Hagen-Eilpe. . Eine spezielle Führung für Demenzkranke durch die Ausstellung Zwergenwelten im Historischen Centrum hat viele Erinnerungen wieder geweckt.

Vielleicht haben sie manches vergessen. Was an ihrem Alter liegen mag. Und an der Krankheit, die dieses Alter oft mit sich bringt. Charlotte Böhnert zum Beispiel ist älter als ein Jahrhundert. 101 Jahre – um genau zu sein. Edith Hirschberg hat immerhin ihren 94. Geburtstag gefeiert. Irmgard Schimski ist 90 Jahre alt. Sie alle leben im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Eilpe. Sie alle leiden an Demenz. Aber sie alle haben den Text eines Liedes noch nicht vergessen: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin. . .“

Singen an der Loreley

Sie singen diesen Text. Und auch die folgenden Zeilen. „Ein Märchen aus uralten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn.“ Sie singen nicht im Altenheim an der Eilper Straße. Sondern ein paar wenige Meter weiter. „Zwergenwelten“ lautet der Titel der Ausstellung im Historischen Centrum. Und die Senioren sitzen in ihren Rollstühlen vor einer Vitrine, die die Loreley zeigt.

Vor den Vitrinen wurden Erinnerungen geweckt.
Vor den Vitrinen wurden Erinnerungen geweckt. © WP

Also intonieren sie die Verse, die Heinrich Heine der Jungfrau auf dem Felsen am Rhein gewidmet hat. Es ist ihre Art, sich einem Thema zu nähern, das in ihren Köpfen noch erstaunlich präsent ist. „Wir versuchen, die Menschen an einem ganz bestimmten Punkt abzuholen“, sagt Christa Becker, die die Ausstellung rund um die kleinen Wesen aus den Märchen und Sagen konzipiert hat.

Ein Pilotprojekt

Gemeinsam mit den Mitarbeitern der Einrichtung hat sie die Demenz-Führung entwickelt, die als Pilotprojekt zum ersten Mal getestet wird. Eine Führung, die mit einem Kaffee und einem Stück Sahnetorte beginnt. Mainzelmännchen, ein Gartenzwerg und das Rumpelstilzchen stehen auf dem Tisch. „Die Menschen haben ihren Enkelkindern und ihren Kindern vorgelesen“, sagt Christa Becker, „und als sie klein waren, haben sie selbst Märchen gehört. Das sind Erinnerungen, die bleiben.“

Im Gegensatz zu vielem, was sich in der jüngeren Vergangenheit ereignet hat und was das Gehirn von Menschen, die an Demenz erkrankt sind, einfach nicht mehr ordnen und in den richtigen Schubladen ablegen kann. Also muss man früher ansetzen: „Wir wollen erreichen, dass die Menschen selbst beginnen zu erzählen“, erklärt Christa Becker.

Viele Ankerpunkte

So zeigt sie ihnen eine alte Märchentafel. Eine, wie sie sie vielleicht zu ihrer Schulzeit schon einmal gesehen haben. Schneewittchen und die sieben Zwerge sind darauf zu sehen. „Wer hat mit meinem Löffelchen gegessen?“ fragt Irmgard Schinski und lacht.

Dann führt Christa Becker die Senioren durch eine Ausstellung, in der es so viele Ankerpunkte gibt, die Erinnerungen wecken können. Zum Beispiel der Bereich, in dem Geräte aus den 50er Jahren zu sehen sind. Ein Staubsauger mit Namen Kobold, der Fön Gnom oder das Radio Heinzelmann.

„Zwerge hatten wir früher auch“, sagt Charlotte Böhnert, die froh darüber ist, mal wieder rauszukommen, „schon wegen der Kinder bei uns im Garten.“