Attendorn/Neu-Listernohl. Zwischen Ihnestraße und der Umgehungsstraße in Attendorn brauchen Autofahrer aktuell viel Geduld. So nervenaufreibend ist die Situation vor Ort.
Die Scheibenwischer gleiten in ihrem monotonen Rhythmus über die nasse Windschutzscheibe. Von rechts nach links, von links nach rechts. Der Blick fällt auf die rot-leuchtenden Rücklichter der vorderen Autos. Stillstand. Ein Unfall? Ein Notfalleinsatz? Einige neugierige Autofahrer versuchen etwas nach links aus der Schlange auszubrechen, um zu sehen, was vor sich geht. Nichts. Nur eine endlos scheinende Kolonne.
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Seit Montag finden umfangreiche Baumaßnahmen an der L 539 (Ihnestraße) in Neu-Listernohl statt. Im Zuge des geplanten „Turbo-Kreisels“ am Knotenpunkt L 539/512 wird dort aktuell der Regen- und Schmutzwasserkanal verlegt. Dafür wird die L 539 halbseitig gesperrt und der Verkehr über eine Baustellenampel geleitet – und das hat massive Folgen, vor allem für den Verkehr auf der L 512. Bis voraussichtlich Ende des Jahres sollen die Arbeiten dauern, wie die Stadt Attendorn in der vergangene Woche schriftlich mitteilt.
Es ist kurz nach 15 Uhr. Lange vor dem Feierabendverkehr. Und trotzdem stehen schon jetzt hunderte Autos und Lkw auf der Umgehungsstraße. Auf der Höhe des Mubea-Werks hupt der erste genervte Autofahrer, ein anderer hupt zurück. Wenn sich die Kolonne Richtung Neu-Listernohl bewegt, dann nur im Schritttempo. Bremsen, anfahren, bremsen. Ein guter Test für Fahranfänger. Und für Ungeduldige. An der Kreuzung zur Kölner Straße fallen die ersten Ungeduldigen durch. Denn sobald die Ampel auf „Grün“ umschaltet, fahren sie los. Ungeachtet der Tatsache, dass das vordere Auto noch mit der Heckklappe in der Kreuzung steht. Es passiert, was passieren muss: Die Kreuzung wird blockiert, Linksabbieger kommen nicht durch, mehr Hupen, mehr wildes Herumfuchteln, mehr Stress.
Die Baumaßnahme ist Teil des L 512-Ausbaus zwischen Olpe und Attendorn, das als Projekt im Landesstraßenbauprogramm 2022 aufgenommen worden ist. Dieser rund zehn Kilometer lange Ausbau umfasst mehrere Maßnahmen, darunter ein Überholfahrstreifen zwischen Kraghammer Sattel und Schnütgenhof, neue Kreisverkehre, breitere Radwege, eine neue Radwegebrücke, den Ersatzneubau der Ihnetalbrücke sowie neue Parkplätze. Kostenpunkt: rund 88 Millionen Euro. Einen aussagekräftigen Zeitplan gibt es noch nicht.
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Ein paar Hundert Meter weiter, in Höhe der JVA. Einige Autofahrer haben aufgegeben. Wenn es der Gegenverkehr zulässt, scheren sie aus, wenden und fahren in die Richtung zurück, wo sie hergekommen sind. Verständnisvolle Blicke der Anderen. Da ist aber noch etwas anderes. Ein kämpferisches Durchhaltevermögen. Eine innere Trotzhaltung. Bei dem Ein oder Anderen scheint in der vergangenen Stunde – so lange dauert mittlerweile schon das Stop-and-Go vom Mubea-Werk bis zur JVA – ein merkwürdiger Ehrgeiz entfacht worden zu sein. Nach dem Motto: „Ich hab’ es schon so weit geschafft. Jetzt schaffe ich auch noch den Rest!“
Eine offizielle Umleitungsstrecke gibt es nicht. „Eine Umleitung muss im Prinzip nur ausgeschildert werden, wenn es eine Vollsperrung gibt“, so Jan-Christoph Tump, stellvertretender Ordnungsamtsleiter der Stadt Attendorn. Da die Ihnestraße jedoch nur halbseitig gesperrt ist, ist sie theoretisch befahrbar. Theoretisch. Tump ist sich der aktuellen Verkehrsproblematik bewusst: „Momentan wird an einer Nachjustierung der Ampelschaltung gearbeitet, damit die Rückstaus nicht mehr so extrem ausfallen. Dafür ist der beauftragte Verkehrssicherer in Kontakt mit der Straßenmeisterei, um eine Anpassung der Lichtsignalschaltung zu erzielen, weil diese als Straßenbaulastträger die meisten Erfahrungswerte bezüglich der ‘normalen’ Schaltung der bestehenden Lichtsignalanlage hat.“ Sprich: Durch eine veränderte – eventuell zeitlich angepasste – Ampelphase soll der Verkehrsfluss verbessert werden. Es werde „mit Hochdruck“ an einer Lösung gearbeitet, so Tump.
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Der große Moment ist gekommen. Die Baustellenampel in Höhe der Ihnestraße zeigt „Grün“. Ein paar Autos passieren die verengte Stelle, auch das Auto der Reporterin. Es ist geschafft. Ein Gefühl der Erleichterung macht sich breit, als sie zum ersten Mal nach über einer Stunde wieder in den zweiten Gang schalten kann. Und die Erkenntnis, dass an diesem Tag eine großräumige Umleitungsstrecke die bessere Wahl gewesen wäre.