Rönkhausen/Siegen. Im Kettensägen-Prozess von Rönkhausen sind jetzt die Plädoyers gehalten worden. Soll der Angeklagte ins Gefängnis oder in die Psychiatrie?
Staatsanwalt Rainer Hoppmann folgte am sechsten Verhandlungstag im Kettensägen-Prozess von Rönkhausen dem Gutachter: „Als Auslöser halte auch ich den Eifersuchtswahn für wahrscheinlich“. Vor dem Siegener Schwurgericht hatte der Angeklagte gesagt, dass er sich nach dem Konsum von zwei Gramm Kokain an nichts erinnern könne. Aufgrund der Zeugenaussagen habe sich die Tat aber so abgespielt wie in der Anklage, so Hoppmann. Danach stürmte der 52-Jährige kurz vor Mitternacht am Silvestertag 2021 mit einer laufenden Kettensäge, die ihm im Eingangsbereich aus der Hand fiel, und einem Fleischermesser bewaffnet in die Gaststätte „Rönk’ser Treff“. Rasend vor Eifersucht habe er den Gastwirt und dessen neue Lebensgefährtin, die Ex-Frau des Angeklagten, umbringen wollen.
Schließlich konnte er von einem mutigen Gast festgehalten werden. Zur Polizei hatte er nach der Festnahme gesagt, dass er seine Ex-Frau und ihren neuen Vergewaltiger töten und mit der Säge in Scheiben schneiden wollte. Anschließend habe er sich von der Polizei erschießen lassen wollen. „Die Motorsäge zeigt, dass er bereit war, mit absolutem Vernichtungswillen in die Tat hineinzugehen“, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer.
Verminderte Schuldfähigkeit
Für den Angeklagten spreche, dass es ihm leidtue, er die Tat bereue und es keine erheblichen Verletzungen gegeben habe. Die Tat sei zudem im Versuchsstadium steckengeblieben und eine verminderte Schuldfähigkeit könne nicht ausgeschlossen werden. Rainer Hoppmann forderte wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vier Jahre und sechs Monate Haft. Wegen der Gefahr der weiteren Begehung von schweren Straftaten sprach sich der Staatsanwalt - wie auch der Gutachter - für die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie aus. Der Haftbefehl solle bestehen bleiben.
Rechtsanwalt Moritz Ackermann, Nebenklage-Vertreter für den Gastwirt, sah indes keine verminderte Schuldfähigkeit. Bereits seit der Trennung des Angeklagten und seiner Ex-Frau nach 24 Jahren Ehe im Mai 2020 habe es diverse Tötungsbekundungen des 52-Jährigen gegeben. Es hätten Rachephantasien vorgelegen: „Er hat mehrfach angekündigt, er wolle den Kopf abschneiden. Das passt zur Tatwaffe, der Säge.“ Dass er sich nicht erinnern könne, sei eine reine Schutzbehauptung des Angeklagten. Nach der Tat hätten sich die Polizisten mit ihm unterhalten können.
Er habe nicht das Gefühl, dass der 52-Jährige irgendeine Form von Reue zeige, so Anwalt Ackermann: „Es scheint, als würde er mit Beiden immer noch grollen.“ Die Folgen für die Opfer seien erheblich. Der Gastwirt habe Panikattacken gehabt und leide heute noch unter Alpträumen. Die Ex-Frau des Angeklagten sei weiterhin in psychologischer Behandlung. Der Nebenklage-Vertreter forderte sechs Jahre und sechs Monate Haft.
Urteil am 23. August
Der Angeklagte habe keinen Tötungsvorsatz gehabt, betonte indes Verteidiger Alexander Steppart: „Er hat von der Verwendung der Kettensäge Abstand genommen. Er hat keine Anstalten gemacht, sie wieder aufzuheben.“ Die Trennung nach 24 Jahren Ehe sei für den 52-Jährigen sehr schmerzhaft gewesen. Zudem sei auch noch sein früherer bester Freund der neue Lebensgefährte seiner Ex-Frau.
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Außerdem sei der Angeklagte schwer herzkrank und damit besonders haftempfindlich, was sich in den bisherigen achteinhalb Monaten Untersuchungshaft gezeigt habe: „Auch das Verfahren verursacht extremen Stress für ihn.“ Eine Unterbringung in der Psychiatrie lehnte der Verteidiger ab. Eine Gefahrenprognose, dass er weitere erhebliche Straftaten begehen könne, gebe es nicht: „Er ist nie gewalttätig geworden.“ Steppart plädierte für zweieinhalb Jahre Freiheitsstrafe.
„Mir tut die Tat von ganzem Herzen leid. Ich wollte niemanden verletzen. Dass ich in meinem Alter mit so etwas um die Ecke komme, dafür schäme ich mich. Ich bitte, dass Sie mir noch eine Chance geben, mein Leben wieder aufzubauen“, sagte der Angeklagte im letzten Wort. Das Urteil wird am 23. August gesprochen.