Kreis Olpe. Durch das sicherheitsbedingte Herunterfahren der Zulassungsstelle-PCs kann derzeit im Kreis Olpe kein Auto neu zugelassen werden.
Nach dem Hackerangriff auf die Südwestfalen-IT, den Dienstleister, der alle Kreise und Kommunen in Südwestfalen hinsichtlich der Datenverarbeitung und Internet-Anbindung betreut, läuft in den Rathäusern und dem Kreishaus in Olpe weiterhin nur ein Notbetrieb. Außer der Sperrmüll-Anforderung, die von einem anderen Anbieter geleistet wird, funktioniert praktisch nichts. Die allermeisten Rückfragen an das Bürgertelefon, so die Pressestelle des Kreises, betreffen Fragen zur Zulassungsstelle: Hier sind weder die für An- noch für Ummeldungen nötigen Anwendungen verfügbar. Das hat zur Folge, dass Käufer von Autos diese nicht zulassen können, weder Neu- noch Gebrauchtfahrzeuge.
Das Ganze hat Folgen, die Autokäufer, aber noch viel mehr Autohändler vor massive Probleme stellt. „Unsere Hallen sind voll mit abholbereiten Neuwagen, die wir nicht vom Hof bekommen, weil wir sie nicht zulassen können“, berichtet Peter Schmelter, Geschäftsführer des Opel- und Skoda-Autohauses Schmelter im Olper Gewerbegebiet Biebickerhagen. „Das eine oder andere Auto geht noch weg, weil wir auch Kunden haben, die außerhalb von Südwestfalen wohnen. Aber der Löwenanteil kommt von hier.“
Beim Autohaus Baumhoff (VW, Audi) in Altenhundem sieht es ähnlich aus. „Nicht nur die Neuwagen stehen hier, auch die Inzahlungnahmen bleiben stehen“, so Firmenchef Steffen Baumhoff: „Wir werden Platzprobleme bekommen und müssen auch finanziell nachschärfen, denn die Kunden zahlen ja nicht, wenn sie keine Leistung bekommen.“ Jetzt im November hatte der VW-Konzern eine Zulassungsaktion für seine Vertriebspartner gestartet. Für jede Neuzulassung eines Konzernfahrzeugs gibt es eine kleine Prämie. Diese dürfte dem Autohaus wohl durch die Lappen gehen. Die Kunden seien im Moment noch verständnisvoll, weil die Autohäuser ja keinerlei Schuld treffe, so Steffen Baumhoff: „Ich nehme es im Moment noch sportlich, aber ich verdränge dabei, dass es noch länger dauern könnte.“ Grundsätzlich findet er es erstaunlich, dass es überhaupt zu einer Hackerattacke mit solch weitreichenden Folgen kommen konnte. Der wirtschaftliche Schaden werde sicher in die Millionen gehen.
Ein anderes Problem kommt auf Käufer neuer Elektroautos zu: „Da geht es um Fristen. Wenn die nicht bis Jahresende zugelassen werden, sinkt die Förderung, da geht es dann um Tausende von Euro“, so Peter Schmelter. Bei den verfügbaren Mietwagen werde es eng, weil viele Neuwagenkäufer aufs Auto angewiesen seien. „Wir wissen von mehreren Kunden, die sich behelfen, weil sie sich in der Verwandtschaft ein Auto leihen können. Das kann aber nicht jeder, und da bleibt oft der Mietwagen die einzige Lösung“, so Peter Schmelter.
Nur Abmelden funktioniert über Umweg
Seine Schwester Claudia Schmelter-Beul, die unter anderem mit den Zulassungen betraut ist, berichtet: „Unser Zulassungsdienst nimmt derzeit überhaupt keine Aufträge mehr an. Da liegen ganze Stapel auf Halde.“ Es gebe eine einzige Anwendung, die derzeit verfügbar sei: das Abmelden von Kraftfahrzeugen. Zwar sei auch dies nicht im Kreis Olpe oder einem anderen der Kreise, die an die Südwestfalen-IT angeschlossen sind, aber beispielsweise im Oberbergischen Kreis. Denn abgemeldet werden, kann ein Fahrzeug prinzipiell überall in Deutschland, weil man jemandem, der von Flensburg nach Garmisch umzieht, nicht zumuten will, eigens zum Abmelden des noch in Flensburg zugelassenen Autos den langen Weg zu fahren. Der Zulassungsdienst sammle daher Abmeldungen und fahre dann zu einem der umliegenden nicht betroffenen Kreise, aber „die bedanken sich natürlich auch, wenn da jetzt noch zig Aufträge aus Südwestfalen obendrauf kommen“, so Claudia Schmelter-Beul.
Ähnliches bestätigt Marion Schönauer, Assistentin der Geschäftsführung der Autogalerie Köhler. Diese ist an ihrem Hauptsitz in Niederfischbach (Rheinland-Pfalz) zwar nicht betroffen, wohl aber mit der großen Niederlassung in Altenhof. Hier werden Neuwagen von Subaru, Hyundai, Peugeot und der Seat-Tochter Cupra verkauft. „Unser Platz füllt sich allmählich, nächste oder übernächste Woche dürfte es anfangen, eng zu werden.“ Eine solche Situation habe es noch nie gegeben, „eine oder zwei Wochen kann man ja überbrücken, aber viel länger nicht. Da müssen dringend Lösungen her.“ Insbesondere bei Leasingfahrzeugen werde das Problem akut, denn diese müssen bei Lieferung vom Autohaus bezahlt werden, Geld vom Leasingnehmer fließt aber erst ab dem Tag der Zulassung.
Verkauf von Firma zu Firma
Vereinzelt bleiben die verkauften Autos auch auf dem Hof des Autohauses Roll in Attendorn stehen. „Die betroffenen Privatkunden können einem nur leidtun und bleiben derzeit auf der Strecke“, erklärt Junior-Chef Leonard Bürger. Der Vorteil für die Hansestädter, die in erster Linie Tageszulassungen und junge Jahresfahrzeuge an den Kunden bringen: Sie verkaufen zu einem gewissen Anteil im sogenannten „B2B“-Bereich, also von Firma zu Firma und damit nicht nur an Private „Wir verkaufen viele Fahrzeuge deutschlandweit. Wenn wir zum Beispiel ein Auto nach Bayern verkaufen, kann die Zulassung dort normal stattfinden.“ Insofern sei man nicht so drastisch von dem Hackerangriff betroffen.
Die Schilderprägereien, drei an der Zahl, die eigentlich unmittelbar gegenüber dem Olper Kreishaus ihre Dienste anbieten, haben sämtlich geschlossen, auch wenn nur eines davon per Aushang informiert. Kein Wunder – wenn kein Auto neu an- oder umgemeldet wird, braucht auch niemand ein neues Nummernschild.