Herdecke. Seit September steht das traditionsreiche Restaurant im Zentrum von Herdecke leer. Der Eigentümer berichtet, was zwischenzeitlich geschehen ist.

Mal kurz überlegen: Welche Gastronomie dürfte in Herdecke am bekanntesten sein? Vermutlich antworten viele Einheimische auf diese Frage mit – Haus Pfingsten. Dabei handelt es sich um das traditionsreichste Lokal in der Stadt an den Ruhrseen, die Geschichte umfasst einige Jahrhunderte. Doch das zentral gelegene Restaurant in dem denkmalgeschützten Fachwerkgebäude an der Bahnhofstraße 1 steht seit Monaten leer. Manche machen sich Sorgen, der Eigentümer der Immobilie am Stiftsplatz eher nicht.

Pächterwechsel im Sommer 2023

Friedrich-Wilhelm Vaerst, in Herdecke wahrlich kein Unbekannter, blickt bezüglich Haus Pfingsten auf ein unruhiges Jahr zurück. Zunächst erfuhr der Eigentümer von dem Betreiber-Paar Brankica und Nedo Balic, dass diese trotz eines Vertrags bis 2025 bereits im Sommer 2023 aufhören wollten. Die kroatische Pächter-Familie hatte die Gastronomie zwischen Rathaus und Sparkasse 2010 übernommen (zuvor waren die Balics 16 Jahre lang im Haus Hesse an der Schanze aktiv).

Brankica und Nedo Balic übergaben das Haus Pfingsten im August 2023 an einen neuen Pächter. 
Brankica und Nedo Balic übergaben das Haus Pfingsten im August 2023 an einen neuen Pächter.  © WP | Yvonne Held

Die Vereinbarung mit dem Vermieter für das historische Gebäude am Stiftsplatz: Rückzug dann, wenn ein Nachfolger feststeht und ein möglichst nahtloser Übergang erfolgen kann.

Insolvenz verschwiegen

Das klappte dann auch, Ende Juli war für Familie Balic Schluss. Der neue Pächter, ein Gastronom mit Erfahrungen aus Dortmund (unter anderem im mittlerweile ebenfalls geschlossenen Stadewäldchen), öffnete das Haus Pfingsten im Spätsommer bereits nach wenigen Tagen wieder. Kurz darauf war am 15. September schon wieder Schluss. „Er kam zwei Wochen nach seinem Start auf mich zu und berichtete mir von seinen finanziellen Schwierigkeiten. Von einem Insolvenzverfahren aus 2021 hatte er mir vorher nichts erzählt, er hatte bei mir zunächst einen vernünftigen Eindruck hinterlassen“, so Vaerst. „Von anderen aus der Szene hatte ich im Vorfeld gehört, dass das ein guter Mann sein soll.“

Eindrucksvolles Gebäude: Das Fachwerkhaus am Stiftsplatz steht unter Denkmalschutz.
Eindrucksvolles Gebäude: Das Fachwerkhaus am Stiftsplatz steht unter Denkmalschutz. © WP - Wetter | Nadine Przystow

Es wurde ein kurzes Gastspiel. Seither sucht der Herdecker wieder eine Nachfolgelösung. „Mein Wunsch ist es, dass wir mit einer deutschen Küche wieder Gäste hier hinlocken können“, sagt der Inhaber der Immobilie, die im 18. Jahrhundert die Stiftsbrauerei und -bäckerei beherbergt hat. Nach der Auflösung des Stifts folgte 1811 ein Wirtshaus. 1821/22 entstand auf dem alten Grundriss ein neuer Fachwerkbau, die Inhaber betrieben ebenfalls eine Bäckerei sowie eine Wirtschaft. Später zog Familie Pfingsten hier ein und richtete eine Gaststätte her. Mindestens sieben Generationen der nachfolgenden Verwandten führten die kulinarischen Geschäfte dann fort. In den 1970- und 1980-er Jahren lockten vor allem die Jungheims als Betreiber viele Gäste wie etwa heimische Handballer an.

Leere Schautafeln: Inhaber Friedrich-Wilhelm Vaerst hofft auf eine baldige Neueröffnung.
Leere Schautafeln: Inhaber Friedrich-Wilhelm Vaerst hofft auf eine baldige Neueröffnung. © WP | Steffen Gerber

Hinein in die Gegenwart. Friedrich-Wilhelm Vaerst hat bezüglich seiner Haus-Pfingsten-Suche beispielsweise Brauereien informiert, mit denen will er an der Bahnhofstraße 1 aber keine Kooperation eingehen. Interessierte Pächter hatten sich in den vergangenen Wochen auch mal vorgestellt, zu einer Vereinbarung mit dem Eigentümer kam es aber nicht. Es habe nicht gepasst, sagt der Herdecker und klingt trotz des nun schon Monate anhaltenden Leerstands noch entspannt. Wobei solch eine unbefriedigende Phase für diese Gastronomie ungewöhnlich sei.

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„Ich verspüre da keinen Druck, schnell jemanden finden zu müssen. Ich will eine vernünftige Lösung“, sagt Vaerst. Womöglich könne das noch etwas dauern. Schwer einzuschätzen seien für ihn die Folgen der zum 1. Januar 2024 erhöhten Mehrwertsteuer. Seit Kurzem gilt wieder ein Satz von 19 statt zuvor sieben Prozent. „Das ist für mich schwer zu beurteilen, wie sich das generell in der Szene und auch bei einer Nachfolge-Suche auswirkt.“

In der Herdecker Gaststätte Rilasso steht in wenigen Wochen ein Betreiberwechsel an.
In der Herdecker Gaststätte Rilasso steht in wenigen Wochen ein Betreiberwechsel an. © WP | Steffen Gerber

Betreiberwechsel im Rilasso

An der Dortmunder Landstraße 45 können und konnten sich Gäste in der jüngeren Vergangenheit auf eine italienische Küche freuen. Nach mehr als 20 Jahren schloss dort 2022 das Restaurant „Da Raffaele“, seither speisen Herdeckerinnen und Herdecker sowie Auswärtige im „Rilasso“.

Nun steht ein weiterer Betreiberwechsel an. „Aus gesundheitlichen Gründen“, so der Eigentümer des Hauses, ziehen sich die aktuellen Gastronomen zurück. Das erfolgt nun am 31. Januar.

Es gehe dann aber italienisch weiter. „Wir hoffen auf eine Küche, wie wir sie in Zeiten von Da Raffaele erlebt haben“, heißt es. Die Übernahme erfolge zum 1. Februar, wahrscheinlich soll das Restaurant dann am 15. Februar erstmals wieder öffnen. Große Renovierungs- oder Umbauarbeiten sind nicht geplant.

Auch der neue Titel scheint schon festzustehen, der orientiert sich am Vornamen des künftigen Pächters: Das Restaurant heißt demnächst wohl „Vincenzo“.

Somit bleibt es am Rande des Stiftsplatzes in Herdecke noch eine Zeit lang beim Leerstand. Den mag, egal wo, niemand. An zentraler Stelle umso weniger. „Mich haben schon mehrere darauf angesprochen“, sagt Vaerst und bestätigt damit, dass die Entwicklungen rund um das Haus Pfingsten doch viele Einheimische beschäftigen.