Hagen. Die Freie Wählergemeinschaft Hagen Aktiv, die Ratsherr Jacques Kempkens direkt nach der Kommunalwahl verlassen hatte, ist auf dem Baum: Erst verhalf der Politiker der Alternative für Deutschland zum Fraktionsstatus, jetzt wird seine Frau AfD-Sekretärin.

Ist das die Hagener Antwort auf die bayerische Amigo-Affäre? Die sorgte im letzten Jahr bundesweit für Schlagzeilen, weil Abgeordnete des Landesparlaments Familienmitglieder in ihren Büros arbeiten ließen und der Freistaat dafür zahlte. In Hagen haben jetzt die Gattinnen des Ratsherrn Jacques Kempkens und des AfD-Mitglieds Stefan Sieling einen neuen Job. Die beiden Frauen teilen sich das Sekretariat der Ratsfraktion der Alternative für Deutschland. Bezahlt werden sie aus dem Zuschuss, der aus dem Stadtsäckel an die Fraktion fließt.

Rund 90.000 Euro zahlt die Stadt an jede Ratsfraktion. Was diese mit dem Geld machen, ist ihnen im Grunde freigestellt. In der Regel bezahlen sie davon unter anderem einen Fraktionsgeschäftsführer sowie eine Sekretärin.

Den Anspruch auf dieses Geld hat auch die AfD – allerdings nicht, weil der Wähler das so wollte, sondern weil der nach wie vor parteilose Kempkens, der eigentlich über die Liste der Freien Wählergemeinschaft Hagen Aktiv in den Rat der Stadt eingezogen war, sich unmittelbar nach dem Urnengang der AfD anschloss (unsere Zeitung berichtete). Kempkens machte die AfD so zur Fraktion. Ausgerechnet seine Ehefrau, Daniela Kempkens, erhält jetzt den Job im Fraktionsbüro.

„Eine riesige Frechheit“

Ein Umstand, der besonders Kempkens ehemalige Hagen-Aktiv-Freunde auf die Palme bringt: „Dass Kempkens direkt nach der Wahl bei uns ausgetreten ist und sein Ratsmandat, das er nur über unsere Liste geholt hat, einfach behalten hat, war schon eine riesige Frechheit“, erklärt Dr. Josef Bücker, Fraktions-Chef von Hagen Aktiv, „aber jetzt setzt er einen drauf. Das ist für mich der letzte Beweis, dass sein Übertritt von langer Hand geplant war.“

Hagen Aktiv versucht weiter, mit allen Mitteln das verlorene Ratsmandat zurückzuholen. Dabei verweist Bücker auf ein aktuelles Urteil des Oberverwaltungsgerichts zum Thema Neuzusammensetzung von Fraktionen nach einer Wahl und auf eine Petition, die die Wählergemeinschaft an den Landtag geschickt hat. Für Kempkens, der einst seinen Übertritt verteidigt hat, hat auch die Vergabe des Sekretärinnen-Jobs an seine Frau kein Geschmäckle.

„Für uns war es wichtig, dass im Fraktionsbüro Menschen arbeiten, denen wir vertrauen können“, erklärt der Politiker, der sich als Hagen-Aktiv-Mitglied sogar zum stellvertretenden Bürgermeister im Bezirk Mitte wählen ließ, um wenige Stunden nach dieser Wahl zur AfD überzutreten. „Darüber haben wir in der Fraktion diskutiert. Und da habe ich erklärt, dass meine Frau jemand sei, dem ich zu 100 Prozent vertraue.“

„Bewusst zurückgehalten“

Weiteren Einfluss will Kempkens nicht genommen haben. „Den Rest hat die AfD entschieden, in der ich ja nicht mal Mitglied bin“, so Kempkens, „ich habe mich bewusst zurückgehalten. Die haben den Gedanken aufgegriffen, ein Bewerbungsgespräch mit Daniela geführt und sie schließlich eingestellt.“ Im Übrigen gelte auch für seine Gattin: „Sie ist kein Mitglied der AfD.“ Und: „Es gibt doch viele familiäre Verwicklungen in der Hagener Politik. Auch in anderen Parteien.“

Im Falle Sieling stellt sich das anders dar. Denn Sieling, ebenfalls ehemaliger Ratsherr für Hagen Aktiv, ist vor der Wahl der Alternative für Deutschland beigetreten. Für die Partei, die mit 3,7 Prozent am 25. Mai zwei Ratsmandate holte, sitzt er allerdings nicht im Stadtparlament. Dafür ist er Beisitzer im Vorstand.

Eiche dankbar

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Thomas Eiche unterstreicht, dass er dankbar sei, dass Frau Kempkens und Frau Sieling den Job übernommen hätten: „Wir sind ja noch eine kleine Partei mit wenigen Mitgliedern. Und zum Fraktionsstatus sind wir ja gekommen wie die Jungfrau zum Kinde“, so Eiche, „da mussten wir schnell jemand Vertrauenswürdigen finden. Kempkens hat bei seinem Übertritt keinerlei Bedingungen gestellt.“

Generell habe er Verständnis, dass Hagen Aktiv sauer sei: „Gleichwohl sollte man persönliche Angriffe unterlassen und sich lieber um die Probleme der Stadt kümmern.“