Attendorn. Volker und Rita Arndt fürchten, dass das neue Einkaufszentrum in Attendorn erhebliche Beeinträchtigungen für ihre Mieter mit sich bringt.
Es ist ein Szenario, das Volker und Rita Arndt abschreckt. Wenn die Bagger anrollen, um mit dem Bau des neuen Einkaufszentrums am Attendorner Bahnhof zu beginnen, könnte es für die Familien, die in der Immobilie von Rita Arndt an der Bahnhofstraße 4 wohnen, mit der Ruhe vorbei sein. Und auch nach der Fertigstellung des Wall-Centers fürchten beide um massive Einschränkungen für ihre Mieter. Verursacht durch Lärm, Abgase und Verschattungen. Deshalb hat die Familie von der Möglichkeit der öffentlichen Beteiligung Gebrauch gemacht und eine Stellungnahme ins Rathaus geschickt.
Bei allen Gutachten und Analysen, die im Vorfeld ausgearbeitet und in der Öffentlichkeit bereits diskutiert wurden, kritisiert der Diplom-Kaufmann, seien die Auswirkungen auf die unmittelbare Nachbarschaft des Wall-Centers nicht berücksichtigt worden.
Vom Drogeriemarkt bis zum Lebensmittelfachgeschäft
Wie bereits mehrfach berichtet, werden auf dem Gelände des ehemaligen Busbahnhofes unter anderem die Drogeriemarktkette Müller, ein Lebensmittelvollsortimenter, der bereits bestehende „Kik“ und eine Apotheke einziehen. Ebenso geplant ist ein ebenerdiges Parkdeck mit rund 160 Parkplätzen. Investor ist die „Immobilien Treuhand GmbH“ (ITG) aus Düsseldorf.
Viele Einzelhändler und Dienstleister fürchten um ihre Existenz, geht bekanntlich aus einem Auswirkungsgutachten hervor, dass es zu massiven Umsatzumverteilungen innerhalb der Stadt kommen wird.
Die Ängste der beiden sind greifbar: Sie fürchten extrem hohe Lärm- und Abgaswerte, wenn täglich hunderte Autos im Parkdeck ein- und ausfahren und rangieren. Die neben der Ein- und Ausfahrt laut vorhabenbezogenem Bebauungsplan einzige Öffnung des Parkdecks befindet sich im Blickfeld der Balkone an dem Wohn- und Geschäftshaus von Rita Arndt, in dem sich auch eine Logopädiepraxis und ein Schulungsraum der Firma Dornseifer befinden. Ob die geplanten zwei Meter hohen Gabionen als Mauer bei weiterhin nach oben offenem Parkdeck da ausreichend Schutz bieten, bezweifelt Volker Arndt. Ähnlich verhält es sich mit dem Sonnenlicht. Durch die hohen Wände des neuen Einkaufszentrums, die unmittelbar an ihr Haus angrenzen, fürchtet das Ehepaar Arndt eine „Einkerkerung“.
Ungeschützter Blick auf Balkone
Und weiter: Die Privatsphäre sei dadurch beeinträchtigt, dass die Besucher des Wall-Centers durch die großen Scheiben einen ungeschützten Blick auf die Balkone hätten. Nicht zuletzt werden, da ist sich der Diplom-Kaufmann sicher, die Mieter unter den massiven Emissionsbelastungen leiden, unter anderem verursacht durch eine Vielzahl von Wärmetauschern und Entlüftungsgeräten im Wall-Center. Ganz nebenbei fürchten sich die Arndts vor materiellen Schäden an der eigenen Immobilie, verursacht etwa durch das Ausgraben der Fundamente des neuen Einkaufszentrums.
Bereits Ende Februar waren die beiden zu einem Gespräch im Rathaus, um mit Baudezernent Carsten Graumann zu sprechen. Ihr Ziel: die negativen Auswirkungen auf ein Minimum begrenzen, beispielsweise durch einen kompletten Verzicht auf die Öffnung im Parkdeck. Auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigt Carsten Graumann dieses Gespräch und erklärt: „Wir nehmen diese Sorgen sehr ernst und setzen uns intensiv damit auseinander. Eintragungen wie von der Familie Arndt tragen dazu bei, dass wir ein umfassendes Bild bekommen.“
Arndt: Verstoß gegen Konzept
Im Übrigen stört sich Volker Arndt an dem Bauvorhaben schon aus dem Grunde, dass es gegen die Vereinbarungen aus dem Innenstadtentwicklungskonzept verstoße. Dort stehe nämlich schwarz auf weiß, dass in dem Konzept zur großflächigen Einzelhandelsnutzung von einem Warensortiment die Rede sei, dass das Angebot der Innenstadt ergänzt – und nicht ersetzt werden soll. „Aus meiner Sicht kommt es hier ausschließlich zu einer Substitution, sprich zu einem Ersetzen der Anbieter aus der Innenstadt“, kritisiert Volker Arndt und macht dies fest an den Zahlen, die das viel besagte Gutachten zur Auswirkungsanalyse (GMA) nennt: Umsatzumverteilungen in Millionenhöhe, vor allem in den Segmenten Nahrung/Genuss und Gesundheit/Körperpflege.
Im Gutachten wird dabei von rund 9,5 Millionen Euro ausgegangen. Es sei an der Zeit darüber nachzudenken, so Volker Arndt, welche Sortimente tatsächlich in Attendorn fehlen würden, wie beispielsweise ein Reformhaus mit umfassendem Warenangebot.
„Denn eines ist klar: Wir wollen uns nicht grundsätzlich gegen die Entwicklung wehren und wissen um das Filetstück, das der alte Bahnhof bietet“, erklärt er. Er weiß aber auch, dass das Bauprojekt nicht zu Lasten der direkten Nachbarschaft durchgeboxt werden sollte. Die wäre nämlich zuallererst von den Auswirkungen betroffen.