Attendorn. Die Anwohner „Auf der Feldkirmes“ in Attendorn fühlen sich von den Plänen zur Notunterkunft überrumpelt. Die Stadt weist jede Schuld von sich.

Wenn Monika und Wolfgang Simon auf ihrem Balkon stehen, schauen sie in ihren Garten. Wasser plätschert in den kleinen Teich hinein, Koi Karpfen schwimmen darin herum. Der Garten ist ihre kleine Oase, die von einer gerade geschnittenen Hecke eingezäunt wird. Sie grenzt das Grundstück von dem Parkplatz ab, auf dem täglich etwa 20 Autos Platz finden. Noch. Denn geht es nach den Plänen der Stadt Attendorn könnte hier schon im nächsten Jahr der Bau einer Obdachlosenunterkunft starten. Ein dreigeschossiger Massivbau, der nicht mal 5 Meter entfernt von der Hecke der Simons entstehen soll. Das Problem: Niemand hat ihnen das vorher mitgeteilt. „Wir sind stinksauer“, meint Wolfgang Simon.

Sechs städtische Grundstücke standen zur Auswahl

Bis zu 18 Personen sollen in der geplanten Obdachlosenunterkunft „Auf der Feldkirmes“ in Attendorn unterkommen. Hintergrund ist, dass die Stadt für die Zukunft n einen höheren Bedarf an Notunterkünften sieht. Zumal die Notunterkunft in der Ihnestraße in Papiermühle in den kommenden Jahren nicht mehr zur Verfügung stehen wird, wenn dort der neue Feuerwehrstandort des Löschzugs Ihnetal entsteht.

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Laut Ludger Gabriel, Gebäudemanager der Stadt Attendorn, standen der Stadt insgesamt sechs Grundstücke zur Verfügung, auf denen die Obdachlosenunterkunft hätte errichtet werden können. Alle Optionen seien im nicht-öffentlichen Teil der Ausschüsse beleuchtet worden; dementsprechend möchte Gabriel auch keine konkreten Grundstücke benennen. Die Wahl sei letztendlich auf das Grundstück „Auf der Feldkirmes“ gefallen, weil der Standort im Rahmen der Abwägungen überzeugen konnte. „Die Obdachlosen sind so nah an den öffentlichen Einrichtungen untergebracht“, erklärt Gabriel.

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„Das ist ein faules Argument“, wettert Wolfgang Simon dagegen. Mit der Bahn komme man beispielsweise problemlos und in kürzester Zeit von Listerscheid nach Attendorn. Am meisten ärgert ihn jedoch, dass die Stadt bis heute nicht auf die Anwohner rund um das Grundstück zugegangen sei, um sie über das 1,7 Millionen Euro teure Bauprojekt zu informieren – oder überhaupt mal deren Meinung dazu einzuholen. „Das ist für mich unerklärlich“, sagt Simon.

Protestbrief an alle Ratsfraktionen der Stadt Attendorn verschickt

Aktuell sei man dabei, das Bauprojekt zu entwickeln, betont Gabriel. Erst danach werde eine Baugenehmigungsplanung erstellt, aus der hervorgehe, was genau auf dem Grundstück zu errichten sei. „Dann sollten wir gehalten sein, unsere Nachbarn zu beteiligen“, meint Gabriel. Die Nachbarn im Vorfeld mit einzubeziehen, was die möglichen Entwicklungen auf dem städtischen unbebauten Grundstück angeht, sei unüblich. „Das haben wir bisher noch nie getan und werden das auch nie tun.“ Manche Entwicklungen stoßen auf Zustimmung, andere nicht. „Das liegt in der Natur der Sache“, erklärt Gabriel.

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Wolfgang Simon hat in seiner Funktion als Eigentumsverwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) „Auf der Feldkirmes“ bereits einen Beschwerdebrief an alle Fraktionen der Stadt Attendorn geschickt. Darin beschreibt er, dass vor allem bei älteren Bewohner – unter anderem bei seiner 92-jährigen Nachbarin – Ängste im Hinblick auf die eigene Sicherheit aufkommen. Dazu gehe mit dem Neubau des dreigeschossigen Gebäudes auch eine Wertminderung der eigenen Immobilie einher. Und: Es würden rund 20 Parkplätze wegfallen, die im Attendorner Zentrum ohnehin sehr begehrt sind.

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Ähnlich argumentiert auch Christof Kaufmann, der zur Miete in dem Haus „Auf der Tränke 14“ wohnt – und von seinem Balkon aus direkt auf den geplanten Gebäudekomplex schauen würde. Kaufmann hat einen Informationszettel mit Auszügen aus der Sitzungsvorlage zum bevorstehenden Bauausschuss am Montag verfasst und diese an alle Anwohner verteilt. Darin heißt es: „In der öffentlich einsehbaren Agenda der Sitzung wurde das (der Neubau der Obdachlosenunterkunft, Anm. d. Red.) geschickterweise lediglich als ‘Unterbringungs- und Standortkonzept aufgeführt.“ Und weiter: „Falls sie als betroffene Anwohner sich gegen dieses Bauvorhaben wehren wollen, nehmen Sie zahlreich an der Sitzung teil.“

Wolfgang Simon hat bereits angekündigt, dass er zu der Sitzung am Montag kommen werde. Und dass obwohl es sein 48. Hochzeitstag ist.