Drolshagen. Bürgermeister Berghof wirbt für Verständnis für radikalen Plan. Schulen und Vereine betonen, warum das Hallenbad so wichtig für sie ist.

Der Musiksaal des Alten Klosters in Drolshagen hat schon viel erlebt. Hier tagt üblicherweise der Rat der kleinsten Stadt des Kreises, und hier wurde schon mancher Konflikt ausgefochten. Am Montagabend saßen mehrere Parteien am Tisch, die vollkommen gegensätzliche Interessen haben. Und dennoch blieb die Atmosphäre ruhig und sachlich, keinerlei Vorwürfe wurden laut, beide Seiten gingen friedlich auseinander – eine Situation, die in der Kommunalpolitik kaum vorstellbar ist.

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Dabei barg das Thema des Abends jede Menge Brisanz, denn es ging um das Stadtbad. Eingeladen hatte die Gräfin-Sayn-Grundschule und sowohl die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) als auch den Turn- und Sportverein (TuS) Drolshagen mit an den Tisch gebeten. Auf der anderen Seite: Bürgermeister Uli Berghof (CDU) und Kämmerer Rainer Lange, die bei der kürzlich erfolgten Einbringung des Haushalts vorgeschlagen haben, eine drohende Finanzkrise der Stadt dadurch abzuwenden, dass das Stadtbad recht kurzfristig geschlossen werden soll (wir berichteten aktuell). Dagegen hat sich in der Stadt Protest breitgemacht - einmal durch eine inzwischen schon über 5000-mal unterzeichnete Online-Petition, andererseits durch eine pfiffige, vielbeachtete Aktion, in der der Marktplatzbrunnen und die Rathaustreppe mit Badeenten und Schwimmflügeln dekoriert wurden. Die Grundschule mit ihren drei Standorten Drolshagen, Hützemert und Schreibershof hatte zur Diskussion geladen, um den Verantwortlichen in aller Sachlichkeit darzustellen, wie wichtig das Stadtbad für alle drei Institutionen ist.

Besser als jedes Lehrschwimmbecken

Die Moderation übernahm Cornelia Clemens, Schulpflegschaftsvorsitzende der Grundschule. Sie äußerte großes Verständnis für den Plan der Stadtspitze, und sie könne auch verstehen, dass eine solche Entscheidung „mit Sicherheit nicht die leichteste ist“, andererseits müsse auch der Bürgermeister wissen: „Wir hängen an unserem Stadtbad.“ Ziel des Abends sei nicht, eine grundlegende Diskussion zu führen, sondern Bürgermeister und Kämmerer mit auf den Weg zu geben, „wozu wir das Bad nutzen und warum wir so dran hängen“.

Aus Sicht der Schule informierten Schulleiterin Petra Schmidt und die für den Schwimmunterricht zuständige Lehrerin Helen Wurm. Die Grundschule nutze jeweils ein Halbjahr des zweiten und des vierten Schuljahrs für den Schwimmunterricht: im zweiten Schuljahr, um Nichtschwimmer zu Schwimmern zu machen und im vierten, um die Schülerinnen und Schüler zu sicheren Schwimmern fortzubilden. Helen Wurm betonte, das Drolshagener Bad sei dafür ideal, weil es, anders als ein reines Lehrschwimmbecken, die Kinder durch entsprechende Wassertiefe davon abbringe, den Stand auf dem Beckenboden zu versuchen und damit Fehlhaltungen vorzubeugen. Bei den derzeitigen zweiten Schuljahren seien neun Kinder dabei, die überhaupt nicht schwimmen könnten und in der Schule die allerersten Grundlagen erlernten.

Gerade jetzt, heute Abend, laufen da oben zwei Kurse.
Jessica Stork - TuS Drolshagen

Michaela David von der DLRG und Jessica Stork vom TuS führten aus, dass sie volle Kurse hätten, sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen. Beim DLRG komme hinzu, dass die unter anderem am Bigge- oder am Listersee als Badeaufsichten eingesetzten DLRG-Helfer ebenso wie die Mitglieder, die bei Notfällen auf die Gewässer hinausfahren, alle zwei Jahre mindestens das Silber-Abzeichen wiederholen müssen, also auf regelmäßige Kurse im Schwimmbad angewiesen sind. Allein bei der DLRG sei die Warteliste für freie Plätze in Schwimmkursen 70 Namen lang. Der TuS hat 200 Mitglieder in der Schwimmabteilung, „gerade jetzt, heute Abend, laufen da oben zwei Kurse“, so Jessica Stork.

In einer Stadt wie Drolshagen sei es buchstäblich lebenswichtig, schwimmen zu können. Schulleiterin Schmidt hatte sich in Olpe umgehört: Dort gebe es derzeit noch eine kleine Lücke, um Drolshagener Schüler aufzufangen, auch sei die Busfahrzeit von 15 Minuten tolerierbar, um genügend echte Schwimmzeit zu haben. Die Lösung mit einem Schwimmcontainer des Landes komme wohl nicht in Frage, „das eignet sich vielleicht zur Wassergewöhnung, aber nicht zum wirklichen Schwimmen“, so Petra Schmidt. Müsste der Schwimmunterricht ausfallen, wäre die Drolshagener Grundschule die einzige im Kreis ohne Schwimmangebot.

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Bürgermeister Berghof und Kämmerer Lange warben um Verständnis für ihren Vorschlag der Schwimmbadschließung. „Die Finanzen sind das schlagende Thema.“ Berghof legte Zahlen aus dem Haushalt vor und betonte, die steigende Kreisumlage mache die Schließung alternativlos, weil sie der Stadt jeglichen finanziellen Spielraum raube. „Ich sehe keine andere Möglichkeit“, so Berghof. Kämmerer Lange blickte kurz auf die Geschichte des 1975 eröffneten Bades zurück, das 30.000 Besucher im Jahr zählt und die Stadt schon jetzt 330.000 Euro Zuschuss, Tendenz stark steigend, kostet. Derzeit sei das Blockheizkraftwerk außer Funktion, das Bad werde komplett mit einer Gastherme beheizt, und auch das kaputte Dach sei möglicherweise ein Loch ohne Boden.

Die von Gutachtern angeführten Kosten von 10 Millionen Euro für Komplettsanierung oder Ersatz-Neubau seien ja nicht aus der Luft gegriffen. Weiterhin stehe die Stadt vor immensen anderen Bergen von Kosten, etwa für Feuerwehrhäuser und Schulen. „Das sind schon Summen, die uns an den Rand der Leistungsfähigkeit bringen“, so Berghof. „Wir wissen uns nicht anders zu helfen.“ Ausdrückliches Lob hatte Berghof für die Art der Proteste: „Wir haben hier in Drolshagen keine Wut-, sondern Mutbürger, die nicht auf Facebook herumlärmen, sondern kreativ Lösungen suchen. Darauf bin ich stolz.“ Vertreter von UDW, CDU und UCW äußerten sich kurz, aber ebenso sachlich und betonten, die entscheidende Debatte werde am 21. März im Rat geführt. Andreas Wintersohl von der UDW schlug einen Funken Hoffnung: „Wir von der UDW sehen noch nicht das Licht am 31. Dezember ausgehen.“ Abschließend sammelte Cornelia Clemens schriftliche Vorschläge zum Erhalt des Bades, die gesammelt und der Stadtspitze zugesandt werden sollen.