Attendorn. Anwohner und Politik streiten über die geplante Obdachlosenunterkunft im Zentrum von Attendorn. Am Ende gibt es ein eindeutiges Ergebnis.

Es war das erste Mal, dass das 1,7 Millionen Euro teure Bauprojekt auf der Tagesordnung stand. Zumindest im öffentlichen Sitzungsteil. Und auch, wenn sich bereits im Vorfeld Kritik angekündigt hatte: Die geplante Obdachlosenunterkunft „auf der Feldkirmes“ soll kommen. Die Mitglieder im Bauausschuss Attendorn haben das Projekt am Dienstagabend einstimmig beschlossen. Am 9. November muss nur noch die Stadtverordnetenversammlung zustimmen.

Anwohner berichtet von Ängsten

Die Obdachlosenunterkunft soll ein dreigeschossiges Gebäude mit Platz für bis zu 18 Personen sein und auf dem Parkplatz direkt neben der Polizeiwache entstehen. Wolfgang Simon, Anwohner in dem Mehrfamilienhaus „Auf der Feldkirmes 21“ und Eigentumsverwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft, hatte bereits im Gespräch mit unserer Redaktion deutlich gemacht, dass sich die umliegenden Wohnparteien von dem Plan überrumpelt fühlen. Auch im Bauausschuss meldete sich Wolfgang Simon im Rahmen der Einwohnerfragestunde zu Wort: „Wir waren absolut verdutzt, als wir von den Plänen erfahren haben. Unsere Eigentumswohnungen erfahren dadurch einen gravierenden Werteverlust. Die Anwohner haben Angst, auch, weil sie nicht wissen, welches Klientel dort unterkommen wird.“ Wolfgang Simon hatte damit zwar keine Frage an die Stadtverwaltung gestellt, dennoch gab es für seine klaren Worte vereinzelt Applaus von den gut 30 Bürgern, die der Sitzung beiwohnten.

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In seiner Rolle als Ausschussvorsitzender mahnte Uli Bock (SPD) den sozialen Aspekt an: „Hier geht es um Menschen, die Hilfe brauchen. Wir haben eine Mitverantwortung als Stadt.“ Auch Bürgermeister Christian Pospischil erinnerte daran, dass die Unterbringung von Obdachlosen eine Pflichtaufgabe der Kommunen sei. Und dabei gebe es auch verschiedene Klientelen, die man nicht über einen Kamm scheren könne. Gerade im Hinblick auf die hohe Inflation könnten einige Menschen ihre Wohnung verlieren. Darauf wolle die Stadt vorbereitet sein.

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Insgesamt standen sechs städtische Grundstücke im Stadtgebiet zur Verfügung. Warum die Wahl nicht auf ein anderes, eventuell dezentraleres Grundstück gefallen war, wollte Wolfgang Simon wissen. Tatsächlich habe sich das Grundstück „Auf der Feldkirmes“ als das am passendste erwiesen, erläuterte Pospischil. Zumal die zentrale Lage keinesfalls zufällig gewählt wurde. „Es ist politischer Wille, eine integrative Unterkunft in der Innenstadt zu schaffen, damit Institutionen auch fußläufig erreicht werden können.“ Für die rund 20 Parkplätze, die zurzeit überwiegend von Angestellten der Martinus-Schule benutzt werden und durch den Neubau wegfallen würden, sollen entsprechende Alternativen geschaffen werden.

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Abgesehen von dem Wertverlust seiner eigenen Immobilie äußerte Wolfgang Simon allerdings auch die Befürchtung, dass die gesamte Kölner Poorte durch die Obdachlosenunterkunft abgewertet werden könne. Die Stadtverwaltung hielt dagegen – und das durchaus emotional: „Sie stellen es so dar, als ob diese Menschen der Abschaum der Gesellschaft wären“, wetterte Uli Bock. Bürgermeister Pospischil versuchte zu beschwichtigen: „Bei den zuvor eingerichteten Unterkünften waren die Auswirkungen auf das Umfeld sehr niedrig bis kaum messbar.“

Wenn auch die Stadtverordnetenversammlung dem Bauprojekt zustimmen wird, was eher einer Formsache gleichkommt, könnte mit dem Bau der Notunterkunft schon in der zweiten Jahreshälfte 2023 begonnen werden.