Olpe. Stadt und Heimatverein präsentieren die 30. Ausgabe des beliebten Werks. Der Streit um die Archivarsstelle zeigt erste Folgen.
Es war Wehmut zu spüren hoch unter dem Dach des Alten Lyzeums, dort, wo noch wenige Monate Stadtarchivar Josef Wermert im „schönsten Büro der Stadtverwaltung“, so Bürgermeister Peter Weber, seine Arbeit verrichtet. Denn beim alljährlichen Termin gegen Jahresende, bei dem Stadt und Heimatverein ihr gemeinsam verantwortetes Jahrbuch präsentieren, hieß es schon jetzt Abschied nehmen, denn Wermert, der Ende Mai 2024 in den Ruhestand tritt, hat letztmals die Schriftleitung für das Werk innegehabt.
Wermert hatte auf dem Tisch eine Reihe der Jahresbände aufgestellt, die eindrucksvoll verdeutlichte, wie sich der Band von einer schlichten schwarz-weißen Broschüre zu einem farbigen, hochwertigen Buch gewandelt hat. Der in diesem Jahr vorgelegte Band 31 ist das 30. Exemplar, erschien doch im Jahr 2011 wegen des damaligen Stadtjubiläums und den drei in diesem Zusammenhang veröffentlichten Büchern kein gesondertes Jahrbuch, sondern im Folgejahr ein Doppelband. Wermerts „Abschiedsgeschenk“ ist rekordverdächtig, denn 612 Seiten hat noch keines der bisherigen Jahrbücher gezählt.
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Dass Bürgermeister Weber zur Präsentation gekommen war, darf als Friedensangebot verstanden werden, war es doch im Zuge von Wermerts anstehendem Ruhestand und der von der Stadt avisierten Folgelösung zu einer Eskalation gekommen, die auch den Heimatverein bewegt hat: Wie berichtet, hatte die Stadt geplant, die Archivarsstelle nicht erneut zu besetzen, sondern dessen Arbeit vom neu eingestellten Leiter des im Aufbau befindlichen Stadtmuseums miterledigen zu lassen. Weber nutzte die Gelegenheit, um Wermert ausdrücklich für seinen Einsatz und die geleistete Arbeit zu danken. Auch sagte Weber konkret zu, dass die Stadt auch weiterhin den Heimatverein in Sachen Jahrbuch unterstützen werde – entweder, indem auch Wermerts Nachfolgerin oder Nachfolger mitarbeitet oder durch die Zahlung eines finanziellen Zuschusses. Dies sei zu klären, wenn die Nachfolge geklärt sei, was aber durch den Cyber-Angriff auf die Südwestfalen-IT möglicherweise verzögert werde. Wermert nutzte die Gelegenheit, um Kritik zu üben: Bei einer solchen Stelle wie dem Stadtarchiv, wo de facto nur eine Person arbeite, sei es sehr sinnvoll, die Nachfolge überlagernd einzuarbeiten, denn „sonst geht Wissen verloren“, so der scheidende Stadtarchivar.
Stellenbesetzung abwarten
Dass Wermerts Weggang und die Differenzen hinsichtlich der Stellenbesetzung einen Bruch für den Heimatverein bedeuten, machte der Vorsitzende des Heimatvereins, Axel Stracke, deutlich: So sei jetzt schon sicher, dass es kein Jahrbuch 2024 geben werde. „Wir sind optimistisch, für 2025 wieder eines vorlegen zu können“, so Stracke, nach Möglichkeit als Doppelband für beide Jahre, doch müsse eben die Stellenbesetzung abgewartet werden, um die künftige Zusammenarbeit Heimatverein/Stadtarchiv abstimmen zu können.
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Insgesamt 10.690 Seiten wurden unter Josef Wermerts Schriftleitung in den vergangenen 32 Jahren in den Jahrbüchern zusammengetragen. Und neben der Fortschreibung der Stadtchronik und Informationen aus dem Vereinsleben besteht es vor allem aus Aufsätzen, die Geschichte und Geschichten aus der Stadt lebendig halten. Im diesjährigen Band sticht eine Arbeit von Dr. Hans-Bodo Thieme hervor, der den Olper Sparkassenskandal von 1933 aufgearbeitet hat – ein Zwischenfall, der trotz immenser Brisanz bislang fast totgeschwiegen wurde. Unter den drei Biographien sticht eine ganz besonders hervor: Der Vorsitzende des Heimatvereins Drolshagen, Dr. Stephan Schlösser, hat über das Leben der Maria Emilie Bonzel aus Olpe geforscht und damit den bislang ersten Fall aufgedeckt, dass ein Mitglied der Bürgerschaft von Olpe in einem Konzentrationslager der Nazis umkam: Mia Bonzel starb als Ehefrau des jüdischen Kölners Alfred Lichtenstein 1944 in Ravensbrück.
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Zahlreiche weitere Aufsätze, ganz bewusst nicht nur aus der Stadt, sondern auch den Olper Dörfern, machen den Band zu einem abwechslungsreichen Lesebuch für heimatinteressierte Menschen. Zu haben ist es im Stadtarchiv, im Foyer des Rathauses und in der „Dreimann“-Buchhandlung an der Kölner Straße. Kostenlos erhalten es die Mitglieder des Heimatvereins, und zwar im Rahmen der Jahreshauptversammlung, die am Donnerstag, 7. Dezember, um 18.30 Uhr im großen Saal der Begegnungsstätte „Altes Lyzeum“ beginnt. Vorstandsmitglied Gerhard Burghaus betont, dass der jährliche Mitgliedsbeitrag niedriger ist als das Buch im Einzelverkauf kostet, sodass die Mitgliedschaft im Heimatverein schon daher lohnend sei.