Heggen. Im März ziehen wieder Flüchtlinge in die alte Jugendherberge Heggen ein. Der Betreuungsdienstleister ist vor Jahren in die Schlagzeilen geraten.
Die Vorbereitungen sind soweit abgeschlossen, die letzten Arbeiten im und am Gebäude ebenso: In wenigen Tagen, planmäßig Mitte März, werden wieder Flüchtlinge in die ehemalige Jugendherberge in Heggen einziehen. Bis März 2026 wird die Bezirksregierung aus Arnsberg die Liegenschaft an der Ahauser Straße als Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes NRW nutzen, um geflohene Familien unterzubringen. Die alte Jugendherberge, mittlerweile umzäunt, hat Platz für rund 200 Personen. Eine solche Einrichtung betreibt das Land bereits mit ihrem „Regenbogenland“ in Olpe, hier ist etwa doppelt so viel Platz. Die Gemeinde Finnentrop als Eigentümerin hatte sich mit der Bezirksregierung auf einen Mietvertrag für zweieinviertel Jahre geeinigt.
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Mittlerweile hat die Bezirksregierung die notwendigen Dienstleistungen für Betreuung, Verpflegung und Sicherheit vergeben – und dabei ein Unternehmen beauftragt, das in Heggen bereits in den Jahren 2015/16 für die Betreuung von Flüchtlingen zuständig war und das seinerzeit durch einen Skandal in die Öffentlichkeit kam: European Homecare (EHC). Das Unternehmen aus Essen, das landesweit in Flüchtlingsunterbringungseinrichtungen beschäftigt ist, war in den sogenannten „Folter-Skandal“ von Burbach verwickelt.
Im Jahr 2014 kam es in einem Flüchtlingsheim in der Gemeinde im Siegerland zu Misshandlungen von Bewohnern, die in einem „Problemzimmer“ eingesperrt und gequält wurden. Dutzende Mitarbeiter standen seit 2018 vor Gericht, es gab eine Reihe von Freisprüchen, überwiegend Geldstrafen und eine 15-monatige Freiheitsstrafe, die gegen den Heimleiter verhängt und zur Bewährung ausgesetzt wurde. Hier war European Homecare als Betreuungsdienstleister zuständig. Für die Bezirksregierung aus Arnsberg allerdings kein Grund, mit dem privaten Anbieter nicht mehr zusammenzuarbeiten.
Unangekündigte Kontrollen
„Die seinerzeitigen Vorfälle wurden umfassend aufgeklärt und gerichtlich abgeschlossen. Entsprechende Konsequenzen unter anderem aus den damaligen Vorfällen in Burbach wurden gezogen und teilweise Verfahren, zum Beispiel zum Einsatz von Personal der beauftragten Dienstleister, neu implementiert bzw. angepasst“, betont Christoph Söbbeler, Pressesprecher der Arnsberger Behörde, auf Anfrage und ergänzt: „Unter anderem wird das in einer Flüchtlingsunterbringungseinrichtung seitens der Dienstleister eingeplante Personal vor einem Einsatz überprüft und bei vorliegenden Erkenntnissen, welche gegen einen Einsatz in einer Unterbringungseinrichtung sprechen, der Einsatz abgelehnt. Die Einhaltung der geforderten Standards und der rechtlichen Vorgaben wird darüber hinaus im Rahmen von regelmäßigen unangekündigten Kontrollen überprüft.“
In die Schlagzeilen geriet das Unternehmen auch durch einen Gerichtsprozess, dessen Ursprung direkt in der Jugendherberge Heggen lag, die schon während der ersten großen Flüchtlingswelle zur Notunterkunft wurde. Ein ehemaliger Leiter musste sich damals wegen einer angeblichen Vergewaltigung einer jungen Frau aus Syrien verantworten. Der Mann saß ein halbes Jahr in Untersuchungshaft, ehe er aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde. Der Mann wies allerdings ein beachtliches Vorstrafenregister vor, unter anderem war er wegen Urkundenfälschen, Drogen und Missbrauchs mit dem Gesetz in Konflikt geraten.
Auf unsere Presseanfrage bei European Homecare, welche konkreten Maßnahmen das Unternehmen seit den Vorfällen ergriffen habe, um solche Übergriffe des eigenen Personals auf Schutzbedürftige in Zukunft zu verhindern, haben wir bislang keine Antwort erhalten. Auf ihrer eigenen Internetseite schreibt das Unternehmen jedoch, dass man sich als „mittelständiger Sozialdienstleister durch eine besonders sorgfältige Auswahl seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ auszeichne und in der Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen Menschen beschäftige, „die für diese Aufgabe in besonderer Weise geeignet sind“.
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European Homecare bekam im Übrigen den Vorzug vor dem DRK-Landesverband Westfalen-Lippe, der für die Betreuung der Flüchtlinge in der ZUE in Olpe zuständig ist und der Interesse an der Betreuung in Heggen signalisiert hatte. Zuletzt war das Deutsche Rote Kreuz, allerdings der Kreisverband Olpe, zuständig für die ukrainischen Flüchtlinge, die 2022 und 2023 in der vom Kreis Olpe als interkommunal genutzten Notunterkunft in Heggen lebten. Als Verpflegungsdienstleister hat die Bezirksregierung die MMT Healtcare GbR beauftragt, für die Sicherheit der Bewohner wird die Agsus Security GmbH sorgen. Der Dienstleister mit Sitz in Berlin hat Niederlassungen unter anderem in Bergisch Gladbach, Köln und Gummersbach.