Finnentrop. Bürgermeister Achim Henkel spricht sich trotz des neuen Gerichtsurteils dafür aus, als Kommune weiter zu planen. Es wird jedoch sehr kompliziert.

Schon vor Jahren beschloss der Finnentroper Gemeinderat, Flächen nordwestlich von Serkenrode sowie nordöstlich von Schöndelt als so genannte Sondergebiete für Windenergie, die bekanntlich vom Gesetzgeber in Außenbereichen privilegiert ist, im Flächennutzungsplan der Gemeinde auszuweisen. Mit dem Hintergedanken, die Ansiedlung im windreichen Frettertal zu steuern. Konkret möchte etwa die SL Energie aus Gladbeck drei Anlagen bei Schöndelt errichten und betreiben.

+++ Lesen Sie hier: Windräder bei Serkenrode: Flugsicherung hat Bedenken +++

Dass Windräder im Gemeindegebiet kommen werden, davon geht Stadtplaner Michael Ahn (Büro WoltersPartner aus Coesfeld) ganz fest aus. Sein Team ist seit dem Jahr 2019 damit beschäftigt, die mehr als 80 Einwändungen, die als Reaktion auf die Ausweisung von Windenergiebereichen bei Serkenrode und Schöndelt aufschlugen, zu durchforsten. „Sie werden hier viel Windkraft bekommen. Wir haben eine Privilegierung in Deutschland“, betonte der Fachmann im Umwelt- und Bauausschuss am Donnerstag.

Das Entscheidungsdilemma

Er machte zugleich auf ein Entscheidungsdilemma aufmerksam, mit dem sich nicht nur, aber auch die Gemeinde Finnentrop und die Politik absehbar beschäftigen muss. Durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, das die Änderungen des Flächennutzungsplans (Ausweisung von Sondergebieten für Windenergie) aufgrund eines formalen Fehlers für unwirksam erklärt, hat die Gemeinde de facto keine Konzentrationszonen mehr und die Pläne können in die Tonne. „Ihre Planungen sind dadurch ab absurdum geführt, Kommunen haben kaum noch eine Chance auf eine Steuerung“, machte Ahn klar.

+++ Das könnte Sie auch interessieren: Nein zur Windkraft am Oberbecken in Finnentrop +++

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Kommunen planen aktiv weiter, was enorm aufwendig wäre und „höchst rechtsunsicher“ bliebe, so Ahn. Eine Möglichkeit ist und bleibt die Zurückstellung eines Bauantrags, um Zeit zu gewinnen. So geschehen auch im Fall der SL Energie, die eben bei Schöndelt bauen möchte.

Auch interessant

Oder aber die Gemeinde Finnentrop überlässt dem Kreis Olpe als Genehmigungsbehörde die Arbeit. Für Bürgermeister Achim Henkel (CDU) keine einfache Entscheidung, dennoch favorisiert er Variante eins. Er will das Steuer nicht aus der Hand geben. „Wir können zwar keine Bauleitplanung auf den Weg bringen, sollten aber trotzdem unsere Möglichkeiten ausloten, wie wir weiter mitplanen können.“ Eine finale Entscheidung wird die Politik jedoch frühestens im Herbst fällen, denn noch ist das Urteil vom Bundesverwaltungsgericht nicht in Landesrecht „gegossen“. Übrigens hat sich die Stadt Lennestadt für zweitere Variante entschieden, sie will allerdings mit den Windkraftunternehmen Verträge über eine ebenso umfassende Bürgerbeteiligung abschließen, als wenn die Stadt Genehmigungsbehörde wäre.

Die Akzeptanzprobleme

Dass die Energiewende auch eine emotionale Seite hat, darauf verwies nicht nur der Bürgermeister, sondern auch Michael Ahn, der von einem Akzeptanzproblem in der Bevölkerung sprach. In erster Linie aufgrund „verständlicher Ängste“ (Ahn) der Bewohner vor Lärm, Infraschall, Wertminderungen von Immobilien und vor der Zerstörung des Landschaftsbildes. Diese Sorgen hat sein Büro auch zahlreich in den Einwendungen wiedergefunden. „Grundsätzlich ist es ein lobenswertes Bürgerengagement, wenn so viele Eingaben kommen. Die müssen wir auch zwingend ernst nehmen“, sagte Ahn.

+++ Das könnte Sie interessieren: Serkenrode: Die Angst vor der Windrad-Umzingelung +++

Er machte jedoch im selben Atemzug klar, dass viele dieser Sorgen unbegründet seien, weil es für den Bau von Windrädern extrem hohe Auflagen geben würde. Dieter Bitter (Freie Wähler) mahnte jedoch an, dass es sehrwohl zu Immobilienwertverlusten kommen würde und auch der Infraschall schädlich sei. Einig waren sich im Übrigen alle – von Verwaltung über Ahn bis in die Politik –, dass die Ausweisung von Windenergie-Bereichen im neuen Regionalplan komplett unnötig sei. Denn, und da kommen wir zum Grundsätzlichen zurück: Die Windkraft ist vom Gesetzgeber her im Außenbereich privilegiert.