Herdecke. Sehr zufrieden ist Mark-E mit der kostenlosen Ausgabe von Bruchstücken des Schornsteins. Der schrumpft immer mehr, die Kunstaktion geht weiter.
Ein Stein als eine Art Trophäe: Auf verschiedenen Internetseiten haben Herdeckerinnen und Herdecker in den vergangenen Tagen stets das gleiche Bild hochgeladen. Dabei handelt es sich um ein Geschenk von Mark-E. Der Hagener Versorger reißt momentan bekanntlich den Cuno-Turm ab und hat (wie berichtet) vom 19. bis 24. März eine Agentur beauftragt, kostenlos Erinnerungs-Stücke von dieser Landmarke an Interessierte auszugeben. Das Fazit: „Grundsätzlich können wir schon jetzt sagen, dass die Aktion ein voller Erfolg war“, heißt es am Montag aus der Pressestelle des Mutterkonzerns Enervie.
Viel positive Resonanz
Demnach haben viele Interessenten sich ihr persönliches Erinnerungsstück abgeholt. „Und wir haben auch sehr viel positives Feedback zur Aktion erhalten“, so ein Sprecher von Mark-E beziehungsweise Enervie. Dieser Eindruck bestätigt sich angesichts vieler Fotos auf Facebookseiten oder auch durch Gespräche vor Ort. Sowohl die Lokalredaktion als auch Fernsehsender haben sich während der sechstägigen Ausgabe auf dem Kraftwerksgelände an der Herdecker Wetterstraße umgehört und viele Menschen mit guter Laune angetroffen.
„Ein Stück Heimat“
Giesela und Bernd Prinz etwa. Das Ehepaar aus Herdecke kommt kurz vor Toreschluss zum Parkplatz neben dem Pförtnerhäuschen. Dort stehen auf einem Tisch zahlreiche Bruchsteine noch zum kostenlosen Mitnehmen bereit. Als „Ur-Herdecker“ betrachten die Beiden es fast schon als eine Art Selbstverständlichkeit, sich solch ein Relikt zu sichern. Sie sprechen von Treue zur Heimat und von einem heimatlichen Gefühl, wenn sie an den Cuno-Schornstein denken und sich beispielsweise von Lüdenscheid über die A45 ihrer Kleinstadt nähern. „Leider kann er ja nicht mehr stehen bleiben“, sagt Bernd Prinz, während seine Frau fröhlich zwei Exemplare auswählt. „Eine schöne Erinnerung an den Turm“, sagt sie.
Herdecke und der „Cuno“, das gehört zusammen
Ähnlich formuliert es Joel Pürschel. Der 21-Jährige bezeichnet sich durch und durch als Herdecker, seine Mutter habe ihn auf die Gratis-Aktion aufmerksam gemacht. Für seine Freundin und sich selbst sichert sich der junge Mann ein Stück vom alten Rauchgaskamin. Und sagt: „Der Turm ist Herdecke, den sieht man von ewig weit weg. Ich bin hier aufgewachsen und früher oft hier im Wald unterhalb des Schornsteins unterwegs gewesen, der ‚Cuno‘ blieb dabei immer gut im Blick.“ Pürschel mag die Landmarke und will sich einen Stein in seiner Wohnung auf ein Sideboard stellen. Dies sei der Ort, wo sich „wichtige Dinge“ befinden, auch diese Erinnerung an seine Heimatstadt gehöre nun dazu.
Große Nachfrage, Platten-Nachschub aus Holland
Lilli und und Robert Möller von der beauftragten Agentur hören in den sechs Tagen zahlreiche solcher Geschichten. Die Beiden geben für Mark-E einen Cuno-Stein nach dem anderen heraus. „Es ist der Wahnsinn, was hier abgeht“, sagen die Zwei am späten Donnerstagsnachmittag. „Die Leute stehen teils schon eine halbe Stunde vor dem Start der Ausgabe hier auf dem Parkplatz, um 12 Uhr bildet sich eine Schlange. Insgesamt läuft hier alles in einer super-netten Atmosphäre ab, die Leute sind gut drauf und freuen sich.“ Zur eingerichteten Ausgabestation kommen Männlein wie Weiblein, Jung und Alt. Viele kennen „ihre Stadt“ nur mit dem Turm, entsprechend persönlich betrachten sie die Geschenke von Mark-E.
„Wir sind hier fast non-stop mit der Steineproduktion beschäftigt“, sagen die Möllers und zeigen Videos, wie hunderte Erinnerungsbrocken auf eine schwarze Platte befestigt und mit einem Zertifikat von Mark-E versehen werden. Motto: Erst Steine kloppen, dann kleben. Der reißende Absatz dieses außergewöhnlichen Andenkens führt dazu, dass Robert Möller kurzfristig noch in die Niederlande fährt. „Die kleinen Platten haben nicht mehr ausgereicht, auf der Suche nach Nachschub habe ich etwas in Holland gefunden und abgeholt.“
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Auch der eingerichtete Selfie-Point, an dem Gäste ein Erinnerungs-Foto von der Landmarke im Hintergrund schießen können, sei gut angenommen worden. Obendrein profitiert (wie berichtet) die Bürgerstiftung Herdecke von freiwilligen Spenden. Eine Box, die sich neben den Erinnerungs-Steinen befindet, habe sich mit Geldscheinen ganz gut gefüllt. Wobei der „schnöde Mammon“ gegenüber manchen Geschichten der Abholer verblasst. „Jemand hat sich hier ein Bruchstück gesichert, um es als Grabschmuck auf einen Friedhof zu legen“, erzählt Lilli Möller. „Es gibt hier mehrere solch berührender und persönlicher Geschichten.“
Kunstaktion geht weiter
Während mit dem Abriss des Cuno-Schornsteins bald (voraussichtlich im Sommer) ein Teil der „Herdecker Skyline“, wie es ein Abholer formulierte, fehlt, läuft derzeit noch die begleitende Kunstaktion.
Die Fotografin und Künstlerin Beba Ilic bietet drei Bilder mit der Herdecker Landmarke als limitierte Sonder-Edition an. Zu sehen ist das in ihrer Pop-Art-Gallery in der Hagener Volme-Galerie am Friedrich-Ebert-Platz 3. Der Erlös aus dem Verkauf (die Werke kosten 50, 100 und 300 Euro) kommt der Bürgerstiftung Herdecke zugute.
Die Ausgabe von diesen besonderen Sammlerstücken, die als Symbol an die hiesige Industriekultur auch Auswärtige etwa aus Dortmund, Bochum, Witten oder anderen Städten angelockt hat, ist nun beendet. Viele haben sich ein Herdecker Erinnerungs-Stück an Land gezogen, vergleichbar mit dem berühmten Beispiel von der Berliner Mauer.
Vierstellig
Ach so, wie viele Steine hat Mark-E denn insgesamt herausgegeben? Eine genaue Zahl kann der Versorger am Montag noch nicht nennen. Doch Lilli und und Robert Möller berichten bereits am Donnerstag kurz nach Feierabend, dass die vierstellige Marke geknackt wurde.