Hagen. Das Haus an der Wehringhauser Straße 99 ist ein aktuelles Beispiel, das Versehrten-Denkmal in Haspe ist ein anderes: In beiden Fällen habe sich die Besitzer einfach aus dem Grundbuch austragen lassen. Die Immobilien sind damit herrenlos – und am Ende könnte die Stadt auf hohen Kosten sitzen bleiben.

Eigentum verpflichtet – der Verfassungsgrundsatz ist bekannt. Unliebsames Eigentum in Form von Immobilien kann man aber auch überraschend schnell los werden und es dann zu einem Problem für die Kommune werden lassen. Vor dieser Herausforderung steht Hagen. Aktuell geht es um zwei herrenlose Immobilien, für die im Grundbuch keine Eigentümer mehr eingetragen sind. Am Ende wird die Stadt zumindest für die Verkehrssicherungspflicht aufkommen müssen. Und die beiden Fälle, so die Befürchtung im Rathaus, könnten nur der Anfang sein.

Der eine Fall ist das Haus Wehringhauser Straße 99, in unmittelbarer Nähe der S-Bahn-Brücke. Das Objekt bestand zuletzt aus Eigentumswohnungen – doch alle hatten nur einen Besitzer. Und der hat beim Grundbuchamt am Amtsgericht den Verzicht auf sein Eigentum an dem Haus erklärt.

Besitzer erklärte Verzicht

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Der zweite Fall ist noch außergewöhnlicher: Es handelt sich um das Versehrten-Denkmal mit dem Adler am ehemaligen Heilig-Geist-Krankenhaus in Haspe. Seit 2005 steht es unter Denkmalschutz, doch der Investor, der das ehemalige Krankenhaus-Gelände für Wohnbebauung vermarktet hat, hat sich dieses Denkmals entledigt. Das Areal wurde so parzelliert, dass alles verkauft wurde – außer das kleine Grundstück rund um das Denkmal, das in einem schlechten Zustand ist . Auch hier erklärte der Besitzer beim Grundbuchamt den Verzicht.

Jetzt ist auch das Versehrten-Mahnmal in Haspe herrenlos.
Jetzt ist auch das Versehrten-Mahnmal in Haspe herrenlos. © WP Michael Kleinrensing

Ist es denn so einfach möglich, auf sein Eigentum zu verzichten? Ja, weiß Oliver Hoffman, der Direktor des Hagener Amtsgerichts: „Das ist im Paragraf 928 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt. Mit einer notariellen Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt kann man auf sein Eigentum verzichten.“ An wen es dann fällt, ist auch geregelt: an den Fiskus. Das ist das Land NRW, oder genauer: der „Bau- und Liegenschaftsbetrieb“ (BLB NRW).

Land NRW verzichtet meist gerne

Doch dort ist man keinesfalls immer froh über solche Geschenke, weil die bisherigen Besitzer meist aus guten Gründen auf ihr Eigentum verzichtet haben, die Immobilien drohen nur Kosten zu verursachen. Amtsgerichtsdirektor Hoffman weiß: „In der Regel verzichtet der BLB auf seinen Erstzugriff.“

Herrenloser Bunker sorgt für Schlagzeilen

Schon einmal hat eine herrenlose Immobilie für Schlagzeilen gesorgt hat: Der ehemalige Bunker an der Körnerstraße 94 hatte keinen Besitzer mehr – dann schlug 2011 die islamisch-kurdische Gemeinde zu, um eine Moschee einzurichten.

Man kann sich zwar eines Grundstücks entledigen, aber nicht immer aller Kosten. „Wenn es etwa Altlasten auf einem Tankstellen-Gelände gibt, dann greift hier auch bei Verzicht die Verursacherhaftung“, so Amtsgerichtsdirektor Hoffmann.

Ist der Verzicht des Fiskus dann im Grundbuch vermerkt, kann jeder zugreifen. Hoffmann: „Es gilt das Windhundprinzip. Wer zuerst kommt und sich mit Hilfe eines Notars im Grundbuch eintragen lässt, dem gehört das Grundstück.“ Gebühren fallen dann zwar an oder auch mögliche im Grundbuch eingetragene Lasten müssen übernommen werden.

Stadt Hagen hat das Nachsehen

Findet sich kein neuer Besitzer, wird das Haus herrenlos und die Stadt Hagen hat das Nachsehen: Denn sie ist im Zweifel immer für die Verkehrssicherungspflicht zuständig. Im Rathaus wird nun juristisch geprüft, wie man mit den herrenlosen Immobilien umgehen soll. Baudezernent Thomas Grothe fürchtet, dass bald mehr solcher Fälle auftreten: „Ich gehe davon aus, dass in Zukunft auf die Stadt geschaut wird, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen.“

Entweder juristisch bei der Übernahme der Verkehrssicherungspflicht. Oder moralisch, was das Stadtbild, den Stadtteil oder die Nachbarschaft anbetrifft. Grothe: „Dies kann zu einem echten finanziellen Problem für die Stadt werden, da der Leerstand von Immobilien bei der großen Abnahme der Bevölkerung zunehmen wird.“