Herdecke/Hagen. An der Stadtgrenze Herdecke und Hagen bzw. am Zusammenfluss von Ruhr und Volme steht bald eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer. Fast wie 1958.

Als Peter Arnold nun vom Spatenstich für die neue Brücke unter der A1 an der Stadtgrenze Herdecke/Hagen hörte, fühlte er sich rund 60 Jahre zurückversetzt. In seinem Fotoarchiv befinden sich Bilder von 1958 und den folgenden Monaten. Der entscheidende Unterschied: Damals entstand am Zusammenfluss von Ruhr und Volme ein Behelfssteg, um die Autobahn bauen zu können. Aktuell stehen Arbeiten für einen Überweg an, damit Fußgänger und Radfahrer trockenen Fußes zur anderen Seite kommen.

„Die Arbeiten für diesen Abschnitt der A1 haben – meiner Erinnerung nach – Ende 1957 begonnen, ehe die Autobahn hier dann 1960/1961 fertig bzw. eröffnet wurde“, sagt Peter Arnold aus Herdecke, der im Hagener Stadtteil Hengstey aufwuchs. Die Behelfsbrücke am Stauwehr Stiftsmühle habe damals ungefähr zwei Jahre gestanden. Auf den alten Fotos des Heimatforschers ist zu sehen, wie Bagger zur Aufschüttung Kies aus dem Wasser schaufelten.

Hinein in die Gegenwart. Vor einigen Tagen griff sich Hagens Oberbürgermeister Erik O. Schulz einen Spaten und leitete damit an der Herdecker Straße (B54) symbolisch den Bau einer Brücke ein, die die Volme an ihrer Mündung in die Ruhr überqueren soll. Am 6. Juli will die Firma Becker aus Meppen im Emsland mit den Arbeiten beginnen. 2,4 Millionen Euro kostet das 132 Meter lange Stahlbauwerk, das vor vier Jahren konzipiert und der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, ehe bürokratische Hürden es immer weiter verzögerten. „Es braucht halt seine Zeit, bis alle Planungsdetails stehen und alle Fördergelder bewilligt sind“, so Burkhard Schwemin, Leiter des Fachbereichs Immobilien im Hagener Rathaus. Allein die Prüfung des Artenschutzes habe ein Jahr in Anspruch genommen.

Fertigstellung Ende Mai 2021 anvisiert

Während der Bauarbeiten muss der Fuß- und Radweg an der Baustellenzufahrt gesperrt werden, Passanten sollten die gegenüber liegende Straßenseite nutzen. Es handelt sich um den Abschnitt an der Nordostseite (volmeseitig) der B54 vom Vorhaller Kreisel bis zur Kreuzung Brüninghausstraße auf der Herdecker Straße.

Die Brücke wird im Taktschiebeverfahren errichtet, steht auf vier Pfeilern und endet in einem nördlichen wie südlichen Widerlager, die jeweils mit Unterwasserbeton ausgegossen werden. Bauleiter Thomas Schawe zeigte sich zuversichtlich, dass Ende Mai 2021 tatsächlich die ersten Radler und Fußgänger die neue Verbindung zwischen Hengstey- und südlichem Harkortsee-Ufer nutzen können. „Es sei denn, Lieferanten-Ketten müssten Corona-bedingt unterbrochen werden.“

Die Brücke über dem Gewässer stehe ausschließlich Fußgängern und Radfahrern zur Verfügung, Autos oder Rettungsfahrzeuge haben hier im Schatten der A1 nichts verloren. Im Vordergrund stehen touristische Aspekte, laut OB Schulz gehe es um eine „weitere Erschließung des Freizeitgebietes am Hengsteysee.“ Ende Mai 2021 soll die Brücke freigegeben werden, dann lassen sich die Ruhr, der Harkort- und Hengsteysee in Form einer 8 umrunden, ohne einen Abschnitt zweimal befahren zu müssen. Schwemin: „Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Strecke oder Teile von ihr für Familien mit Kindern ausgesprochen reizvoll ist.“

Der Neubau wird mit Fördermitteln des Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramms des Landes NRW und Mitteln aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ realisiert. Den 20-prozentigen Eigenanteil der Stadt Hagen übernimmt der Regionalverband Ruhr, was Schulz zu einer Eloge über die in Hagen keinesfalls von jedermann mit Wohlwollen betrachtete kommunale Vereinigung veranlasste: „Bei diesem Projekt sieht man, dass es sich lohnt, im Konzert der Ruhrgebietsstädte dazu zu gehören.“

Ergänzungsroute zum Ruhrtalradweg

Hagener Planer betrachten die neue Brücke auf ihrem Stadtgebiet als attraktive Ergänzungsroute zum Ruhrtalradweg. Das zweifeln manche Herdecker an. Einerseits fürchten sie, dass Touristen bald an der hiesigen Innenstadt vorbeirollen. Andererseits argumentieren sie, dass die künftige Passage vom Laufwasserkraftwerk Hengstey unterhalb der A1-Lärmschutzmauer bis zur Volme fast so unattraktiv sei wie der Anknüpfungspunkt an der viel befahrenen B54: Wer im Schatten der Autobahn die Herdecker Straße erreicht und weiter Richtung Wetter möchte, muss oft viel Krach und KfZ-Verkehr verkraften. Am gegenüber liegenden Ufer geht es angenehmer ins Zentrum von Herdecke.

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Doch auch die Kritiker müssen zugeben: Bisher lässt sich die Ruhr zwischen Schiffswinkel und Bleichstein noch nicht umrunden.