Attendorn. Attendorn will im Sommer 2024 mit dem Bau einer Obdachlosenunterkunft am Rande der Innenstadt beginnen. Schon jetzt droht Ärger.

Die Stadt Attendorn hat den Bauantrag für ihr neues Obdachlosenheim am Rande der Innenstadt noch gar nicht gestellt, da droht ihr bereits ein Rechtsstreit. Wolfgang Simon, der in der Straße „Auf der Feldkirmes“ direkt neben dem Grundstück wohnt, auf dem die Unterkunft geplant ist, werde laut eigener Aussage „mit Sicherheit einen Anwalt einschalten“, sobald die Baugenehmigung des Kreises Olpe vorliegt. „Ich hoffe immer noch, dass die Stadt sich den Bau überlegt. Daran glauben tue ich aber nicht mehr“, betont Simon, der in dem Sechs-Parteien-Haus auch Verwalter der Eigentümergemeinschaft ist. Er sei mitnichten der einzige Anlieger, der mit großer Sorge die Planungen der Stadt verfolge.

Auf diesem Parkplatz am Rande der Attendorner Innenstadt wird das neue Obdachlosenheim gebaut. 
Auf diesem Parkplatz am Rande der Attendorner Innenstadt wird das neue Obdachlosenheim gebaut.  © Olpe | Flemming Krause

Simon weist in einem Schreiben an den Bürgermeister, das unserer Redaktion vorliegt, auf die negativen Auswirkungen für die betroffenen Anlieger hin. So sorgt er sich nicht nur um einen Wertverlust der Eigentumswohnungen, sondern äußert auch Bedenken, dass der Bau bei älteren Anwohnern Ängste schüren könnte. Zudem könne er die Installation einer geplanten Photovoltaik-Anlage vor seinem Balkon vergessen. Darüber hinaus sei der Verlust von rund 20 Parkmöglichkeiten schmerzhaft – das überplante Grundstück wird bislang als Parkplatz genutzt. Weil er jedoch wisse, dass er den Bau nicht verhindern könne, fordert Simon die Stadt auf, zumindest vom dreigeschössigen Baukörper Abstand zu nehmen. Doch das wird sie nicht.

Einteilung in Wohngruppen

Denn die städtischen Pläne sehen ein Gebäude aus Ziegelsteinen (Massivbauweise) vor, das über ein Erdgeschoss und zwei Obergeschosse verfügt. Beheizt werden soll die Immobilie, die auf der anderen Seite an die Polizeiwache grenzt, über eine PV-Anlage und Wärmepumpen. Im Erdgeschoss entstehen neben einem Gruppenraum mit Küche und einem Dienstleistungszimmer, beispielsweise für Beratungen oder Arztbesuche, zwei barrierefreie Zimmer sowie ein rollstuhlgerechtes Badezimmer. Das ist Ordnungsamtsleiterin Danica Struck wichtig, in deren Zuständigkeitsbereich die Obdachlosenunterbringung fällt, denn: „Derzeit haben wir in unseren Unterkünften keine Möglichkeit, gerade ältere obdachlose Personen barrierearm unterzubringen.“

Derzeit haben wir in unseren Unterkünften keine Möglichkeit, gerade ältere obdachlose Personen barrierearm unterzubringen.
Danica Struck, Ordnungsamtsleiterin in Attendorn

In den beiden Obergeschossen entstehen pro Etage je acht Zimmer, die jweils etwa zwölf Quadratmeter groß sind. Insgesamt wird es also mit den beiden Zimmern im Erdgeschoss 18 einzelne Schlafräume geben. In den oberen Etagen sind zudem jeweils zwei Gemeinschaftsräume und zwei Sanitärräume vorgesehen.

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Wichtig: Pro Etage werden zwei Wohngruppen gebildet, die jeweils Zugriff auf ein Badezimmer und einen Gemeinschaftsraum haben. In der Mitte wird eine Tür installiert, so bleiben die Wohngruppen unter sich. „Diese Kleinteiligkeit ist uns wichtig, weil wir unterschiedliche Klientelen unterbringen müssen“, erklärt Struck. Vor dem Gebäude, das mit einem hellen sowie anthrazitfarbenen Putz versehen wird, entstehen eine Terrasse, Fahrradstellplätze und zwei Autostellplätze für Bedienstete. Die Stadt möchte auf Minijob-Basis noch eine Person einstellen, „die das Klientel kennt und eine soziale Ader hat“, erklärt Struck. Es wird folglich jemand gesucht, der die Obdachlosen unterstützt und darauf achtet, dass alles ruhig bleibt. Zudem werden Mitarbeiter des Ordnungsamtes verstärkt ein Auge auf das Heim werfen. Einen externen Sicherheitsdienst soll es nicht geben.

Baustart im Sommer 2024?

Dass man überhaupt ein neues Gebäude für Obdachlose bauen will, hängt laut Gebäudemanager Ludger Gabriel grundsätzlich an der Tatsache, dass die Zahl der Obdachlosen tendenziell ansteige und schon jetzt die vorhandenen Kapazitäten nicht ausreichen. Der Stadt stehen aktuell drei eigene Immobilien zur Verfügung. Ganz konkret sei der Neubau schon deshalb unausweichlich, weil eine dieser drei Immobilien – an der Ihnestraße/Landstraße 539 – perspektivisch weichen muss. Dort plant die Stadt den Bau eines neuen Feuerwehrhauses.

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Trotz des Hackerangriffs auf den kommunalen IT-Dienstleister Südwestfalen-IT, der auch die Arbeit im Attendorner Rathaus massiv einschränkt, wolle man noch vor Weihnachten den Bauantrag beim Kreis Olpe einreichen. Ziel sei es dann, bis März/April die Genehmigung zu erhalten, um anschließend die Gewerke auszuschreiben. So könnte im Sommer der Bau starten und nach schätzungsweise einem Jahr abgeschlossen werden. Im Haushalt 2024 sind für diese Maßnahme 1,8 Millionen Euro veranschlagt. Insgesamt leben derzeit rund 20 bis 25 obdachlose Menschen in der Hansestadt. Für 18 von ihnen will die Stadt in absehbarer Zukunft am Rande der Innenstadt eine neue „Bleibe“ schaffen – trotz der Bedenken und Androhungen von Anwohner Wolfgang Simon.