Hagen. Seit 2004 gehen Menschen bundesweit und auch in Hagen jeden Montag auf die Straße, um zu demonstrieren. Gegen den Sozialabbau. In Hagen hat sich das Themenspektrum der Demonstration zwar vergrößert, die Kernforderung aber ist immer noch gleich.

Sie würden oft belächelt, sagt Thilo Krüger. Und man kann beide Seiten irgendwie verstehen. Die Lächelnden und die Belächelten. Denn es gibt Montage, da wirkt die Gruppe Demonstranten vor dem Kaufhof spärlich klein. Doch es gibt auch Tage, die Thilo Krüger zeigen, dass es in vielen Hagenern rumort. Dann lächelt niemand. Dann bleiben viele Leute stehen in der Elberfelder Straße und hören zu. Die Hagener Montagsdemonstration besteht heute seit 10 Jahren. Ein Blick zurück. Ein Blick nach vorn.

Hartz IV war wie das Mentos, das man in die Cola-Flasche schmeißt. Die Verabschiedung des Gesetzes zum Arbeitslosengeld II, das am 1. Januar 2005 in Kraft trat, löste in Deutschland eine Welle der Empörung aus. Über Monate hinweg gingen 200.000 bis 300.000 Menschen bundesweit montags auf die Straße.

Begriffliche Ähnlichkeiten

Der Begriff Montagsdemonstration fand dabei aber viele Kritiker, weil die Montagsdemonstrationen ein bedeutender Bestandteil der sogenannten Friedlichen Revolution in der DDR im Herbst 1989 waren. „Wir sind das Volk“ war der Ruf, mit dem Hunderttausende DDR-Bürger sich immer wieder zu Wort meldeten und gegen die politischen Verhältnisse im Land demonstrierten.

„Das Volk sind wir“, steht auf dem Plakat der Demonstranten, die sich seit zehn Jahren – seit Hartz IV begann, in der Öffentlichkeit für kontroverse Diskussionen zu sorgen – montags in der Innenstadt versammeln.

Die Männer der ersten Stunde

Seit einigen Jahren ist die Ecke Kampstraße/Elberfelder Straße der Ort, an dem sie ihren Unmut zum Ausdruck bringen. „Hartz IV spaltet unsere Gesellschaft noch immer“, sagt Thilo Krüger, einer der Männer der ersten Stunde in der Hagener Montagsdemonstration, „wir kämpfen immer noch gegen Sozialabbau, gegen Ungerechtigkeit und gegen Sozialbetrug. Vor allem aber organisieren wir Solidarität.“

Das Thema ist dabei längst nicht mehr nur das Arbeitslosengeld. Die Hagener Bewegung, die in der stimmungsgeladenen Anfangszeit auch mal 350 bis 500 Leute groß war, hat sich immer wieder auch anderen Themen geöffnet. „Die Reaktor-Katastrophe in Fukushima 2011 hat in Hagen Hunderte Menschen bewegt. Wir haben im Rahmen der Montagsdemonstration eine große Mahnwache organisiert. In solchen Momenten sieht man immer wieder, dass die Menschen bereit sind, sich gegen Ungerechtigkeit und Unheil zu erheben“, sagt Thilo Krüger, „die Montagsdemo unterstützte unter anderem auch die Proteste gegen den kommunalen Kahlschlag in Hagen. Und nicht zuletzt wurden Arbeitskämpfe in den Betrieben, gegen die Arbeitsplatzvernichtung zum Beispiel im Hoesch-Federnwerk in Hohenlimburg, gegen die Ausweitung der Leiharbeit und beim Protest gegen die Rente mit 67 unterstützt.“

Das „offene Mikrofon“

Wichtigster Bestandteil der Montagsdemo ist das „offene Mikrofon“, zu dem Bürger greifen und ihren Unmut öffentlich äußern können. Krüger: „Sehr oft bleiben viele Bürger dabei in der Elberfelder Straße stehen und hören zu. Da sieht man, welche Wirkung die Themen dann haben.“

Kerninhalt der Hagener Montagsdemonstration wird aber auch in Zukunft die Abschaffung von Hartz IV bleiben. Jörg Oppermann, ebenfalls einer der Frontmänner der Montagsdemo: „Der Protest gegen die unsoziale Politik der Stadtspitze wird sich weiter organisieren. Es gibt viel Betrug bei der Bezahlung der Haushaltsenergiepauschale für Hartz-IV-Betroffene oder beim angemessenen Wohnraum. Wir raten jedem Betroffenen, nicht alleine zum Jobcenter zu gehen, sondern sich Unterstützung zu holen.“ Oppermann hat, wie andere regelmäßige Teilnehmer der Hagener Montagsdemo auch, bislang zahlreiche Bürgersprechstunden während Sitzungen des Hagener Rates besucht und seine Kritik vorgebracht: „Da kriege ich aber mittlerweile keine vernünftigen Antworten mehr.“

Sie werden weiter mahnen

Die Hagener Bewegung wird weiter bestehen, da ist sich Thilo Krüger sicher. „Die gegenseitige Unterstützung gibt vor allem vielen Erwerbslosen oder jenen, die um ihre Arbeitsplätze bangen, neuen Mut. Wir werden weiter die Stimme erheben und mahnen.“ Für mehr Gerechtigkeit. Gegen den Sozialabbau. Gegen Hartz IV.