Herdecke. Vier Senioreneinrichtungen betreibt die Convivo-Gruppe in Herdecke. Nun hat das Unternehmen Insolvenz angemeldet. Was das bedeutet.

Das Gerücht, dass die Convivo-Gruppe, die alle vier Senioreneinrichtungen in Herdecke unterhält, in wirtschaftliche Schieflage geraten ist, hält sich schon länger. Nun ist es offiziell. Convivo, mit Hauptsitz in Bremen, hat am Montag beim zuständigen Amtsgericht Bremen mit fünf Gesellschaften Insolvenz angemeldet.

+++Nichts mehr verpassen: Hier gibt es den kostenlosen Newsletter für Wetter und Herdecke+++

Stefan König, Richter am Amtsgericht Bremen, bestätigt am Dienstagmorgen auf Nachfrage der Redaktion den Antrag: „Das Gericht prüft nun, ob die Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren erfüllt sind. Die Richter wird vermutlich noch diese Woche darüber entscheiden“, so König. Erst im Anschluss kann das Verfahren eröffnet werden. Schon am Nachmittag dann die Nachricht aus dem Gericht: „Das Gericht hat am heutigen Tage jeweils die vorläufige Verwaltung angeordnet und einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.“

Herdecke: Convivo-Gruppe fällt Entscheidung

Das Convivo-Altenheim an der Goethestraße in Herdecke wurde zuletzt noch ausgebaut.
Das Convivo-Altenheim an der Goethestraße in Herdecke wurde zuletzt noch ausgebaut. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Bei der Convivo Parks GmbH, der Convivo Holding GmbH und der Convivo Life GmbH wurde die Entscheidung getroffen, nachdem am Dienstag sofort Gläubigerausschüsse eingesetzt worden waren. Die vorläufig bestellten Insolvenzverwalter, die Rechtsanwälte Dr. Malte Köster (Kanzlei Willmerköster für Convivo Holding GmbH, Convivo Life GmbH) und Dr. Christoph Morgen (Kanzlei Brinkmann & Partner für Convivo Parks GmbH) sind bereits dabei, sich einen Überblick zu verschaffen. „Im Moment verschaffen wir uns gemeinsam mit unseren Teams ein Bild vor Ort, um im Anschluss die Mitarbeiter über die bevorstehenden Schritte im Insolvenzverfahren zu informieren“, betonten Köster und Morgen in einer ersten gemeinsamen Stellungnahme.

+++ Lesen Sie auch: Nach Convivo-Insolvenz: Warnung vor Privatisierung +++

Convivo betreibt in Herdecke neben einer ambulanten Einrichtung am Westender Weg auch die Parkanlage Nacken, das Seniorenhaus Kirchende und das Seniorenhaus Ruhraue sowie den Convivo Park an der Goethestraße. Laut Convivo-Internetseite gibt es in der Parkanlage am Nacken 63 Einzelzimmer. Das Seniorenhaus Kirchende ist wesentlich größer und zugleich aufgeteilt in das Haus ­Kirchender Dorfweg mit 124 Bewohnern und weiteren 53 Plätzen insbesondere im gerontopsychiatrischen Bereich im Haus am Berge. Das Seniorenhaus Ruhraue bietet in der Wohngruppe Platz für 13 Bewohner.

Herdecke: Nach Convivo-Insolvenz sollen „zentrale Maßnahmen eingeleitet“ werden

Inzwischen hat Convivo mit einer intern abgestimmten Pressemitteilung Stellung genommen, nachdem die Redaktion bereits am Montagnachmittag Fragen an den Unternehmenssprecher gestellt hatte. In der Stellungnahme heißt es: „Gemeinsam mit der Geschäftsleitung wurden zentrale Maßnahmen eingeleitet, um die pflegerische Versorgung weiterhin vollumfänglich sicherzustellen. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter konnten über das Insolvenzgeld für die Monate Januar bis März gesichert werden.“

+++ Convivo-Insolvenz: Konkurrent wirbt schon um Mitarbeiter +++

Die Unternehmensgruppe sei sich ihrer Verantwortung den Menschen gegenüber bewusst. Es wurden eigene Informationskanäle für Mitarbeiter, Bewohner und Angehörige eingerichtet, um Nachfragen zielgerichtet beantworten zu können. „Die Unterstützung des Prozesses hat für uns oberste Priorität. So werden die Gehälter unserer Mitarbeiter gesichert und die Versorgung der Pflegebedürftigen aufrechterhalten“, so Torsten Gehle, gelernter Krankenpfleger und geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe.

Herdecke: Wie es zu der Insolvenz der Convivo-Gruppe kam

Doch wie kam es zu der Insolvenz? Auch dafür gibt es in der Mitteilung Erklärungsversuche: „Der erhebliche Fachkräftemangel und verdoppelte Krankenstände aufgrund hoher Belastungen der Corona-Pandemie führten zu niedrigen Belegungszahlen. Statt der branchenüblichen Kalkulation von etwa 95 Prozent sank die Belegung zuletzt auf 70 Prozent im Bereich der stationären Pflege. Der notwendige Einsatz von Personal aus Zeitarbeitsdienstleistern verursachte zusätzlich überproportionale Kosten. Die Kostensteigerung der Pflegereform führte zu einem höheren Anteil Pflegebedürftiger mit staatlicher Unterstützung. Dieser Anteil ist für Betreiber nicht vollständig refinanziert. Weitere Faktoren, wie steigende Energie- und Sachkosten, allgemeine Preissteigerungen und die Steigerung der indexierten Pachten brachten die seit 30 Jahren tätige Convivo Unternehmensgruppe in eine finanzielle Schieflage“, heißt es darin.

Zunächst habe das Unternehmen noch versucht, sich mit dem Verkauf von Standorten gegen die Insolvenz zu stemmen, doch diese Bemühungen seien letztlich nicht erfolgreich gewesen.

Herdecke: Bürgermeisterin versucht, Kontakt aufzunehmen

Herdeckes Bürgermeisterin Dr. Katja Strauss-Köster hat am Montagabend erste Hinweise auf die Insolvenz erhalten und daraufhin versucht, Kontakt zu Convivo aufzunehmen. Dort wurde sie für nähere Informationen auf die geplante Pressemitteilung für die kommenden Tage verwiesen. Darauf nahm sie Kontakt zur zuständigen Behörde, dem EN-Kreis (dort ist die Heimaufsicht angesiedelt, Anm. der Red.) auf. Strauss-Köster betont: „Convivo ist ein sehr wichtiges Unternehmen in Herdecke in Bezug auf die stationäre Unterbringung und ambulante Pflege von Seniorinnen und Senioren aber auch als Arbeitgeber. Die Meldung einer möglichen Insolvenz kam für uns überraschend. Wir hoffen auf eine schnelle Lösung im Sinne aller Angestellten, Betroffenen und auch für die Bewohnerinnen und Bewohner in den Seniorenheimen. Ich kann mir vorstellen, dass diese Situation sehr belastend sein muss. Die Lage beunruhigt mich sehr“, so die Bürgermeisterin.