Attendorn. In Sichtweite des Hotels Platte in Niederhelden könnten bis zu zwölf Windräder entstehen. Der Geschäftsführer fürchtet um ausbleibende Gäste.

Als einzige Kommune im Kreis Olpe weist die Stadt Attendorn sog. Konzentrationszonen für Windräder aus. Der Stadtrat hatte im vergangenen Jahr beschlossen, dass vier Potenzialbereiche im südlichen Stadtgebiet, also im Repetal, im Flächennutzungsplan aufgenommen werden. Die Idee dahinter: Durch die Ausweisung erhalten alle weiteren Flächen im windkraftprivilegierten Außenbereich Ausschlusswirkung. Die Stadt behält so ein Mitspracherecht bei der Frage, wo Windräder gebaut werden. Inwieweit diese Bemühungen aufgrund sich ständig ändernder Rechtsprechungen Erfolg haben, wird sich in Zukunft zeigen. Denn bekanntlich intensiviert die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien.

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Nicht nur politisch sorgt die ausschließliche Fokussierung der Stadt Attendorn auf das Naherholungsgebiet Repetal für Gesprächsstoff, auch bei Betroffenen sorgt dieses Vorgehen für Kopfschütteln. Das Romantikhotel Platte mit seinem angrenzenden Golfplatz und dem Reitstall in Niederhelden genießt einen hervorragenden Ruf. Geschäftsführer Christof Platte befürchtet jedoch, dass der Bau von bis zu zwölf, rund 250 Meter hohen Windrädern in unmittelbarer Sichtweite seines Hotelbetriebs Schaden verursachen könnte. Und zwar in der Form, dass Gäste ausbleiben. „Es ist ernsthaft zu besorgen, dass die Tages- und Übernachtungsgäste das von Windenergieanlagen umzingelte Repetal in Zukunft meiden und ihre Freizeit- und Urlaubsaufenthalte in anderen Regionen verbringen werden“, warnt Rechtsanwalt Klaus Jankowski, der Christof Platte juristisch vertritt.

Zu Lasten der Dörfer

Diese Befürchtung teilt Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) nicht: „Besucherumfragen, aber auch praktische Erfahrungen in anderen Tourismus-Destinationen belegen, dass auch unter Touristen die Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie an ihrem Urlaubsort immer mehr steigt.“ Der Erste Bürger der Stadt geht nicht davon aus, dass der Ausbau der Windkraft das touristische Potenzial des Repetals gefährdet. Das wiederum sehen Platte und sein Anwalt komplett anders. Es gebe sehr wohl einen Unterschied, ob ein Betrieb wie das Hotel Platte mehr oder weniger umzingelt werde – oder nur ein Windrad in der Umgebung einer Destination in der Landschaft stehe.

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Was den Rechtsanwalt aus Kreuztal mit Büro in Köln und seinen Mandanten aus Niederhelden besonders stört: Mögliche Zonen am Biggesee oder im Umfeld der Burg Schnellenberg fallen in der städtischen Planung hinten über. Jankowski sieht hierbei einen Verstoß gegen die Verteilungsgerechtigkeit, der von den politischen Entscheidern durchaus gewollt sei, um die Bewohner der Kernstadt und den Biggesee zu schonen. Ohne planerische Not würden die Lasten der Energiewende auf die Bewohner und Wirtschaftsbetriebe der Dörfer verlagert. Der Bürgermeister hält dagegen: „Das Stadtgebiet wurde nach einheitlichen Kriterien untersucht. Entscheidend für die Ausweisung einer Fläche als Konzentrationszone ist, ob sie nach rechtlichen und sachlichen Erwägungen für diese Nutzung geeignet ist.“

„Schein-Planung“

Eine willkürliche „Schein-Planung“ sieht der Rechtsanwalt und nennt als Beispiel eine untersuchte Fläche oberhalb der Burg Schnellenberg mit Platz für fünf bis sechs Anlagen, die nicht als Konzentrationszone ausgewiesen wird. „Die Freihaltung der von Windenergieanlagen ungestörten Blickachse von der und auf die Burg unter Hinweis auf die dortige Hotellerie und Gastronomie stellt eine massive und städtebaulich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gegenüber den Hotel-, Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben im Repetal dar“, kritisiert er. Warum also sollen Gäste der Burg beim Abendessen nicht auf Windräder schauen müssen, Gäste des Hotels Platte hingegen schon? Pospischil differenziert: „Bei der Windkraftplanung im Bereich der Burg Schnellenberg sind Belange des Denkmalschutzes zu berücksichtigen. Diese Belange haben dazu geführt, dass eine Abwägungsentscheidung gegen die Einbeziehung dieser Fläche getroffen worden ist.“ Im Übrigen würden Windräder gerade auf dieser Fläche zwischen Bigge und Repetal zu einer Umzingelung des Repetals beitragen, erklärt der Bürgermeister.

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Ebenso willkürlich, moniert Plattes Anwalt, sei, dass die Stadt gegenüber Einrichtungen im Außenbereich mit unterschiedlichen Schutzabständen hantiere. Obwohl der Abstand zum Hotel Platte und anderen bewohnten Gebäuden nur 600 Meter betragen solle, habe man den Abstand zur JVA und zu den Campingplätzen am Ufer des Biggesees auf 1000 Meter erhöht. „Mit der Konsequenz, dass im Umkreis der JVA und Campingplätze keine geeigneten Flächen für Windräder mehr verblieben sind. Die so künstlich verknappten Flächen für Windräder gehen daher zu Lasten des Repetals, wo es dafür vermeintlich genug Platz geben würde“, erklärt Jankowski. Dieses Vorgehen sei sachlich auf keinen Fall gerechtfertigt. Diese Darstellung sei nicht korrekt, entgegnet der Bürgermeister – auch zum Hotel Platte würde der 1000-Meter-Abstand eingehalten, was Plattes Anwalt mit Blick auf die Standortuntersuchung als unwahr tituliert.

Windräder wie dieses (ein Symbolbild) könnten in absehbarer Zukunft in Sichtweite des Hotels Platte in Niederhelden ihren Platz finden.
Windräder wie dieses (ein Symbolbild) könnten in absehbarer Zukunft in Sichtweite des Hotels Platte in Niederhelden ihren Platz finden. © dpa | Uli Deck

Aufgrund dieser aus Platte ungerechten Verteilung fordert der stadtbekannte Hotelier die Stadtverwaltung auf, die Standorte für potenzielle Windräder erneut zu überprüfen. Mit Blick auf das noch laufende Planungsverfahren kündigt auch der Bürgermeister an: „Eine abschließende Entscheidung wird der Stadtrat voraussichtlich im September treffen. Bis dahin überprüfen wir fortlaufend, inwieweit rechtliche Veränderungen zugunsten der Windenergie die Einbeziehung weiterer Flächen möglich oder sogar unausweichlich machen.“