Hagen. . Den Bombenkrieg auf Hagen hat er in Wehringhausen erlebt, per Kinderlandverschickung kam er in den Schwarzwald, später wurde er nach Pommern evakuiert. Über seine Kindheit im 2. Weltkrieg hat Gerd Rengel das Buch „Schmetterlinge und Feuerstürme“ geschrieben.
Die Gefühle verlassen einen Menschen nicht. Manchmal schlummern sie vielleicht für ein paar Jahre. Manchmal vielleicht für Jahrzehnte. Aber in jenem Moment, in dem Gerd Rengel die alten Brief hervorholte und die ersten Zeilen zu Papier gebracht hatte, waren sie wieder erwacht. So wie damals, als er vor den Bomben der Alliierten flüchtete, als er durch das zerstörte Wehringhausen ging, als er die Toten auf der Straße liegen sah.
„Schmetterlinge und Feuerstürme“ heißt das Buch, das der gebürtige Hagener geschrieben hat. Schmetterlinge in Erinnerung an die unbeschwerte Zeit seiner Kindheit, die er im Einklang mit der Natur verbrachte. Feuerstürme, weil auch diese furchtbaren Tage in seiner Heimatstadt, in dem Viertel rund um die Augustastraße in Wehringhausen, eine Rolle spielen.
Kindheitserzählungen
„Es ist ein Buch über ein Kind“, sagt Gerd Rengel, „ein Kind, das einem alten Mann seine Erlebnisse erzählt.“ Und irgendwie scheint es, als sei Rengel beides. Der Junge, der mit vielen anderen Hagener Kindern erst in den Südschwarzwald geschickt und später nach Pommern evakuiert wird, und der alte Mann, der er, der Dortmunder, mit seinen 79 Jahren heute nun mal ist.
Es ist ein Buch, in dem der Krieg eine Rolle spielt. Weil es so viele Erlebnisse – die schönen und die schlimmen – ohne ihn nicht gegeben hätte. „Aber es ist in erster Linie ein Buch über meine Kindheit“, sagt Rengel. „Die Kriegserlebnisse, sie gehören nun mal dazu.“
Zeitgeschichte festgehalten
Viele haben geschwiegen, andere können heute nicht mehr reden. Rengel, der nach seiner Pensionierung im Jahr 1996 Philosophie und Theologie studiert hat, hat seine Erinnerungen aufgeschrieben und damit ein Stück Zeitgeschichte für die Nachwelt festgehalten. „So wie mir ist es ja damals vielen Kindern ergangen“, sagt er, „allerdings habe ich großes Glück gehabt. Im Schwarzwald bin ich bei einer Bauernfamilie untergekommen, in Pommern bei einem Pfarrer, seiner Frau und deren Kindern. Ich habe es zweimal gut angetroffen. Für ein Kind war das Landleben das Paradies.“
Eines, in das er wie so viele Kinder aus den bombardierten Ballungsgebieten auf Befehl des Führers reisen musste. Und das im Gegensatz stand zur Hölle des Bombenkriegs. „Die Luftangriffe waren für mich das Schlimmste. Die Zerstörung, die Straßen voller Trümmer, das Leben in den Kellern.
Heimweh war Begleiter
Aber Heimweh war trotzdem ein Gefühl, das mich begleitet hat“, sagt Rengel, „als ich in den Schwarzwald geschickt wurde, war ich ja gerade einmal acht Jahre alt. Der Trennungsschmerz war gewaltig.“ Und erst im Herbst 1944 vorüber. „Damals hat mich meine Mutter aus Pommern zurück nach Hagen geholt“, sagt Rengel, „eine Nacht- und Nebelaktion. Und gefährlich. Die Bahnstrecken waren beliebte Angriffsziele.“ Aber der Zug kam durch. Und Rengel erlebte die letzten Kriegstage in seiner völlig zerstörten Heimatstadt, die er erst in den 60er Jahren aus beruflichen Gründen verließ.
Zurückgezogen an jenen Ort, in dem er einen Teil seiner Kindheit verbracht hat, hat es ihn auch. Das war im Sommer des letzten Jahres. „Da habe ich in der Nähe von St. Blasien im Schwarzwald Urlaub gemacht und nach den Höfen gesucht, die ich noch kannte“, sagt Gerd Rengel.
Es war ein Urlaub voller Erinnerungen. An Schmetterlinge und die Flucht vor den Feuerstürmen.