass Zusatz- und Folgekosten Investorenrisiko sind und nicht weitergeben werden dürfen, so wie es die Verwaltung in Form einer Kostendeckelung offenbar will?
Nicht mal die schwarze Null?
Auf Nachfrage dieser Redaktion macht die Volksbank deutlich, deren Kostenkalkulation aus dem Frühjahr 2022 (noch vor dem russischen Angriff auf die Ukraine) stammt und somit überholt ist, dass das Projekt ohne eine sog. Öffnungsklausel zur Nachkalkulation nicht mehr realisierbar sei. „Die von der Verwaltung verlangte Deckelung des Verkaufspreises führt dazu, dass die Volksbank das Vorhaben möglicherweise nicht mal mit einer schwarzen Null abschließen könnte. Eine solche Forderung ist für privatwirtschaftliche Unternehmen unannehmbar“, geht es laut Philipp Kalthoff, Bereichsleiter Voba Regio in der Volksbank, jetzt um die Alles-oder-Nichts-Frage.
Stadt und Volksbank sind sich zwar einig darüber, dass die Bank die allgemeinen Baukostensteigerungen der vergangenen Monate an den Grundstückskäufer weitergeben darf, ungeklärt ist jedoch, wie der Investor mit „planungsbedingten Mehrkosten“ (O-Ton Bürgermeister Christian Pospischil) umgehen darf. Dabei geht es im Kern um höherer Kosten, die einerseits durch inhaltliche Veränderungen im Erschließungskonzept entstehen könnten, andererseits durch besondere Gutachten (zum Beispiel für Schallschutz) oder mögliche archäologische Arbeiten.
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Kalthoff nennt ein Beispiel: Sollte die Stadt darauf pochen, dass die Straße breiter werden soll als die geplanten 6,50 Meter, „entstünden allein hierdurch Mehrkosten von rund einer halben Million Euro. Diese wären nach Vorstellung der Verwaltung Investorenrisiko, was uns in die roten Zahlen treiben würde“, so Kalthoff. Auf Nachfrage verwies er auch darauf, dass seine Bank kein Interesse an steigenden Verkaufspreisen habe, weil man die Wohnbauflächen zu möglichst fairen und günstigen Konditionen anbieten wolle, denn nur so schaffe man gemeinsam bezahlbaren Wohnraum in Petersburg. Sein Aber: „Wir müssen in der Lage sein, auf mögliche Mehrkosten zu reagieren, um das Vorhaben kostendeckend durchführen zu können.“
Die alles entscheidende Frage soll nun im Juni der Stadtrat beantworten. Im Gespräch mit dieser Redaktion weist der Bürgermeister bereits darauf hin, dass die Stadt in „ihrem“ Wohnbaugebiet Neu-Listernohl Nord, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Petersburg, die Grundstücke zum Bodenrichtwert (125 Euro/Quadratmeter) verkauft habe – trotz archäologischer Funde. „Es geht jetzt um die Frage, wie weit wir über den Bodenrichtwert noch gehen wollen und wann das Ganze zu teuer wird.“ Verwaltung und SPD hatten anfänglich sogar darauf bestanden, dass die Volksbank ihre Grundstücke für 137,50 Euro (Bodenrichtwert von 125 Euro plus 10 Prozent Aufschlag) verkaufen solle – das wäre für die Bank aber überhaupt nicht stemmbar gewesen. So einigte man sich auf die 165 Euro.
Sollte die Politik im Juni nun entscheiden, dass die Volksbank die (möglichen) planerischen Mehrkosten auf die 165 Euro draufpacken darf – und der städtebauliche Vertrag nach zwei Jahren unterschrieben wird – kann und will die Volksbank ihre Planungen vorantreiben. Diese sehen im Kern vor, dass zunächst in zwei Bauabschnitten auf einer Verkaufsfläche von rund 28.000 Quadratmetern Einfamilien-, Doppel,- und Mehrfamilienhäuser entstehen.
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Einen gewissen Anteil dieser Grundstücke will der Investor unter Herstellungskosten an einen bevorrechtigten Personenkreis (kostengünstiger Wohnraum) verkaufen, andere Grundstücke werden dafür teurer. Zudem plant die Volksbank mit einer Kita und einer grünen Aufenthaltsfläche mitten im neuen Wohngebiet. Die Zufahrt zum Baugebiet in Petersburg soll über die Schützenstraße in Neu-Listernohl erfolgen, auf Höhe der Mehrzweckhalle biegen die künftigen Eigentümer dann in das neue Baugebiet ein. Vorausgesetzt, Stadt und Investor kommen in der alles entscheidenden Frage zusammen.