Hagen. . Einen Original-Todesmitteilung, die ein Feldwebel an die Witwe eines Hagener Leutnants geschrieben hat, hat eine Praktikantin in einer Lehrer-Akte im Stadtarchiv gefunden. „Ein wirklich seltenes Dokument“, so Stadtarchivar Andreas Korthals.
Lebensgeschichten lagern zwischen Aktendeckeln. Aufregende, lustige, traurige. Geschichten, die von Schicksalen geprägt sind ebenso wie steile Karrieren. Jemima Weber erweckt diese Geschichten zum Leben. Und ist dabei auf ein ganz besonderes Dokument gestoßen.
Jemima Weber studiert Kultur- und Musikwissenschaften in Paderborn und Detmold. Derzeit macht sie ein Praktikum im Archiv der Stadt Hagen. Sie erfasst Lehrer-Akten. Und sorgt so dafür, dass Lebensgeschichten und Schicksale zu einem Teil von Wissenschaft werden können.
Kopien gibt es, Originale sind selten
Akte Nummer 794 ist die des Lehrers Ulrich Jeglinski, der am 11. Juli 1875 in Ortelsburg in Ostpreußen geboren wurde. Seit 1910 unterrichtete er in Wehringhausen. 1915 wurde er einberufen.
Größte Fotosammlung kommunaler Archive
Im Archiv der Stadt Hagen lagert die größte Fotosammlung aller kommunalen Archive des Landes NRW.
Eine erste Aufnahme der Hagener Innenstadt stammt aus dem Jahre 1865.
Im Archiv lagert auch die erste Hagener Wochenzeitung aus dem Jahr 1814.
Das alles steht in Akte 794. Aber nicht deshalb ist sie für Historiker ein Schatz. In ihr liegt ein Original-Brief, in dem der Feldwebel der Gattin des Leutnants mitteilt, dass ihr Mann gefallen sei. „In Kopien gibt es solche Schreiben reichlich“, sagt Stadtarchivar Andreas Korthals, „aber als Original – das ist eine Seltenheit.“ In die Archive hat es das Schriftstück wohl nur geschafft, weil ein Pfarrer es an die Schule geschickt hat, als es um Versorgungsansprüche ging. So ist sie vor fast 100 Jahren in der Akte gelandet.
„Am Kopf getroffen“
Handschriftlich teilt Feldwebel Ewald Bienenitz mit, „dass Ihr Gatte, Herr Leutnant Jeglinski, am 12. des März nachmittags gegen 2.30 Uhr durch einen feindlichen Maschinengewehrschuss am Kopf getroffen in der Schlacht bei Armentiers nördlich des Dorfes Steenweck den Heldentod fürs Vaterland“ starb. Ob das wirklich so war? „Es ist durchaus vorstellbar, dass der Feldwebel den Kopfschuss erfunden hat“, sagt Korthals. So viele Kopfschüsse, wie Witwen mitgeteilt wurden, könne es gar nicht gegeben haben. „Aber bei einem Kopfschuss war zumindest klar, dass der Tote nicht lange leiden musste.“
Der Blick in eine der Akten kann viel offenbaren. „Man macht sich Gedanken, was das für ein Mensch war, wie er gelebt hat und was er empfunden hat“, sagt Jemima Weber. „Bei manchen bekommt man ja das ganze Leben mit. Zum Teil geben Dokumente Einblicke in den Charakter.“ Von den 80er Jahren des vorvergangen Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre reichen die Lehrerakten, die im Stadtarchiv lagern.