Attendorn. Die Kölnerin Kim Himmelreich leitet seit mehreren Wochen das Gefängnis in Attendorn – das will sie auf Anhieb unbedingt verbessern.

Seit Ende August leitet die Kölnerin Kim Himmelreich (45) die Justizvollzugsanstalt in Attendorn. Die gebürtige Rheinländerin folgte im Sommer auf Yasmin Scheiner, die zurück in ihre Heimat nach Hagen gewechselt ist und dort im Anstaltsleitungsteam der Einweisungsanstalt arbeitet. Wir haben mit Himmelreich unter anderem über die ersten Tage in der Hansestadt gesprochen.

Frau Himmelreich, was hat Sie dazu bewogen, sich als neue Amtsleiterin der JVA in Attendorn zu bewerben?

Das Spezielle an der JVA hier in Attendorn ist der große, offene Vollzug, in dem aktuell rund 200 Häftlinge untergebracht sind. Ich bin eine Freundin und Verfechterin dieser Vollzugsform, denn sie bietet den Insassen die Chance, sich in das gesellschaftliche Leben zu integrieren, Kontakt mit ihren Familien zu halten oder einer geregelten Arbeit außerhalb der Gefängnismauern nachzugehen. Das sind stabilisierende Faktoren. Außerdem habe ich schnell mein Herz an das Sauerland und die schöne Stadt Attendorn verloren, auch wenn ich Kölnerin bin und bleibe. Die JVA hier hatte mich bei einem Besuch vor vielen Jahren schon gepackt.

Himmelreichs Werdegang

Kim Himmelreich studierte Rechtswissenschaften in Frankfurt und Köln sowie Kriminologie an der Universität Hamburg. Nach dem Referendariat am Landgericht Kiel arbeitete die Juristin und Diplom-Kriminologin zunächst als Mediatorin im Täter-Opfer-Ausgleich. Im November 2011 begann sie ihre Tätigkeit im öffentlichen Dienst als Referentin im Referat für Therapieunterbringung und Maßregelvollzug im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW.

Ab April 2017 war sie beim nordrhein-westfälischen Justizvollzugsbeauftragten eingesetzt, bevor sie im Dezember 2017 in den Geschäftsbereich des Justizvollzugs wechselte. Kim Himmelreich hat in den Justizvollzugsanstalten Remscheid und Köln gearbeitet und war dort jeweils kommissarisch mit den Aufgaben der Behördenleitungsstellvertretung betraut. Seit August 2021 war sie als ständige Vertreterin der Anstaltsleitung in der Jugendanstalt Wuppertal-Ronsdorf tätig. Diese Funktion hatte die Beamtin bis zu ihrem Wechsel nach Attendorn inne. Kim Himmelreich ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. In ihrer Freizeit macht sie gerne Yoga.

Im Übrigen soll der beliebte Adventsbasar im kommenden Jahr wieder aufleben, nachdem er durch Corona eingeschlafen war.

Welches Zwischenfazit ziehen Sie nach wenigen Wochen in Attendorn?

Ein sehr positives. Ich bin offen und warmherzig aufgenommen worden und spüre ein angenehmes Arbeitsklima innerhalb der JVA. Die Anstalt ist gut strukturiert und lebt von ihren engagierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Das sieht man zum Beispiel an der Spielzeug-Werkstatt, in der viel Herzblut von den Häftlingen und Mitarbeitern gleichermaßen steckt. Ich sage immer: Als Leiterin dieses Gefängnisses kann ich viele Ideen haben, am Ende brauche ich aber ein Team, das diese Ideen umsetzt und mitzieht. Genau das ist hier gegeben. Diese positive Atmosphäre erleichtert mir die Einarbeitung extrem.

Welche Aufgaben nehmen Sie als Chefin der Anstalt wahr?

Als Leiterin bin ich dafür zuständig, Konzepte fortzuentwickeln und die Richtung der JVA vorzugeben. Ich will nicht nur Ansprechpartnerin für mein Team und die Häftlinge sein, sondern auch Strukturen verbessern oder schaffen. Dazu ein Beispiel: Die derzeit drängendste Aufgabe ist, dass wir neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gewinnen wollen bzw. müssen. Die Arbeit leidet, wenn nicht alle Stellen adäquat besetzt sind. Wir suchen dringend einen neuen Anstaltsarzt und einen Psychiater. Viele Gefangene leiden an körperlichen oder psychischen Problemen, die Insassen kommen aus instabilen Verhältnissen und bringen beispielsweise Suchterkrankungen mit. Wir haben zwar einen psychologischen Dienst, doch der kann die Arbeit eines Psychiaters nicht vollends ausfüllen. Wir sind kein Krankenhaus, sondern ein Gefängnis. Die Personalakquise ist daher eine wichtige Aufgabe von mir, auch wenn das nicht so leicht ist.

Das geht anderen Branchen genauso.

Das stimmt. Fakt ist, dass auch wir die A45-Sperrung bei Lüdenscheid merken. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir neue Kollegen und Kolleginnen aus Attendorn und der näheren Umgebung für uns gewinnen können.

Sie haben bereits Führungs-Erfahrung in den Justizvollzugsanstalten in Köln und Remscheid gesammelt. Worin liegt der Unterschied zur Attendorner JVA?

Die JVA in Köln ist sehr breit aufgestellt, dort gibt es unter anderem den Frauenvollzug. Remscheids Schwerpunkt liegt auf Häftlingen, die lange Haftstrafen absitzen müssen. Im geschlossenen Vollzug hier in Attendorn werden vor allem kürzere Strafen verbüßt. Damit liegt unser Schwerpunkt im geschlossenen Bereich auf der Entlassungsvorbereitung. Ein Nachteil dabei ist sicherlich die hohe Fluktuation. Im offenen Vollzug hingegen haben wir viele Insassen mit längeren Haftstrafen, die aber am gesellschaftlichen Leben teilhaben.

Welche Fähigkeiten muss eine JVA-Chefin mitbringen?

Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, dass man Freude an der Arbeit mit Menschen hat. Ich habe jeden Tag Kontakt mit so vielen unterschiedlichen Personen, mit meinem Team, mit den Insassen, mit Anwälten und anderen. Eine gewisse Portion Skepsis kann nicht schaden. Mir liegt ein respektvoller Umgang am Herzen. Und gerade als Chefin sollte ich mit positivem Beispiel vorangehen und immer wieder klarmachen: Unsere Aufgabe besteht nicht darin, die Insassen hier zusätzlich für ihre Vergehen zu bestrafen, sondern ihnen Angebote zu machen, damit sie nicht strafrückfällig werden. Diese Angebote zu entwickeln, dabei auch kreativ zu sein, ist ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit.

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Wann verlassen Sie mit Ihrer Familie die Großstadt Köln und ziehen ins beschauliche Attendorn?

(Muss grinsen). Es gefällt mir ernsthaft supergut hier, die Landschaft mit der Bigge in der Nachbarschaft ist toll. Doch ich bin verwurzelt in Köln, bin dort aufgewachsen, habe dort meine Familie und meine Freunde. Ich liebe meine Heimatstadt einfach und werde dortbleiben. Attendorn wird aber meine Heimat der Herzen.

War denn Frau Himmelreich schon im Höhlenrestaurant Himmelreich essen?

Nein, noch nicht. Aber wie der Zufall es wollte, ging mein erster Betriebsausflug mit den Kollegen und Kolleginnen der Attendorner JVA in die Atta-Höhle. Beim nächsten Besuch der Höhle mache ich mindestens ein Foto vor dem Restaurant Himmelreich. Das habe ich mir fest vorgenommen.