Attendorn. Initiative „Entwicklung Bahnhofsquartier“ kritisiert Pläne zum Bau des „Wall-Centers“ in Attendorn und fordert den Re-Start. Das sind fünf Köpfe:

Sie befürchten, dass das „Wall-Center“ am Bahnhof in Attendorn dem Einzelhandel in der Innenstadt schaden wird. Sie fordern, dass die Stadt die Planungen für das große Einkaufszentrum neu auflegt und mit mehr Weitsicht agiert. Doch wer sind eigentlich „sie“ und was genau missfällt „ihnen“ an dem Plan, ein Shopping-Center mit Vollsortimenter, Drogeriemarkt, Apotheke, Textildiscounter und einem ebenerdigem Parkdeck zu bauen? Wir stellen fünf Köpfe der Initiative „Entwicklung Bahnhofsquartier“ vor, die Kritik an den Plänen des Investors – die ITG aus Düsseldorf – und der Verwaltung üben.

Gabriele Kneffel (54)

Gabriele Kneffel leitet die Rossmann-Filiale hinter dem Südsauerlandmuseum. Mit dem Müller, der im Wall-Center einziehen soll, entsteht eine unmittelbare Konkurrenz. Die Attendornerin befürchtet: „Es werden viele Parkplätze entstehen, die wir in der Innenstadt nicht bieten können. Dadurch, dass im Wall-Center alles unter einem Dach angeboten wird, so glaube ich, wird der Kunde den Schwerpunkt seines Einkaufes dorthin verlegen, wo er parken kann.“ Also ins neue Einkaufszentrum. Sie fragt die Verwaltung: „Warum das vielfältige Angebot in Attendorn nicht sinnvoll ergänzen, statt es zu duplizieren?“

Markus Harnischmacher (52)

Markus Harnischmacher betreibt seit 1996 seine eigene Konditorei an der Niedersten Straße. Er fürchtet um deutlich sinkende Umsatzzahlen, die so auch aus einer Auswirkungsanalyse – vom Investor selbst in Auftrag gegeben – hervorgehen: Von den errechneten Umsätzen des Wall-Centers, gut 15 Millionen Euro pro Jahr, wird der überwiegende Teil durch Umsatzumverteilung zustande kommen. Die kleinen Läden in der Stadt wären die Verlierer.

Das ist die Initiative:

Rita und Volker Arndt, Klaus Böckeler, Jörg Dornseifer, Rainer Eiden, Petra und Michael Frey, Sylvia Gante, Uta und Markus Harnischmacher, Bianka und Frank Harnischmacher, Magnus Hengstebeck, Marius Hengstebeck, Bettina, Dieter und Sven Jakob, Gabriele Kneffel, Eva und Sascha Koch, Nicole und Guido Kost, Viola und Thomas Maiworm, Monika Berlingen-Neu und Herbert Neu, Claudia und Claus Ortmann, Jan Otterbach, Lorin und Dr. Lukas Peiffer, Hedwig Holthoff-Peiffer und Karl Emil Peiffer, Maik Rosenberg, Peter Schneidersmann, Anke Schulz, Michael Schuster, Marion Schwarte, Anja und Christian Springob, Walter Viegener

Harnischmacher: „Der Umsatzrückgang für die Geschäfte aus der Innenstadt würde den Inhabern die Motivation nehmen, jeden Tag aufs Neue von morgens bis abends im Geschäft zu stehen, wenn am Ende des Tages nichts mehr übrig bleibt. Es würde eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die zu einem Ausbluten der Innenstadt führen würde.“

Auch interessant

Die Einzelhändler hätten auch ohne das Wall-Center zu kämpfen, etwa mit dem Onlinehandel oder dem Innenstadtausbau, der zwar überfällig gewesen sei, aber auch zu Einbußen für Einzelhandel und Gastronomie geführt habe. Darüber hinaus sei es lohnenswerter, im Obergeschoss des neuen Einkaufszentrums bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der ist allerdings nicht vorgesehen. Seine Forderung: ein neues Konzept, das „in Größe, Sortiment und Baustil zu unserer schönen Heimatstadt passen würde.“

Marion Schwarte (65)

Auch interessant

Ähnlich äußert sich auch Marion Schwarte. Die engagierte CDU-Politikerin, unter anderem Mitglied des Kreistags, betont: „Man bekommt in Attendorn alles, was man braucht. Für einen weiteren Lebensmittelmarkt und für eine zusätzliche Apotheke sehe ich keinen Bedarf.“ Auch sie fürchtet um den Einzelhandel im Stadtzentrum und erklärt: „Es liegt auf der Hand, dass das Vorhaben Geschäftsaufgaben auslösen wird und damit das örtliche, kleingliedrige Einzelhandelsangebot, das unsere Stadt im Zentrum charakterisiert, massiv destabilisiert.“

Auch interessant

Deshalb fragt sie: „Wie soll rund um Alter Markt und Pfarrkirche noch Leben stattfinden, wenn die Kundenströme massiv in die östliche Innenstadt gelenkt würden?“

Und nicht nur das: das Bauvorhaben verstoße in großen Teilen gegen das Innenstadtentwicklungskonzept (und den Bebauungsplan), das ein mehrgeschossiges Gebäude inklusive Wohnraum und Tiefgarage im neuen „Wall-Center“ vorsieht. Beides ist nicht geplant. Zudem kritisiert Schwarte, dass es keinen städtebaulichen Wettbewerb gegeben habe. Und auch die Bürgerbeteiligung sei zu kurz ausgefallen.

Rainer Eiden (55)

Auch interessant

Rainer Eiden ist Chef der Parfümerie Aurel an der Kölner Straße mit rund 20 Mitarbeitern. „Wir fürchten, dass die Innenstadt durch das Wall-Center erheblich an Attraktivität verlieren wird“, betont der Geschäftsführer und erinnert sich zurück: „Schon der Bau des Allee-Centers hat seinerzeit zu deutlichen Abwanderungen aus der Innenstadt geführt, die nie kompensiert werden konnten.“ Sortimente wie Lebensmittelmarkt, Drogerie oder Apotheken seien in ausreichender Anzahl, Fläche und Qualität in Attendorn vorhanden. Eiden: „Sinnvoller ist eindeutig, das geplante Areal durch attraktiven Handel, Dienstleister, Cafés und dringend benötigten, bezahlbaren Wohnraum zu besetzen, der den zunehmenden Ansprüchen der Attendorner nach sozialen Kontaktmöglichkeiten Rechnung trägt.“

Auch interessant

Er fürchtet eine Schließungswelle im Fachhandel, die nicht nur Arbeitsplätze vernichte, sondern auch zu Leerständen führe. Und er kann dem geplanten Baukörper mit einer Höhe von rund 14 Metern nichts abgewinnen. Eiden zieht den Vergleich zur Arbeit eines Mediziners: „Es hat den Anschein, als würde ein Chirurg eine Prothese bestellen, dann von einem gesunden Patienten ein gesundes Bein amputieren, um danach die bestellte und gelieferte Prothese anzupassen. Und dem früher völlig gesunden Patient wird dann erklärt, das sei notwendig gewesen und völlig problemlos, denn er könne ja mit der schönen neuen Prothese weiterhin laufen.“

Hedwig Holthoff-Peiffer (67)

Die Argumente ihrer Mitstreiter aus der Initiative kann Hedwig Holthoff-Peiffer unterstreichen. Die Rechtsanwältin und Notarin aus Attendorn kritisiert, dass das Angebot der Innenstadt nicht ergänzt würde und fehlende Warensortimente weiterhin fehlen werden. Darüber hinaus würde der Einzelhandel im Stadtkern nachhaltig geschädigt und Leerstände von Geschäftslokalen billigend in Kauf genommen. Die Attendornerin sieht aber noch ein anderes Problem: Im Innenstadtentwicklungskonzept steht geschrieben, dass die Fläche am Busbahnhof in Zukunft ein Bindeglied zur Innenstadt darstellen solle.

Aber: „Weder baulich noch optisch wird ein Anreiz geschaffen, nach einem Einkauf im Wall-Center mit guter verkehrlicher Erreichbarkeit und großzügigem kostenlosen Stellplatzangebot noch den Stadtkern zu besuchen. Der einzige Kunden-Eingangs- und Ausgangsbereich des Wall-Center ist in Richtung Bahnhof/Allee-Center gelegen.“