Herdecke. Bei einer Spendenübergabe an die Bürgerstiftung Herdecke berichten Vertreter von Mark-E, wie gut die Steinaktion ankam und wie der Abbruch läuft.

Kaum nähert sich die Gruppe zum Fototermin dem Cuno-Schornstein, dröhnen von oben die Tacker-Geräusche durch das Tal. Alle blicken hinauf und sehen, dass die Herdecker Landmarke in den vergangenen Wochen beträchtlich geschrumpft ist. Aktuell ragt der Kamin an der Wetterstraße nur noch 155 statt einst 248 Meter in die Höhe. Während die Abrissarbeiten hörbar andauern, hat die Mark-E als Eigentümerin des Turms eine bemerkenswerte Aktion beendet.

Ausgabe in vorletzter Märzwoche

„Cuno 1984 bis 2024: Ein Stück Erinnerung“ stand als Überschrift über der kostenlosen Ausgabe von Bruchsteinen. In der vorletzten März-Woche sicherten sich Interessierte aus Herdecke und Umgebung mehr als 1500 Brocken von dem immer kleiner werdenden Wahrzeichen am langjährigen Kraftwerksstandort. „Wir wollten das Bauwerk würdevoll verabschieden. Dass die Bruchstücke solch einen reißenden Absatz und ein großes mediales Echo finden würden, hat uns sowohl gefreut als auch überrascht“, sagt Alexander ten Hompel, Marketingleiter beim Energieversorger Enervie (Mutterkonzern von Mark-E).

1300 Steine aufbereitet

Fast 1300 Steine des Rauchgaskamins hatte das Unternehmen auf Platten geklebt und mit einem Echtheits-Zertifikat versehen. Hinzu kamen knapp 300 Erinnerungsstücke ohne Aufarbeitung, die ein Spezialbagger in luftiger Höhe aus dem Turm stemmte. „Wir hatten nur ein Bruchstück pro Person vorgesehen. Manche kamen aber täglich zur Ausgabestelle, wo sich mitunter eine lange Schlange bildete“, so ten Hompel, der von netten Gesprächen während der Aktion berichtete. „Wir merkten schnell, dass es sich dabei um ein hochemotionales Thema handele. Einer wollte aus den Steinen einen Grill bauen, es gab einige schöne Randgeschichten. “

Wehmut und tolle Resonanz

Auch Enervie-Vorstandssprecher Erik Höhne hatte mit solch einer Resonanz nicht gerechnet. „Bei manchen kam Wehmut auf, da die Landmarke verschwindet und sie mit dem Turm eine Art Zuhause verbinden. Im Vergleich zu anderen Kraftwerksstandorten, wo ebenfalls etwas abgerissen wird, ist das hier schon etwas Besonderes. Da der Abbruch nicht geräuschlos vonstattengeht, ist es umso schöner, dass die Aktion von allen so positiv begleitet wurde.“ Das sei auch ein gutes Signal für den künftigen Neuanfang auf dem Gelände oberhalb der Wetterstraße. Wann dort nach dem Ende der Abriss- und folgenden Verfüllungsarbeiten Photovoltaikanlagen stehen, konnte Höhne aber noch nicht sagen.

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Konkreter kann da schon die Bürgerstiftung Herdecke in die Zukunft gucken, die profitiert in dem Zusammenhang von zwei Aktionen. Mark-E hatte einerseits während der Steinausgabe eine Box für freiwillige Spenden platziert. Andererseits gestaltete die Hagener Künstlerin Beba Ilic im Auftrag des Versorgers drei verschiedene Bilder vom Cuno mit Bruchstücken, die limitierte Sonderedition konnten Interessierte bis Ende April kaufen. Der Gesamterlös: 4360,91 Euro. „Darüber freuen wir uns sehr“, so Vorsitzende Annette Brincker.

Urlaubsgeld für finanzschwache Familien

Die Bürgerstiftung will das erhaltene Geld für einkommensschwache Familien und zu deren Urlaubsfinanzierung im Sommer nutzen. „Das unterstützen wir jetzt zum fünften Mal, wobei es wegen diverser Kostensteigerungen zur Disposition stand“, erklärt Vorstandsmitglied Andreas Schüren. Nach den bisherigen Fahrten in die Eifel kann die Herdecker Einrichtung nun in den großen Ferien vor allem Kindern einen Aufenthalt am Möhnesee ermöglichen. Das Geld von der Bruchstein-Aktion decke die Hälfte der Ausgaben, die Auswahl der Familien übernehmen der heimische Kinderschutzbund und der Verein zur Förderung christlicher Sozialarbeit (VCS).

Bild-Geschenk

Über Jenny Steinhoff, die sich den Cuno-Schornstein als Erinnerung an ihren bei Mark-E beschäftigten Großvater als Tattoo auf den Unterarm („Opas Turm“) stechen ließ, hat die Redaktion berichtet.

Aufgrund ihrer besonderen Verbindung zu dem Rauchgaskamin und ihrer häufigen Präsenz während der fast einwöchigen Steinausgabe hat Mark-E der Herdeckerin ein Ilic-Bild vom „Cuno“ geschenkt. Steinhoff habe sich sehr darüber und herzlich bedankt, sie habe dafür auch schon einen schönen Platz in der Wohnung gefunden.

Geschenk von Mark-E: Die Herdeckerin Jenny Steinhoff, die sich den Cuno-Schornstein in Erinnerung an ihren Opa als Tattoo hat stechen lassen, mit einem Bild der Künstlerin Beba Ilic.
Geschenk von Mark-E: Die Herdeckerin Jenny Steinhoff, die sich den Cuno-Schornstein in Erinnerung an ihren Opa als Tattoo hat stechen lassen, mit einem Bild der Künstlerin Beba Ilic. © WP | Andreas Köster/Mark-E

Vergnügt verfolgte Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster die Entwicklungen und Erzählungen. „Ohne einen hartnäckigen Herdecker, der mir mehrfach und dann auch Mark-E diese Verteilaktion vorgeschlagen hatte, wäre all das nicht geschehen.“ Mit einem Augenzwinkern nannte sie die Turm-Bruchstücke „das weiße Gold von Herdecke“. Die Stadt habe sich einige Brocken und Bilder gesichert, um diese bei bestimmten Anlässen verschenken oder vergeben zu können. „Im Rathaus unserer Partnerstadt Blankenburg hängt bereits ein Cuno-Bild, das haben wir während der Maiwoche überreicht.“

Abriss endet in einigen Wochen

Zudem wollte Strauss-Köster noch wissen, wie lange denn der Schornstein wohl noch existiert. Drei Meter „knabbert“ der Spezialbagger derzeit täglich im Stemmverfahren ab, heißt es seitens Mark-E. Bei der 70-Meter-Marke (also in rund fünf oder sechs Wochen) beginne die finale Etappe, beim recht kurzen Endspurt lassen sich größere Bruchstücke entfernen. „Dann wird es auch leiser“, so Erik Höhne. Das Abriss-Ende liege also im Sommer, so zwischen Juli und August.