Hagen. Das Theater Hagen zeigt Paul Burkhards Revueoperette „Das Feuerwerk“ mit spektakulärer Artistik und schönen Stimmen. Hier prallt die Zirkuswelt ins Spießermilieu. Zünden tut das “Feuerwerk“ allerdings erst nach der Pause.
Fabrikant Oberholzer möchte vor lauter Wut den Käse-Igel auf dem Nierentisch schlachten. Da will man gediegen im Kreise der buckligen Verwandtschaft den Sechzigsten feiern, und plötzlich mischt der verschollene Bruder die Szene auf, der zum Zirkus abgehauen ist.
Paul Burkhards Musikkomödie „Das Feuerwerk“ lebt vom Kontrast zwischen bürgerlichem Spießertum und unkonventionellem Manegen-Geflitter. Der Chanson „O mein Papa“ hat das Stück weltberühmt gemacht. Das Theater Hagen bringt es zur Freude der Besucher wieder auf die Bühne. Die Premiere wurde mit langem Beifall im Stehen gefeiert.
O mein Papa, war eine wunderbare Clown
Regisseurin Nicola Glück hat dabei keinen leichten Job. Denn der erste Akt mutet für heutige Theatergewohnheiten recht zäh an, da helfen auch die liebevollen Regieeinfälle nicht wirklich. Doch nach der Pause zündet „Das Feuerwerk“: als knackige Zirkusrevue, die nicht im grellen Kirmeslicht daherkommt, sondern in sepiagetönten nostalgischen Farben.
1950 schlug die Geburtsstunde des „Feuerwerks“, und Nicola Glück verortet ihre Inszenierung am 4. Juli 1954, als Deutschland in Bern die Fußballweltmeisterschaft gewann. Ausstatterin Pia Oertel setzt diese Ära unaufdringlich in Bühnenbild und Kostümen um.
O mein Papa, war eine große Kinstler
Es soll gelacht werden, also sind die Charaktere überzeichnet. Orlando Mason alias Onkel Heinrich balanciert seinen Kugelbauch, als wäre er in anderen Umständen. Marilyn Bennett ist die spitzzüngige Tante Paula, eine Königin des klimakterischen Zickenkrieges. Werner Hahn gibt sich als Unternehmer jovial und bleibt doch ein Patriarch. Und Kristine Larissa Funkhauser lässt als Köchin Kati ihrem Spieltrieb freien Lauf.
Doch „Das Feuerwerk“ ist in der Hagener Inszenierung auch eine Entwicklungsgeschichte, der Zirkus entpuppt sich als Katalysator für überfällige Emanzipation. Die junge Anna probt im Kontakt mit dem abtrünnigen Onkel den Ausbruch aus der passiven Tochterhaltung. Und der ewig kränkelnde Gustav wirft am Ende Schal und Schnupftuch weg.
Feuerwerk im Theater Hagen
Das Hagener Publikum freut sich, Bassbariton Rolf A. Scheider wieder zu hören, der als Zirkusdirektor zum Meister der Phantasien und Schreckgespenst der Philister wird. Ruth Ohlmann singt als Iduna das „O mein Papa“ mit einer rührenden Mischung aus Sopranglanz und Sentimentalität.
Hoch auf die Seil, wie war er herrlich anzuschau’n
Der Regie gelingt es gekonnt, aus der steifen Geburtstagsgesellschaft in die Traumwelt des Zirkus’ überzuleiten. Und jetzt strahlen im Publikum die Augen vor Glück: Schlangenmädchen, starke Männer, kluge Hunde: Der Circus Jonny Casselly verbindet atemberaubende Akrobatik und flotte Slapsticknummern zu poetischen Bildern.
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Das Sänger-Ensemble wird geschickt integriert. Die drei Tanten verwandeln sich in kratzbürstige Tigerinnen, und die drei Onkel, allen voran Richard van Gemert als Gustav, entdecken den Clown im Mann.
O mein Papa, war eine schöne Mann
Im Mittelpunkt steht die bezaubernde Sopranistin Maria Klier als Anna, die mit blitzsauberen Spitzentönen ihren Weg zwischen strengen Eltern, eifersüchtigem Freund und der Flucht in die Manege sucht. Dass sich hinter all dem Scheinwerferglanz nicht nur eitel Sonnenschein verbirgt, das verrät am Ende dann Iduna.
Paul Burkhard hat für sein „Feuerwerk“ schmissige Tanzrhythmen komponiert, die das Stück beschwingt klanglich unterfüttern. Kapellmeister Stefan Müller-Gabriel tut sich am Anfang schwer damit, die Partitur unverwackelt zu dirigieren. Aber spätestens, wenn die Gladiatoren einmarschieren, zündet der Funke dann auch im Orchestergraben.
Wieder am 4., 10., 13., 24., 27. Oktober. Karten: 02331 / 2073218 oder www.theaterhagen.de