Hagen. . Das Bundesamt für Verfassungsschutz präsentiert bis zum 29. November im Rathaus an der Volme die Ausstellung „Demokratie schützen – gegen Extremismus in Deutschland“. Bernd Eulenpesch ist Referatsleiter für Öffentlichkeitsarbeit in der Behörde. Ein Interview.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz präsentiert bis zum 29. November im Rathaus an der Volme die Ausstellung „Demokratie schützen – gegen Extremismus in Deutschland“. Bernd Eulenpesch ist Referatsleiter für Öffentlichkeitsarbeit in der Behörde.
Ist unsere Demokratie bedroht?
Bernd Eulenpesch: Einige Geschehnisse der letzten Zeit haben die Notwendigkeit funktionierender Sicherheitsbehörden deutlich gemacht. Ich denke dabei an die Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und die Ermordung zweier US-Soldaten durch einen islamischen Einzeltäter. Auch international beschäftigt uns der Islamismus. Ein Beispiel hierfür sind die Anschläge in Boston und London. Diese Ereignisse führen uns deutlich vor Augen, inwieweit unsere Sicherheit durch gewaltbereite Extremisten bedroht ist.
Welche Aufgabe spielt in diesem Zusammenhang Ihre Behörde?
Eulenpesch: Der Verfassungsschutz ist eine Art Frühwarnsystem und hat den gesetzlichen Auftrag, Informationen über verfassungsfeindliche Bestrebungen zu sammeln und auszuwerten. Wie das geschieht und welcherart Erkenntnisse das sind, zeigt diese Ausstellung.
Steht der Verfassungsschutz für eine „wehrhafte“ Demokratie?
Eulenpesch: Genau. Um Gefahren für die Demokratie rechtzeitig erkennen zu können, sind Informationen notwendig, Informationen, die der Verfassungsschutz beschafft und analysiert.
In klar geregelten Grenzen
Sind solche Informationen nicht frei im Internet verfügbar?
Eulenpesch: Zum größten Teil ja, aber ein vollständiges Bild ist hieraus nicht zu gewinnen. Extremistische und vor allem terroristische Strukturen legen ihre Zielsetzung nicht offen dar, sie verfolgen ihre Ziele heimlich und verdeckt. Wir brauchen Erkenntnisse darüber. Deshalb erlaubt der Gesetzgeber dem Verfassungsschutz die heimliche Informationsbeschaffung, allerdings in klar geregelten Grenzen, deren Einhaltung durch unabhängige Stellen kontrolliert wird.
Viele Bürger befürchten, zumal nach dem NSA-Skandal, die Staaten könnten sich einen Apparat für vollständige Überwachung zurecht zimmern.
Eulenpesch: Das ist nachvollziehbar. Schließlich sind Eingriffe in das Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung ohne Wissen der Betroffenen ein Fremdkörper in unserem Rechtssystem. Allerdings, das möchte ich hinzufügen, ein unverzichtbarer Fremdkörper, den der demokratische Rechtsstaat benötigt, will er sich am Ende nicht selbst aufgeben.
Welche Befugnisse hat der Verfassungsschutz denn nun?
Eulenpesch: Als reiner Inlandsnachrichtendienst hat er den Auftrag, Informationen über extremistische Bestrebungen zu sammeln und darf – im Unterschied zur Polizei – nicht selbst eingreifen, insbesondere keine Durchsuchungen und Festnahme durchführen. Es geht uns nicht um Gesinnungen und politische Einstellungen, sondern um Aktivitäten, um zielgerichtete Bestrebungen gegen unsere freiheitliche, demokratische Ordnung.
Internet wirkt wie Katalysator
Geben Sie doch mal eine kurze Lageeinschätzung.
Eulenpesch: Das Internet wird immer mehr zum Katalysator neuer Strukturen im Extremismus, es verhilft oftmals zum Einstieg in die Szene. Wir stellen immer kürzere Radikalisierungsphasen fest, was es umso schwieriger macht, potenzielle Täter zu identifizieren. Ganz oben auf der Agenda stehen gegenwärtig der islamistische Terrorismus und der Rechtsextremismus.
Was hat es eigentlich mit den Salafisten auf sich?
Eulenpesch: Beim Salafismus handelt es sich um eine besonders rigorose, archaische Ausprägung des Islamismus, die eine zunehmende Attraktivität auf junge Muslime und auch Konvertiten ausübt. Derzeit gehen wir von 4500 Personen aus. Nicht alle Salafisten – so könnte man sagen – sind Terroristen, aber fast alle Terroristen sind durch Salafisten beeinflusst und radikalisiert worden. Auch hier wird die Propaganda vor allem übers Internet verbreitet.
Und die NPD?
Eulenpesch: Es ist in höchstem Maße bedenklich, wenn sie in einigen Regionen des Landes als normale Partei wahrgenommen wird. Trotz erkennbarer Schwierigkeiten wie des anhaltenden Mitgliederschwunds – innerhalb weniger Jahre sank die Mitgliederzahl von 7200 auf aktuell 5400 – ist und bleibt die NPD eine relevante Größe im Rechtsextremismus in Deutschland.