Kreis Olpe/Rahrbach. Der Rahrbacher Unternehmer Christian Jung erklärt, wo, wie und warum er drei Bauprojekte im Kreis Olpe umsetzen will.
Der Unternehmer Prof. Dr. Christian Jung aus Rahrbach will dem allgemeinen Trend etwas entgegensetzen: „Es darf doch nicht sein, dass immer mehr Menschen ihren Traum vom Eigenheim oder zumindest vom Wohnen in ihrer Heimat aufgeben, weil die Lage, die sicherlich schwierig ist, in der breiten Öffentlichkeit noch düsterer dargestellt wird.“ Seine Antwort in Kurzform: Rund 70 neue Wohnungen bis Ende 2024, Anfang 2025 - innerhalb von drei Projekten. In Finnentrop, Würdinghausen und Welschen Ennest. Insgesamt werden dann rund 5.600 Quadratmeter neue Wohnfläche im Kreis Olpe entstanden sein.
Pläne in rauher See
Uns erklärt er, warum er an seinen Plänen in „rauher See“ festhält? Die Ausgangssituation, die auch von Christian Jung erhebliche Risikobereitschaft erfordert, ist bekannt: Explodierende Zinsen und Baukosten, eine Inflationsprognose schlimmer als die vorherige. Und junge Familien, die jahrelang auf ein Baugrundstück gewartet haben, jetzt ihr Vorhaben aus Angst vor Unfinanzierbarkeit für immer beerdigen. Die ersten Grundstücke in Neubaugebieten werden bereits an Städte und Gemeinden zurückgegeben. Noch vor eineinhalb Jahren undenkbar.
„Angesichts solcher Rahmenbedingungen dürfen Bau- und Kaufwillige umdenken. Mein Eindruck ist: Das tun sie auch“, sagt Jung aus seiner Unternehmerpraxis.
Zunächst zu seinen aktuellen Projekten, die Jung trotz den schwierigen Rahmenbedingungen umsetzen will. Das größte davon in Welschen Ennest: Auf dem 8.000 Quadratmeter großen Gelände des früheren Marienheimes sind elf Mehrfamilienhäuser geplant, die Wohnungen von 45 Quadratmeter für Singles ebenso bieten werden wie 120 Quadratmeter für die drei- oder vierköpfige Familie. Die Wohnungen können gekauft oder gemietet werden. Jung „Angesichts der sich ständig ändernden Kostensituation kann ich derzeit keine belastbaren Preise nennen. Das wäre unseriös.“ Klar sei aber, dass seine Projekte realistischer für die Zielgruppe ,Durchschnittsfamilie’ sei, als ein frei stehendes Einfamilienhaus, das schon ohne Grundstück kaum unter 500.000 Euro zu haben sei. Und das bei Bauzinsen, die sich anschickten, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen.
Heimat-Tal AGseit 2020
Seit 2010 ist Prof. Dr. Christian Jung Ortsvorsteher von Rahrbach und Kruberg.
2018 realisierte der IT-Unternehmer (colos ag) zum ersten Mal ein stark renovierungsbedürftiges Objekt und baut seitdem um, aus und neu.
2020 machte er aus seiner Info-Plattform heimat-tal.de eine Aktiengesellschaft, die Heimat-Tal AG.
Weitere Großprojekte: Finnentrop, Lennefeldstraße 33, 18 bis 22 Wohnungen von 45 bis 130 Quadratmetern.
Würdinghausen: Achtfamilienhaus, Wohnungsgröße von 79 bis 135 Quadratmeter.
Jung: „Wir lesen überall, es sei meist nicht mehr machbar, was jahrzehntelang Tradition im Sauerland war: Junge Familien planen und finanzieren ihr Haus auf einem 800 oder 1.000 Quadratmeter großen Grundstück.“
In der Heimat bleiben
Mit seinen Projekten will er genau dieser Zielgruppe ermöglichen, in der Heimat wohnen und leben zu können: „Es ist dann eben nicht mehr das eigene Häuschen, um das man herumgehen kann, sondern die Wohnung oder das Reihenhaus mit kleinem Grundstück.“ Vorteil: Weniger Grundstück, weniger Unterhaltungsaufwand, höhere Effizienz bei Planung und Bau.
Bis 2024/2025 will er seine Wohnungsbauprojekte umgesetzt haben, Baubeginn ist jeweils 2023: „Das geht im Wesentlichen nur mit weitgehend eingespielten Planungs- und Bauteams“, weiß er aus der Erfahrung der vergangenen Jahre. Wer in der Baubranche erst noch Handwerker für die wesentlichen Gewerke suchen müsse, bekomme gravierende Probleme.
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Jung denkt nicht nur regional, sondern auch politisch: „Wir dürfen uns keinen Illusionen hingeben. Letztlich werden wir den Arbeitskräftemangel nur durch kontrollierte Zuwanderung mildern können.“ Seine grundsätzliche Kritik: „Politik, Wissenschaft und Medien reden die Wirtschaft in den Keller. Damit tritt der bekannte Wirtschafts-Zyklus ein: Einkauf stoppt Bestellungen und infiziert andere Unternehmen. Und die düsteren Propheten lösen die Erfüllung ihrer eigenen Prophezeiungen selbst aus.“ Inzwischen sei das vermutlich nicht mehr zu stoppen.
1980 schon mal 11,5 Prozent Zinsen
In Sachen Zinsen erinnert Jung an frühere Jahrzehnte: „2008 lag der Bauzins auch schon mal bei 5 Prozent, 1995 bei 7 Prozent und 1980 sogar bei 11,5 Prozent. Auch damals wurde gebaut. Zudem darf man sich den Realzins vor Augen halten. Theorie hin oder her: er liegt bei 5 Prozent Zins minus 10 Prozent Inflation bei technisch minus 5 Prozent. Das hilft bei den Finanzierungsgesprächen leider wenig, ist dennoch betriebswirtschaftliche Realität und öffnet vielleicht emotional neue Perspektiven.“ Ein Haus über mehrere Generationen zu finanzieren, sei zudem andernorts gängige Praxis. Das dürfe doch vielleicht auch im Sauerland möglich sein.
Angesichts der hohen Zinsen werde es wohl bei Kreditverlängerungen leider zu Insolvenzen kommen. Eine Blase, so Jung, „kann ich zumindest für Südwestfalen aber nicht erkennen.“