Attendorn. Nach gut zweijähriger Bauzeit eröffnet das Gildehaus am Kleinen Markt in Attendorn. Wie der Verein das Dilemma um den Edestahl-Zaun gelöst hat.

Aus einem „Abrisskandidaten“, wie Sascha Koch den alten Turmspeicher am Kleinen Markt in Attendorn nennt, ist ein Ort der Begegnung geworden, der die Erinnerung an die jahrhundertealten Zünfte, Gilden und Bruderschaften in der traditionsreichen Hansestadt lebendig hält. „Das hier wird ein weiteres Alleinstellungsmerkmal für unsere historische Innenstadt“, fiebert Koch, Schatzmeister des 2019 gegründeten Trägervereins Gildehaus Attendorn, der nun bevorstehenden Eröffnung des alten Turmspeichers entgegen. Am Samstag, 13. April, ist es soweit: Nach mehr als zweijähriger Bauzeit wird Pastor Andreas Neuser den Haussegen spenden und das Gebäude wird seine Türen für Besucher öffnen. Bis dahin soll das Gerüst abgebaut sein. Vergessen ist dann auch die zuletzt aufreibende Diskussion um einen modernen Edelstahl-Zaun direkt vor dem denkmalgeschützten Turm.

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Fahnen, Zunftstäbe, Urkunden und weitere besondere Stücke in Verbindung mit der Hanse werden in dem dreistöckigen Turm, der beide Weltkriege überstand und einen Brand in einem Nachbargebäude in den 1990er-Jahren überlebte, einen Platz finden. Im Übrigen nicht als Konkurrenz zum Südsauerlandmuseum, das nur ein Steinwurf entfernt liegt und in dem über die Geschichte der Zünfte, Gilden und Bruderschaften informiert wird. Im Gildehaus werden vor allem Gegenstände zu sehen sein, die noch heute von den aktiven Bruderschaften St. Nicolai und St. Sebastian, von der Schmiedezunft St. Agatha und der Bauzunft St. Josef genutzt werden. „Die Mitglieder unserer Zünfte wissen häufig gar nicht, was sie und die anderen besitzen“, weiß Schriftführer Claus Ortmann, dass viele Gegenstände lange Zeit in privaten Haushalten unter Verschluss blieben. Sie werden nun öffentlich.

Zum Verein

Der Verein, der aktuell rund 75 Mitglieder hat, plant während des Frühlingsmarktes im April (drittes April-Wochenende) einen Tag der offenen Tür. Die offizielle Gildehaus-Eröffnung eine Woche zuvor wird im kleinen Kreis gefeiert. Der alte Turm war im Übrigen im Dezember vergangenen Jahres LWL-Denkmal des Monats.

Das Gildehaus soll nun ein Ort der Vernetzung für die Brauchtumsliebhaber werden, es soll aber auch jungen Attendornern ein Gefühl für die historische Hanse vermitteln. „Wir wollen die Jugend für uns gewinnen, die nächsten Generationen an die alte Hanse heranführen“, skizziert der Vorsitzende Markus Harnischmacher ein Hauptziel des Vereins. Führungen für Schulklassen seien genauso denkbar wie die Integration des Gildehauses in die bekannten Stadtführungen durch Attendorn. Zur Wahrheit gehört auch: Ohne eine satte Landesförderung in Höhe von 520.000 Euro (Programm „Heimatzeugnis“) wäre das knapp 600.000 Euro schwere Umbauprojekt nicht möglich gewesen. Einen großen Dank sprechen die Vereins-Funktionäre auch all den Unternehmern, Handwerkern und Freiberuflern aus, die durch weitere Spenden und Eigenleistung am Umbau des Gildehauses beteiligt waren.

Bei der Arbeit an der Fassade des Gildehauses: Markus Frey (vorne) und Claus Ortmann (dahinter).
Bei der Arbeit an der Fassade des Gildehauses: Markus Frey (vorne) und Claus Ortmann (dahinter). © privat | Privat

Ohne das Einvernehmen der umliegenden Nachbarn hätte der Verein die schon 2010 geborenen Idee, dem alten Turmspeicher neues Leben einzuhauchen, nicht umsetzen können. „Wir brauchten Wegerechte und die Geduld der Anwohner“, weiß Vorsitzender Markus Harnischmacher, „am Ende hat zum Glück alles funktioniert.“ Erfolgreich verliefen zuletzt die Gespräche mit der Stadt und einem Nachbarn, der einen modernen Edelstahl-Zaun auf seinem Grundstück vor dem altehrwürdigen Gebäude errichten ließ – ein krasser Kontrast zu dem Denkmal, der den Verein unglücklich machte. Gemeinsam habe man einen Kompromiss gefunden, der im Wesentlichen eine Auflockerung des Edelstahl-Zauns vorsieht. Und zwar in der Form, dass einige Glaselemente durch Blumenkübel ersetzt werden.

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Grundsätzlich schreibt die Gestaltungssatzung für die Innenstadt vor, dass Einfriedungen in regionaltypischen Materialien oder Gehölzen erfolgen müssen, also beispielsweise durch Natursteinmauern oder Holzzäunen, erklärt Carolin Glasbrenner aus dem Amt für Planung und Bauordnung. Die Gemengelage rund um das neue Gildehaus war jedoch komplex. Zum einen liegt der denkmalgeschützte Turm etwas zurückversetzt und nicht direkt an der Straße, zum anderen müssen private Grundstücke überquert werden, um zum Gildehaus zu gelangen.

Auf diesem Foto ist zu erkennen, dass der Edelstahl-Zaun vor dem Gildehaus (im Hintergrund) aufgelockert wird durch Blumenkübel.
Auf diesem Foto ist zu erkennen, dass der Edelstahl-Zaun vor dem Gildehaus (im Hintergrund) aufgelockert wird durch Blumenkübel. © WP | Flemming Krause

Die Interessen der Nachbarn (Schutz der Privatheit) müssten laut Glasbrenner genauso Beachtung finden wie die Tatsache, dass von der Straße aus Fassade und Tür des Denkmals (Stichwort Sichtbeziehung) wahrgenommen werden können. Die Belange von Privatrecht, öffentlichem Recht und Denkmalrecht seien berücksichtigt worden, sodass der Gildehaus-Eröffnung keine Steine mehr im Weg liegen. Mitte April ist es nun soweit. Das Gildehaus öffnet seine Türen.