Hagen-Mitte. . Ein Angebot des Netzwerks Demenz in Kooperation mit der Tanzschule André Christ richtet sich an Menschen, die an Demenz erkrankt sind, an deren Angehörige und betreuende Begleiter.

Erwartungsvolles Gemurmel erfüllt den großen Tanzsaal der Tanzschule ­André Christ. Als die ersten Töne altbekannter Lieder erklingen, bilden die Kursteilnehmer einen großen Kreis, halten sich an den Händen und fangen an, sich unter langsamem Schunkeln auf Tanz und Melodie einzustimmen. Auf den Gesichtern der Tanzenden zeichnen sich Motivation und Freude ab. Auf den ersten Blick scheint alles einem ganz normalen Tanztee zu gleichen. Doch wer hier tanzt, der leidet unter dem Vergessen. Wer hier tanzt, dem fallen im Alltag einfachste Handgriffe schwer. Denn das Angebot des Netzwerks Demenz in Kooperation mit der ADTV Tanzschule André Christ richtet sich an Menschen, die an Demenz erkrankt sind, an deren Angehörige und betreuende Begleiter.

Heraus aus dem Alltagstrott

Ziel des Angebots „Komm, tanz mit uns“ ist es, Menschen mit Demenz, ihre Partner und pflegende Angehörige aus dem Alltagstrott herauszuholen. „Wir möchten, dass die Menschen durch das Angebot rauskommen und integriert werden“, so Claudine Scharfenberg, Vorsitzende der Hagener Alzheimer-Demenz-Selbsthilfegruppe. Der Tanznachmittag bedeute für an Demenz erkrankte Menschen ein Stück Normalität und biete eine andere Qualität für sie als eine Veranstaltung in einer stationären Pflegeeinrichtung, so Scharfenberg.

„Es ist toll zu beobachten, wie die Teilnehmer in längst vergessenen Erinnerungen an frühere Zeiten versinken und wie viel Spaß sie dabei haben“, berichtet Regina Hocke, Geschäftsführerin des Netzwerks Demenz, von ihren Beobachtungen der bisherigen Tanznachmittage.

Die Veranstaltung wurde zunächst mit Betreuern der betroffenen Menschen getestet. Dieser Vorläufer sei ihm sehr wichtig gewesen, betont Tanzschulbetreiber André Christ: „So konnten wir ausprobieren, ob die Räumlichkeiten geeignet sind. Und wir konnten von Leuten, die sich auskennen, beurteilen lassen, wie laut die Musik sein darf und wann beispielsweise Pausen eingelegt werden sollten“, erklärt Christ. Ein weiterer Vorteil sei gewesen, dass die Begeisterung der Betreuer somit viel besser an die Betroffenen vermittelt werden konnte.

Und die Begeisterung war groß: Gleich zum ersten Tanznachmittag versammelten sich um die 50 Teilnehmer in der Tanzschule in der Böhmerstraße 4 gegenüber der Johanniskirche. Der Eintritt zum Tanznachmittag beträgt 5 Euro pro Teilnehmer zuzüglich 3 Euro für Kaffee und Kuchen. Für ehrenamtliche und professionelle Begleiter ist der Eintritt frei. „Bei dieser Veranstaltung steht nicht der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund, sondern der Spaß“, hebt Christ hervor, während er zu Tim Toupets „So ein schöner Tag“ eine Polonaise anführt.

In Kooperation mit Netzwerk Demenz

An jedem zweiten und vierten Mittwoch im Monat findet von 14.30 bis 16 Uhr in der Tanzschule Christ unter dem Motto „Komm, tanz mit uns“ ein unbeschwerter Tanznachmittag für Menschen mit und ohne Einschränkungen statt. Die Veranstaltung für Leute der Generation 60 plus wird vom Netzwerk Demenz in Kooperation mit der Tanzschule Christ angeboten.

Beim dritten Tanznachmittag wird ebenfalls zu bekannten Schlagern und alten Klassikern das Tanzbein geschwungen. Hier bringt beispielsweise ein älterer Herr komplizierteste Schrittfolgen zustande, dem im Alltagsleben aufgrund seiner Krankheit Dinge wie das Zubinden von Schuhen Probleme bereitet. Es werden Lieder mitgesungen, deren Texte längst vergessen geglaubt und Erinnerungen wach, die lange Zeit verschollen waren.

Liedtexte mitträllern

„Tanzen ist ein Ur-Instinkt, ein Automatismus. Wenn die Menschen, die hier mit uns tanzen, die Musik hören, können sie das, was sie früher einmal hatten oder konnten, wieder nutzen“, erklärt André Christ begeistert.

Und wirklich, während getanzt wird, sieht man niemandem an, dass er eigentlich schwer krank ist. Jeder strahlt, lacht unbekümmert, trällert altbekannte Liedtexte mit und bewegt sich zur Musik. Selbst ein Rollstuhl ist da kein Hindernis.