Kreis Olpe. Ob Klempner oder Dachdecker: Alle kämpfen mit Lieferengpässen, vor allem bei Kunststoff. Kunden im Kreis Olpe zahlen bis zu 50 Prozent mehr.

Materialnot, Lieferschwierigkeiten und explodierende Kosten setzen dem Handwerk zu. Die Auftragsbücher sind voll, sodass Kunden zum Teil Monate auf die gewünschte Dienstleistung warten müssen. In welchem Bereich müssen die Verbraucher im Kreis Olpe am längsten warten? Und wo ist es besonders teuer geworden?

Sanitär, Heizung und Klima: Firma Enders in Olpe

„Wir haben große Schwierigkeiten, Heizkessel zu bekommen. So ein Gerät besteht aus bis zu 20 Bauteilen – und irgendwas fehlt immer. Da sind wir mittlerweile bei Lieferzeiten, die in den Februar und März hineingehen“, erzählt Thomas Enders, Gas- und Wasserinstallateurmeister und Geschäftsleiter des gleichnamigen Heizungs- und Sanitärbetriebs in Olpe. Normalerweise seien die Ersatzteile innerhalb eines Werktages zu bekommen. „Jetzt müssen wir improvisieren“, meint Enders. Das heißt: Zehn Kessel wurden vorsorglich zwischengelagert – fast alle sind mittlerweile schon verkauft.

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Auch Solarpaneele fehlen. Aktuell wartet Enders auf 8000 Stück von seinem Zulieferer. „Die sind auf dem Weg von China nach Deutschland, aber niemand weiß, wo sie momentan feststecken. Ob auf einem Containerschiff oder sonstwo.“ Viele Kunden zeigten zwar Verständnis für die Notlage. „Aber trotzdem ist es schwierig zu vermitteln, womit wir gerade zu kämpfen haben“, so Enders.

Abgesehen von den langen Lieferzeiten sind viele Materialien deutlich teurer geworden. „Normalerweise haben wir eine Preiserhöhung im Februar/März. In diesem Jahr hatten wir schon vier Preiserhöhungen, was einem Zuschlag von 40 bis 50 Prozent gleichkommt“, betont Enders. Metall und Elektronik-Teile sind davon besonders betroffen.

Zusätzlich zu den alltäglichen Aufträgen müssen Enders und sein Team bis spätestens 15. Dezember Erdgas-Geräte in der Region umrüsten bzw. erneuern. „Das sind alleine im Stadtgebiet Olpe rund 400 Anlagen“, so Enders. Hintergrund ist eine flächendeckende Versorgungsumstellung von L-Gas („low calorific gas“ mit niedrigem Brennwert) auf H-Gas („high calorific gas“ mit höherem Methangehalt und höherem Brennwert). „Das alles innerhalb von sechs Wochen umzustellen ist nicht machbar. Wir müssen da irgendwie durch, aber wir wissen nicht wie“, sagt Enders.

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Immerhin: Notfälle werden auch als solche behandelt. Wenn bei einem Kunden die Heizung ausgefallen ist, kommt innerhalb von wenigen Stunden jemand vorbei, der das Problem behebt.

Dachdecker: Firma Clemens in Olpe

Gleiches gilt auch für Sturmschäden am Dach, wie Frank Clemens, Dachdeckermeister und Kreishandwerksmeister in Olpe, betont. Wer sein Dach allerdings planbar erneuern möchte, muss mit einer Wartezeit von etwa drei bis vier Monaten rechnen.

Lange Zeit war Holz knapp und dementsprechend teuer. Der Preis ist seit der Hochphase im Juli stark gesunken, weil die Materialknappheit auf dem Markt weitgehend behoben ist. „Dafür haben wir jetzt vermehrt Lieferschwierigkeiten mit Tonziegeln und Materialien, die Kunststoff als Vorprodukt enthalten“, erklärt Clemens. Der Kostenanstieg ist dabei abhängig von dem verwendeten Kunststoff und dem Anteil in dem jeweiligen Produkt. „Man kann nicht pauschal sagen, um wie viel Prozent Kunststoff teurer geworden ist. Das ist ganz individuell.“ Konkrete Zahlen kann er allerdings für Metall und Tonziegel nennen: „Im Metallbereich haben wir zum Teil Preiserhöhungen von 20 Prozent, ein Ziegellieferant hat jetzt sogar eine Preiserhöhung von 40 Prozent angekündigt.“

Schreiner: „mehralsholz“ in Attendorn

Rechnungen mit erhöhten Kunststoffpreisen haben auch Schreiner Marcus Lütteke aus Attendorn erreicht. „Bei Bauelementen für Türen und Fenster kam zuletzt alle drei Monate eine Preiserhöhung von drei bis vier Prozent“, so der Inhaber der Tischlerei „mehralsholz“, in der zur Zeit drei Gesellen und vier Auszubildende arbeiten. Kunden habe Lütteke deswegen dazu geraten, eher früher als später zu bestellen, „weil es sonst wieder teurer wird“, so Lütteke. Innerhalb eines Jahres hätten sich die Preise für Kunststofffenster so um etwa 18 Prozent erhöht. Zum Jahreswechsel haben einige Lieferanten weitere Preissteigerungen angekündigt, zum Beispiel für Rollladen-Zubehör (+ von bis zu 44 Prozent), Türbeschläge (+8 Prozent) und Profilzylinder (+4,7 Prozent). Mittlerweile rechnet Lütteke auch einen zeitlichen Puffer für seine Kunden ein, was Bestellungen angeht. „Das hatten wir noch nie, dass wir im Oktober sagen mussten, dass das mit der Lieferung in diesem Jahr nichts mehr wird.“

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Architekten: Planen mit Weitsicht

Architekten haben auf die Misere reagiert. Planung mit Weitsicht ist hier das Gebot der Stunde: „Wir planen gerade unsere Baustellen für März 2022 und machen jetzt schon dafür die Handwerker fest. Bei Neubauten vergeben wir nicht nur den Rohbau, sondern auch schon die Ausbaugewerke wie Haustechnik, Heizung/Sanitär oder Elektro“, sagt Tobias Hermes, Chef des Architekturbüros Archifaktur in Lennestadt. Damit die Handwerker auch das Material frühzeitig disponieren können.

Bauherren: Lieferverzögerungen führen zu doppelter Arbeit

Für Bauherren, die zudem noch viele Gewerke selbst ausführen, war in den letzten Monaten vor allem Improvisation angesagt. Kai-Uwe Wagener, der mit seinen drei Söhnen in Silberg ein Mehrfamilienhaus baut, kann ein Lied davon singen. „An den Fenstern fehlten uns ein paar Leisten, ohne die konnte wir keinen Außenputz machen, so verzögerte sich die ganze Sache.“ Zwischendurch fehlte dann Dämmstoff, der dann in Frankfurt besorgt wurde. Derzeit warten die Bauherren auf spezielles Lärchenholz aus Südtirol für die Giebelverkleidung, das auch schon lange montiert sein sollte. In der Wartezeit haben die bereits montierten OSB-Platten am Giebel Feuchtigkeit gezogen und müssen nun wieder ausgetauscht werden. „Das heißt natürlich alles doppelte Arbeit“, so Wagener.