Wenden. Bunt, spektakulär, beeindruckend: Mit der Wendener Kirmes herrscht wieder Ausnahmezustand. Es kam zu kilometerlangen Staus rund um Wenden.
„Gewinne, Gewinne, Gewinne… Alle setzen und anschnallen, die nächste Fahrt geht rückwärts!” Bürgermeister Bernd Clemens hatte sich der gängigsten Sprüche einer Kirmes bedient und ein Potpourri daraus gebildet, als er am Samstag um 15 Uhr unter dem Riesenrad das größte Volksfest im Kreis Olpe und darüber hinaus eröffnete. Nach zwei Jahren Corona-Krise und daraus resultierender Ausfälle fand das Volksfest der Wendener Kirmes erstmals wieder statt, und umso größer waren Erwartungen und Vorfreude sowohl auf Seiten der Besucher wie auf der der Marktbeschicker und -betreiber. Clemens ließ die zahlreichen Anwesenden, die sich die offizielle Kirmes-Eröffnung bei Temperaturen jenseits der 40 Grad in sengender Sonne nicht nehmen lassen wollten, von zehn herunterzählen und schlug bei Null mit erfahrener Hand mit drei Schlägen den Zapfhahn in das erste Fass Kirmesbier, das unter dem Riesenrad vorbereitet worden war, um die Kirmes mit Freibier zu eröffnen.
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Clemens betonte, dass es für die Marktkaufleute eine ganz andere Dimension habe, wieder Kirmes zu feiern. „Für uns war es schade, zwei Jahre auszusetzen, aber das ist ein echtes Luxusproblem. Die Marktkaufleute leben davon, uns Freude zu schenken, ihre Existenz stand auf dem Spiel. Umso wichtiger, dass wir heute zusammen wieder Kirmes feiern können”, so Clemens. Er überreichte ein Exemplar der neuen CD des Musikzugs Wenden mit Musik der Wendener Kirmes an Patrick Arens vom Bundesverband der Schausteller und Marktkaufleute.
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Alle sieben Jahre ist jeder Musikverein aus der Gemeinde Wenden einmal an der Reihe, um die Festmusik zum wichtigsten Fest der Gemeinde zu liefern. In diesem Jahr waren es die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten des Musikvereins Heid, die unter dem Dirigat von Martin Golle für gute Stimmung bei den Festbesuchern sorgten. Außerdem wurde das rockige neue Lied „Kämetze, et es werr Kämetze” von Heinz-Uwe Stahl aus Altenhof abgespielt.
Kettenflieger in 80 Metern Höhe
Vor dem Rathaus hatten sich Ratsmitglieder und Vorstand des Landwirtschaftlichen Lokalvereins als Veranstalter, Vertreter der Marktbeschicker und -kaufleute und Ehrengäste eingefunden. Mit klingendem Spiel war es dann im Marschrhythmus hinab auf den Kirmesplatz vor das Riesenrad gegangen, wo der Fassanstich den offiziellen Teil der Eröffnung darstellte. Bei einem Rundgang über den Platz ließen sich die Veranstalter anschließend einen Einblick in die Situation nach zwei Jahren Corona-Pause geben. Einige Mutige von ihnen, darunter auch Vikar Christian Albert, nutzten die Gelegenheit zur Mitfahrt im spektakulärsten Fahrgeschäft der Kirmes, dem „Around the world XXL”, einem eigentlich ganz normalen Kettenflieger – der allerdings mit der Besonderheit aufwartet, dass die sich drehenden Gondeln während des Betriebs in schwindelerregende 80 Meter hochgefahren werden. Neben Albert hatte SPD-Ratsfrau Catrin Stockhecke-Meister Platz genommen, evangelischen Glaubens, “wir sind das ökumenische Team”, und beide zeigten sich nach der Probefahrt begeistert: Es sei keineswegs furchterregend, sondern eine hochinteressante Fahrt mit einem beeindruckenden Ausblick über das Festgelände, das großen Spaß bereite.
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Nach einem Stopp am Stand des Lions-Clubs Olpe-Kurköln, wo Wein und Traubensaft ausgeschenkt werden mit dem Ziel, durch den Erlös die Erneuerung der Wendener Kirchenorgel finanziell zu unterstützen, ging es weiter in den Saal des Hotels Zeppenfeld. Dort findet traditionsgemäß ein Austausch zwischen Kirmesbetreibern und -beschickern statt, der unbürokratisch dazu beiträgt, Hürden abzubauen und die Zukunft der Kirmes zu sichern. Bernd Clemens gab seiner Freude Ausdruck, dass sein Amtsvorgänger, Peter Brüser, am Rundgang teilgenommen habe, dem es zu verdanken sei, dass seit inzwischen 29 Jahren auch samstags Kirmes gefeiert werde. Als ältesten Teilnehmer hieß er Heinrich Kleuser willkommen, dessen Familienunternehmen seit Jahrzehnten das Riesenrad nach Wenden schickt. Dieser erinnerte sich an vergangene Zeiten und betonte, seine Eltern hätten noch Petroleumlampen im Einsatz gehabt, die am Morgen vor jedem Kirmestag hätten poliert werden müssen.
Die Kirmesbeschicker dankten den Wendenern für die Unterstützung während der Corona-Krise: Ebenso wichtig wie die finanzielle Unterstützung, die der Staat leidlich geleistet habe, seien die persönlichen Kontakte gewesen, und die Wendener hätten ihren treuen Marktbeschickern stets zur Seite gestanden und deutlich gemacht, dass hier eine besondere Beziehung bestehe.
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Rückstau bis Gerlingen
Patrick Arens betonte, Wenden sei für viele Schaustellerfamilien seit Generationen ein „Zuhause auf Zeit”.Und während im Zeppenfeld’schen Saal diskutiert und beraten wurde, zogen draußen die Menschen durch die Wendener Straßen und Wege und verwandelten den Ort in ein einziges Kirmesgelände. Zugegeben - die Hitze sorgte dafür, dass der Andrang schwächer war als in früheren Jahren, aber als am Abend die Temperaturen nachließen, rollte Auto um Auto nach Wenden, und immer mehr Besucher kamen zur Kirmes. Bis Gerlingen staute sich der Verkehr, ein Engpass an der Mühlenstraße in Möllmicke, wo parkende Autos aus beiden Richtungen für Rückstau sorgten, setzte sich kilometerweit fort. Und auch in den Reihen der Kirmesstände fielen einige wenige Lücken auf: Wie Gastronomen und andere Dienstleister, haben auch die Marktkaufleute Probleme, geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Insbesondere an den Getränkeständen aber, die überwiegend von Vereinen des Wendener Landes betrieben werden, und an den gastronomischen Ständen herrschte dichter Andrang, und die Karussells wurden wieder und wieder mit vollbesetzten Wagen gestartet, weil viele Besucher nachholen wollten, was sie zwei Jahre verpassen mussten: Kirmes.