Wetter/Herdecke. Mit Bauchschmerzen sehen Wetter und Herdecke dem Ende der Verhandlungen entgegen. Die geforderten Erhöhungen hätten drastische Auswirkungen.
Der Tarifstreit im öffentlichen Dienst ist in die nächste Phase übergangen. Nach Ostern finden Schlichtungsgespräche statt. Die Gewerkschaften fordern 10,5 Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten. Während die Angestellten sich freuen dürfen, sehen die Städte Wetter und Herdecke mit Bauchschmerzen dem Ergebnis der Verhandlungen entgegen.
1,5 Millionen mehr in Herdecke
Allein bei der Stadt Herdecke gibt es insgesamt 307 tariflich Beschäftigte, ohne Beamte, Auszubildende und Praktikanten, die von der Lohnerhöhung profitieren könnten. Auf Nachfrage der Redaktion hat Kämmerer Dennis Osberg ausgerechnet, wie viel Mehrkosten auf die Stadt zukämen. „Bei einer Steigerung von 10,5 Prozent könnten sich schätzungsweise Mehrkosten in Höhe von 1,5 Mio. € gegenüber dem derzeitigen Stand - inklusive TBH - ergeben“, erklärt er.
6 Prozent mehr Lohn sind bereits eingepreist
Natürlich sind die Städte nicht blind in die diesjährigen Haushaltsplanungen gegangen und haben bereits eine Lohnerhöhung eingepreist. „Eingeplant in den Haushalt der Stadt Herdecke für 2023 wurde eine Steigerung von 6 Prozent. Jeder Prozentpunkt darüber lässt das Jahresdefizit weiter ansteigen und erfordert weitergehende Maßnahmen im Rahmen der bestehenden Haushaltssicherung. Die chronische Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden würde durch einen hohen Tarifabschluss weiter verschärft“, lässt Osberg durchblicken.
Überplanmäßige Mittel bereitstellen
Ähnlich sieht es auch in Wetter aus. 268 Tarifbeschäftigte könnten von der Lohnerhöhung profitieren. „Abhängig von der Höhe des Ergebnisses sind eventuell überplanmäßige Mittel bereitzustellen. Wir rechnen mit Mehrausgaben von rund 1,1 Millionen Euro“, erklärt die Stadt Wetter. Bis zu einer Erhöhung von ca. 4 Prozent müssten nach der gegenwärtigen Einschätzung von Wetters Kämmerer Andreas Wagener keine überplanmäßigen Mittel bereitgestellt werden; abhängig von der tatsächlichen Besetzung neuer, geplanter Stellen könne sich der Prozentsatz auch erhöhen.
Stellen werden nicht gestrichen
Millionensummen, die beide Städte eigentlich nicht haben. Beide befinden sich in der Haushaltssicherung. Große Sprünge und Extrawünsche sind da eigentlich nicht drin. Doch irgendwo muss das Geld herkommen. Steht zu befürchten, dass die Städte künftig Stellen einsparen, weil diese einfach nicht mehr finanzierbar sind? Auf diese Frage kommt sowohl aus Wetter als auch aus Herdecke ein klares „Nein“. „Stellen können nur dann gestrichen werden, wenn die damit verbunden Aufgaben auch entfallen. Eine weitere Aufgabenverdichtung kann vom bestehenden Personal nicht mehr geleistet werden. Aufgaben können wiederum aber nur gestrichen werden, wenn es sich um freiwillige Aufgaben einer Kommune handelt. Die Pflichtaufgaben müssen weiterhin erfüllt werden“, erklärt die Stadt Herdecke. „Die Aufgaben der städtischen Verwaltung für die Bürger werden natürlich weiter erbracht. Daran ändert ein Tarifabschluss nichts“, versichert auch die Stadt Wetter.
Wenig Optimismus bei der Stellenbesetzung
Doch wie sieht es im Umkehrschluss aus? Erhoffen sich die Städte durch attraktivere Löhne, dass Stellen künftig vielleicht schneller besetzt werden können? Wie berichtet, hat die Stadt Herdecke derzeit ein massives Problem, die Bademeisterstelle für das Freibad am Bleichstein zu besetzen, das aus diesem Grund im Sommer geschlossen bleiben könnte. Dass das jedoch nicht nur am Geld liegt, zeigt, dass selbst nach einer Ausschreibung mit einem höheren Gehalt keine adäquaten Bewerbungen eingingen. Dementsprechend verhalten sind die Antworten der Städte, auf die Frage, ob die Stellen durch die Tariferhöhung attraktiver und somit leichter zu besetzen sein werden. „Dies käme eventuell nur bei einem Wechsel von der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst in Betracht, wobei allerdings die Privatwirtschaft in der Regel immer noch höhere Gehälter zahlt als der öffentliche Dienst. Innerhalb des öffentlichen Dienstes gibt es diese Möglichkeit nicht, da die Tarifsteigerung alle Kommunen und den Bund gleichermaßen betrifft“, erklärt die Stadt Herdecke.
Attraktivität steigern
Die Stadt Wetter hat noch weitere Punkte ausgemacht: „Es wäre wünschenswert, dass sich dadurch etwas verändert. Grundsätzlich zeigt jedoch der bundesweite Fachkräftemangel, dass hier Skepsis angebracht ist. Die Stadt Wetter fördert durch diverse Maßnahmen die Attraktivität offener Stellen und Ausbildungsplätze bei der Stadtverwaltung. Dazu gehören neben einer angemessenen Bezahlung flexible Arbeitszeitmodelle, gute Aufstiegschancen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Vereinbarkeit Pflege und Beruf“, heißt es seitens der Verwaltung.