Hagen. . Vertreter aller Ratsfraktionen haben vor dem Hintergrund des Nordwest-Wegzuges erhebliche Kritik an der Standortpolitik der Hagen-Agentur formuliert.

Erhebliche Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Hagen-Agentur wurden angesichts des Wegzugs des Handelsunternehmens Nordwest in der jüngsten Ratssitzung von Vertretern aller Fraktionen geäußert. „Die Neukonzeption ist bislang gescheitert“, brachte FDP-Fraktionschef Claus Thielmann die Kritik auf den Punkt und forderte von der Mannschaft um Geschäftsführer Gerhard Schießer „mehr Drive“.

Aufbruchstimmung versandet

In den Jahren 2008/09 habe es, so der Liberale weiter, zu Zeiten der Wirtschaftsförderungsgesellschaft und des Stadtmarketingvereins noch eine echte Aufbruchstimmung bei der heimischen Unternehmerschaft gegeben: „Diese ist inzwischen völlig versandet.“ Kritik, die sich auch an die Adresse von Oberbürgermeister Jörg Dehm richtete, der schon in Wahlkampfzeiten die Bündelung der Kräfte unter dem Dach der Hagen-Agentur zur Chefsache erklärt hatte, um Standortpolitik und Marketing zu verknüpfen und eine positive Aufbruchstimmung innerhalb der Stadt, aber auch in die Region hinein zu erzeugen.

Um die Bestandspflege zu verbessern und das Abwandern potenter Betriebe in Zukunft zu verhindern, mahnte CDU-Fraktionschef Wolfgang Röspel die Gründung des ursprünglich angedachten Wirtschaftsbeirates an. Hier müsse sich die Hagen-Agentur dringend auf den Weg machen, um mit den Firmen in einen engeren Austausch zu kommen. Ein Hinweis seines Parteifreundes, den OB Dehm mit den Hinweis konterte, dass es diesen Beirat bereits seit anderthalb Jahren gebe. Offenkundig in einer Form, dass die Existenz dieser Runde bislang an der Politik völlig vorbeigegangen ist.

Beispielhaftes Leuchtturmprojekt

SPD-Sprecher Friedrich-Wilhelm Geiersbach nahm den angekündigten Wegzug von Nordwest nach Dortmund zum Anlass, auch die Flächenpolitik der Stadtspitze in Frage zu stellen: „Die Haßleyer Insel an Enervie zu vergeben, war ein Fehler und eine vertane Chance zugleich.“ Es wäre strategisch klüger gewesen, mit dem heimischen Energieversorger eine beispielhafte Brachen-Revitalisierung in Hagen durchzuführen, „quasi als Leuchtturmprojekt, das Nachfolgeinvestitionen nach sich zieht“.

Ebenso drohe durch die Ansiedlung des Cargobeamers, so Geiersbach weiter, eine attraktive Seelage durch ein Transportunternehmen verhunzt zu werden. Hagen brauche, so die Forderung des Genossen, dringend einen neuen Flächennutzungsplan, der einen verbindlichen Rahmen setze. Nur so könne die beliebige Ansiedlung von Einzelhandel auf potenziellen Gewerbeflächen verhindert werden, hob Geiersbach auch auf die Entwicklung auf der Brandt-Brache ab, die sich auf keinen Fall bei Nordwest wiederholen dürfe. Kritik, die Grünen-Ratsfrau Hildegund Kingreen auf Haßley übertrug: „Auch hier wurde der Fehler gemacht, ein Möbelhaus anzusiedeln statt die Fläche für Gewerbe zu nutzen.“

Vorzüge nach außen tragen

Der Oberbürgermeister verwahrte sich erneut ausdrücklich gegen jegliche Kritik, dass im Falle Nordwest seitens des Stadt Fehler gemacht worden seien. Es handele sich um eine rein unternehmerische Entscheidung – Hagen sei letztlich in einem interkommunalen Duell unterlegen.

Die Stadt haben nun einmal das grundsätzliche Problem, so die Darstellung von Dehm, dass es keine nennenswerten Flächen für Gewerbe mehr gebe. Eine Analyse, die auch von der Industrie- und Handelskammer geteilt werde. „Aber wir sollten uns jetzt nicht kollektiv im Elend suhlen“, warnte der Verwaltungschef. Die Investoren stünden in Hagen ohnehin nicht Schlange. Dennoch gebe es für den Standort Hagen mit der Ansiedlung der Rathaus-Galerie, der Firma Burg an der Volmarsteiner Straße oder auch der Dörken-Erweiterung in Vorhalle durchaus positive Nachrichten. Er forderte alle Parteien auf, die Vorzüge des Standortes Hagen selbstbewusst nach außen zu tragen.