Volmarstein. 35 Berufe können bei der Stiftung im Berufsbildungswerk erlernt werden. Am Standort in Volmarstein wird derzeit kräftig investiert.
Coronafolgen, Sachkostensteigerungen und Personalprobleme – Dr. Hans-Peter Rapp-Frick, Stiftungsratsvorsitzender der Evangelischen Stiftung Volmarstein, fasst in drei Worten zusammen, welche Themen das Jahr 2022 prägten. Trotz dieser Widrigkeiten steht am Ende ein sechsstelliges Plus in der Bilanz der Stiftung. Das liegt vor allem am großen Wachstum im Bereich Soziales, wie ESV-Vorstand Markus Bachmann im Laufe der Bilanzkonferenz betont. Denn während die Stiftung insgesamt ein Wachstum von zwei Prozent vermelden kann, steigerte allein dieser Bereich seinen Umsatz um fünf Prozentpunkte.
Breite der Geschäftsfelder
„Wir profitieren von der Breite unserer Geschäftsfelder“, meint Bachmann. Selbst wenn ein Bereich schlechter da stehe, werde dies von einem anderem aufgefangen. Schlechter wäre in diesem Fall der Bereich Gesundheit, denn dort gab es einen Umsatzrückgang um rund einen Prozentpunkt. Der lasse sich aber leicht erklären, denn im vergangenen Jahr herrschte noch starke Zurückhaltung in Bezug auf Corona. Es wurden weniger Leistungen erbracht, außerdem gab es weniger Corona-Hilfen als noch 2021.
Personal als Herausforderung
Bachmann sieht die größte Herausforderung 2022, heute und auch in Zukunft beim Personal. „Wir haben zwar im vergangenen Jahr zwei Prozent mehr Personal gehabt und stehen derzeit, auch durch die Übernahme der insolventen Herdecker Heime und des Heims in Volmarstein, bei 4400 Mitarbeitern, aber wir haben auch 150 offene Stellen“, gibt er zu. Da die Stellen beispielsweise im Pflegebereich nicht einfach unbesetzt bleiben konnten, musste Fremdpersonal eingesetzt werden. „Die Kosten allein dafür belaufen sich im vergangenen Jahr auf acht Millionen Euro. Das ist ein absoluter Rekord“, so Bachmann. Zudem habe die ESV, wie alle anderen Unternehmen auch, im letzten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023 einen Höchststand an Krankenständen gehabt. Zum Großteil sei das auf den Wegfall der Schutzmaßnahmen zurückzuführen.
Im Ausland werben
Als eine der Maßnahmen gegen die große Personalnot habe die ESV begonnen, Menschen auch aus dem Ausland zu werben und sie auszubilden. Trotz des Problems der räumlichen Unterbringung lohne es sich, diese Menschen gut zu integrieren. Zudem arbeite die Stiftung derzeit an Arbeitsbedingungsoptimierungen, sprich beispielsweise an familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen.
60 Prozent gehen in den normalen Arbeitsmarkt
Ausbildung ist ein Stichwort, das bei der ESV insbesondere im Berufsbildungswerk in Volmarstein groß geschrieben wird. Insgesamt 410 Menschen arbeiten derzeit dort. 310 sind in Ausbildung und zwar inzwischen in 35 unterschiedlichen Berufen, wie Sabine Riddermann, als zuständige Sprecherin des Geschäftsfeldes Soziales erklärt. Die jungen Menschen, die zum Teil körperlich eingeschränkt sind oder auch mit einer Autismusstörung eine Ausbildung am BBW machen, haben später gute Chancen am ersten Arbeitsmarkt. „60 Prozent unserer Auszubildenden sind nach zwölf Monaten auf dem Arbeitsmarkt angekommen und haben einen Job“, so Riddermann stolz. Diese gute Vermittlungsquote liege nicht zuletzt daran, dass am BBW auch auf die Nachfrage nach Fachkräften reagiert werde. So sind beispielsweise zwei neue Ausbildungen am BBW jüngst hinzugekommen, die des Fahrradmonteurs und die des Zweiradmechatronikers. In beiden Bereichen werden jetzt schon Fachkräfte gesucht.
Acht Millionen Euro sind bereits geflossen
Damit die Ausbildung am BBW jedoch auch weiterhin fortgeführt werden kann, muss das 1976 gebaute und in die Jahre gekommene Gebäude peu a peu auf den neusten Stand gebracht werden. Seit 2015 sind nun mehr acht Millionen Euro in die Sanierung des 35.000 Quadratmeter großen Gebäudes geflossen. Begonnen wurde damals mit dem Internatsteil, bevor 2018 der Fokus auf die Dachanlagen gelegt wurde. Um den Nachhaltigkeitsgedanken mit einzubringen, soll auf dem Dach des BBW künftig auch eine Photovoltaik-Anlage für den Strom sorgen. Insgesamt 17.602 Quadratmeter Dachfläche gibt es allein am BBW. Rund 7600 Quadratmeter davon, also ein ganzes Fußballfeld, ist für Photovoltaikanlagen nutzbar. Die Stiftung investiert allein in diesen Teil 1,2 Millionen Euro. Insgesamt sollen 6,5 Millionen Euro investiert werden, um künftig ein Drittel des gesamten Stromverbrauchs der Evangelischen Stiftung über Photovoltaik-Anlagen zu decken.