Herdecke. Durch das Innere des alten Rauchgaskamins fallen erst kleinere, bald größere Teile der Außenfassade. Das ist nicht nur in Herdecke wahrnehmbar.
Tak-tak-tak. Die lauten Geräusche kommen vom Cuno-Schornstein. Vor allem das Tackern, das sich wie ein Maschinengewehr anhört, lässt sich je nach Windrichtung auch hinter den Stadtgrenzen von Herdecke wahrnehmen. Hier neben der Wetterstraße lässt der Energieversorger Mark-E bekanntlich den 248 Meter hohen Rauchgaskamin abbauen. Wobei vor allem Anwohner und Passanten in der vergangenen Woche erstmals akustisch mitbekommen haben, wie sich der Schall der angewendeten Stemmtechnik ausbreitet.
Betonteile fallen nach innen auf Schotterbett
Nach den Vorarbeiten im vergangenen Jahr sorgt ein besonderes Baugerät in den nächsten Monaten dafür, dass die Außenröhre des Turms Stück für Stück fällt. Und zwar nach innen, wie Oliver Rabe von Mark-E erklärt. „Einen sieben Tonnen schweren Bagger hat die zuständige Firma in einem längeren Zeitraum hoch zur Turmspitze gezogen. Dann wurden und werden demnächst immer wieder Löcher in die Fassade gehauen, damit darin dessen drei Beine Halt finden. Per Fernsteuerung bedienen dann die Mitarbeitenden oben den Ausleger, um die Betonhülle quasi abzuknabbern“, berichtet der Projektleiter und ergänzt, dass es sich um einen eigens für solche Unterfangen entwickelten Prototypen handele.
Klingt kompliziert, gehört laut Rabe aber zu den gängigen Verfahren bei ähnlichen Abbruchvorhaben. Die verantwortlichen Firmen Landwehr und Mende gehen davon aus, damit pro Arbeitstag ungefähr zwei Meter des Schornsteins abtragen zu können. Allerdings nur, wenn der Wind mitspielt. Denn nur dann können meist drei Fachkräfte die halbstündige Fahrt mit dem installierten Aufzug zur oben eingerichteten Plattform antreten, während ein Kollege unten am „Cuno“ die Szenerie überwacht. Mark-E hat zudem eine Sicherheitszone eingerichtet und das unmittelbare Umfeld auch im Wald vorsorglich gesperrt.
„Das Tacker-Geräusch entsteht an der Turmspitze durch einen Spitzmeißel und das Stemmen“, so der Projektleiter. Nur selten nehmen Anwohner und Passanten wahr, wenn ein in luftiger Höhe abgebrochenes Betonteil nach unten auf ein aufgeschüttetes Fallbett aus Schotter stürzt. „In der ersten Phase schlagen die Mitarbeitenden nur feinteilig Steine am oberen Rand heraus. Der Bagger agiert mit dem Ausleger oberhalb seines Standpunkts, den sollen von dort herabfallende Teile nicht beschädigen“, sagt Rabe. Größere Stücke lassen sich demnächst dann abreißen, wenn das Baugerät auf seinem Niveau oder unter sich agieren kann, ehe es dann selbst weiter nach unten bis auf eine Höhe von 90 Metern „wandert“. Danach komme noch ein größeres Modell zum Einsatz.
Auch die Firmen-Angestellten sorgen demnächst händisch dafür, dass der höchste Ring Schritt für Schritt verschwindet. „Die trennen mit der Flex die Stahlarmierung der vom Bagger herausgelösten Betonteile ab“, so Rabe. Noch gehe es aus genannten Gründen langsam vor- bzw. abwärts, mitunter bröckeln aber bald Blockformate von 1,50 x 1,50 Meter nach unten. Das Ziel bleibe bestehen: Alles soll nach innen fallen.
Zweigeteilte Meinungen
Im Interview mit den beiden Bürgermeistern aus Herdecke und Wetter sagte Frank Hasenberg, dass er an den weithin erkennbaren Cuno-Schornstein im Zusammenhang mit Fahrten über Autobahnen denke. „Wenn man den sieht, weiß man, dass es nicht mehr weit nach Hause ist.“
Seine Amtskollegin berichtet, dass die Herdecker bezüglich des laufenden Abbruchs zweigeteilter Meinung seien. „Einige betrachten ihn als Abgas-Schornstein, um den es damals beim Bau viel Streit gab. Andere verbinden damit ein Stück Heimat, das bald fehlt“, meint Katja Strauss-Köster. „Ich persönlich bin froh, dass sich an der Stelle eine Fläche für Photovoltaikanlagen schaffen lässt.“
In dieser Woche muss niemand die Lauscher aufsperren. Aus firmeninternen Gründen ruhen die Arbeiten am Cuno-Schornstein, ehe es dann nach dem Monatswechsel weitergeht. Oliver Rabe: „Im Februar wird man Abbruch-Fortschritte am Turm dann gut erkennen können.“
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