Wetter/Herdecke. Auf 50 Bewerber in Wetter und Herdecke sind derzeit noch auf der Suche nach einer Lehrstelle. Ihre Chancen stehen so gut wie nie.
In gut einer Woche beginnt für viele Jugendliche und junge Erwachsene ein neuer Lebensabschnitt. Sie starten in die Ausbildung. Die Chancen, direkt nach der Schule eine Lehre beginnen zu können und das auch noch in dem gewünschten Beruf, standen noch nie so gut wie derzeit, denn: Es gibt mehr freie Stellen als Ausbildungssuchende.
Derzeit gibt es allein in Herdecke noch 41 unbesetzte Stellen, in Wetter sind es 78. Dabei suchen in Herdecke noch 19 Jugendliche eine Stelle, in Wetter sind es 31. Die Vielfalt der angebotenen Lehrstellen ist groß. Ein Viertel der unbesetzten Stellen sind im Handwerk zu finden, aber auch Friseure, Bäcker, Veranstaltungs- und Einzelhandelskaufleute werden gesucht. Besonders groß ist die Deckungslücke in Herdecke bei den zahnmedizinischen Fachangestellten (sechs freie Lehrstellen) und den Köchen (drei angebotene Ausbildungsstellen). In Wetter zeigt sich ein ähnliches Bild: Dort werden sechs Dachdecker, drei Fachkräfte für Logistik, fünf zahnmedizinische Fachangestellte und drei Steuerfachangestellte gesucht. Hinzu kommen Kaufleute im Einzelhandel, Pflegefachkräfte, Mechatroniker sowie Maurer. Um nur ein paar der Stellen zu nennen.
Beraten lassen
„Der Ausbildungsmarkt wird zum Bewerbermarkt“, analysiert Uli Brauer, Sprecher der zuständigen Arbeitsagentur. Er wirbt dafür, dass sich die Jugendlichen, die bisher noch keine Stelle gefunden haben, bei der Agentur melden und ein Beratungsangebot annehmen. „Das Angebot gilt besonders für diejenigen, die interessiert sind, sich bisher noch nicht gemeldet haben oder sich vor langer Zeit haben beraten lassen“, so Brauer. Er ist überzeugt: „Wir können was tun.“ Jugendliche können sich bei Interesse unter 02302/929450 melden.
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Eine Woche noch bis zum Ausbildungsbeginn: Viele schrecke auch die Kurzfristigkeit ab oder lasse sie mutlos werden. „Es ist noch nicht alles gelaufen“, versichert der Sprecher der Agentur für Arbeit in Hagen. Bei vielen Ausbildungen sei auch ein späterer Einstieg möglich, einige Ausbildungen starteten sowieso erst im September.
Ursachenforschung
Doch woran liegt es, dass bei der eigentlich guten Ausgangslage für alle Ausbildungswilligen es dennoch in Wetter und Herdecke 50 junge Menschen gibt, die noch keine Stelle gefunden haben und andersherum es noch so viele freie Stellen gibt? „Ein Problem liegt natürlich in der Demografie. Es gibt einfach weniger junge Menschen, die in eine Ausbildung starten wollen“, so Brauer. Zudem gehe der Trend derzeit eher zu Abitur und Studium. Die Probleme sind nicht neu und wenig überraschend.
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Hinzu komme aber inzwischen, dass viele Jugendliche einen Ausbildungsplatz suchten, der ihrer Work-Life-Balance gerecht werde. Das heißt, sie suchen nach einer Ausgeglichenheit zwischen Arbeit und Freizeitmöglichkeiten. „Insgesamt ist das Interesse der Jugendlichen an der dualen Ausbildung eher gering“, meint Brauer. „Die klassische Ausbildung hat ein Imageproblem“, sagt der Experte.
Doch was heißt das für die Arbeitgeber? „Die Arbeitgeber müssen an der Eigendarstellung arbeiten“, rät Brauer. Außerdem gelte es insbesondere in diesen Tagen, die Jugendlichen ernst, aber auch an die Hand zu nehmen. Wer einen potenziellen Bewerber habe, sollte diesen nicht zu lange warten lassen. Und eventuelle Schwachstellen im Profil könnten mit beiderseitigem Willen ausgemerzt werden. Nur so könne gegen den derzeitigen Trend angegangen werden, denn die Zahlen dazu sehen alles andere als rosig aus: Insgesamt gibt es 18,8 Prozent mehr unbesetzte Stellen im EN-Kreis als noch im Jahr 2022.
Auch die SIHK hilft
Unterstützung bei der Lehrstellensuche gibt es nicht nur von der Agentur für Arbeit. Jugendliche, die ihren Schulabschluss absolviert haben und nicht so recht wissen, wie es nun weitergehen soll, oder die mit ihren Bewerbungen bislang noch keinen Erfolg hatten, können sich bei der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) beraten lassen.
Das SIHK-Team „Passgenaue Besetzung“ unterstützt junge Leute bei der Suche nach dem geeigneten Unternehmen und zeigt zugleich Alternativen auf, wenn es mit dem Wunschberuf nicht funktioniert.
Im Rahmen der Lehrstellen-Endspurt-Aktion haben Betriebe aus Hagen, dem Ennepe-Ruhr-Kreis und dem Märkischen Kreis zusätzliche 180 freie Ausbildungsstellen sowohl im gewerblich-technischen als auch im kaufmännischen Bereich bei der SIHK gemeldet. Besonders nachgefragt in diesem Sommer sind bei den Unternehmen die Berufe Kaufmann/-frau für Büromanagement und Industriekaufmann/-frau sowie gastronomische Berufe, Industriemechaniker/-in und Kfz-Mechatroniker/-in.
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Auch ein Blick in die IHK-Lehrstellenbörse kann sich lohnen: Dabei handelt es sich um einen Service für Unternehmen und ein Angebot für Schulabgängerinnen und -abgänger. Die gemeinsame Lehrstellenbörse der IHKs richtet sich vorrangig an Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen und sich über Ausbildungsberufe informieren wollen. Wie an einer echten Börse bringt sie die Nachfrage der Jugendlichen mit den Angeboten ausbildungsberechtigter Unternehmen zusammen und ermöglicht mobilen Jugendlichen Bewerbungen von ganz Deutschland aus (Infos dazu unter www.ihk-lehrstellenboerse.de).
Die Chance, eine passende Firma zu finden, ist für Suchende also groß, besonders, da eine Ausbildung jederzeit – also auch nach dem 1. August 2023 – begonnen werden kann. Interessierte Unternehmen und Jugendliche können ihre Angebote und Nachfragen gerne auf der entsprechend eingerichteten Internetseite erfassen (www.sihk.de/passgenau).
Weitere Infos erteilen Petra Gregg, Telefon 02331 390-301 und Elisabeth Meßner, Telefon 02331 390-303 oder per Mail unter passgenauebesetzung@hagen.ihk.de.