Hagen. . Der junge Sänger gehört zu den besten lyrischen Tenören seiner Generation und hat seine Karriere am Theater Hagen begonnen. Nun singt Dominik Wortig an großen internationalen Häusern wie der Mailänder Scala. Am 19. März kehrt er für ein Sinfoniekonzert zu seinen Wurzeln zurück.
Was macht eigentlich Dominik Wortig? Der überaus populäre Hagener Tenor singt derzeit an der Seite von Klaus Florian Vogt und Bryn Terfel den Steuermann in Wagners „Fliegendem Holländer“ an der Scala. Von Mailand kommt er direkt zu Dvoraks „Stabat mater“ im Hagener Sinfoniekonzert am Dienstag, 19. März. Danach geht es nach Hongkong. Dominik Wortig ist an den großen internationalen Häusern und unter den berühmten Kollegen angekommen.
Dass der blutjunge Sänger über eine Jahrhundert-Begabung verfügt, wurde schnell deutlich, als Wortig am Theater Hagen sein erstes festes Engagement antrat. Das Publikum konnte fasziniert miterleben, wie der gebürtige Neuwieder sich Rolle für Rolle zu einem der besten lyrischen Tenöre seiner Generation entwickelte. Bald horchten auch die Agenturen auf, es regnete Angebote. Doch der Schüler von Kurt Moll, Brigitte Fassbaender und Reinhard Leisenheimer hat seine Laufbahn mit großer Behutsamkeit angelegt; Musik ist ihm wichtiger als Karriere. „Ich fühle mich bestätigt“, sagt Dominik Wortig. „Ich bin konsequent meinen Weg gegangen, und es hat mich ja trotzdem an die Scala verschlagen, auch wenn ich gewissen Zwangsläufigkeiten des Marktes nicht gefolgt bin.“
Die Gespräche mit dem Tenor Klaus Florian Vogt regen den studierten Kirchenmusiker umso mehr an, gründlich zu reflektieren, wie der Druck des hungrigen Marktes Stimmen und Persönlichkeiten verschleißen kann. „Vogt und ich sind Antipoden derselben Problematik“, schildert er. „Klaus ist definitiv ein Heldentenor mit relativ hell timbrierter Stimme. Ich bin kein Heldentenor, sondern ein lyrischer Tenor mit dunkel grundierter Stimme.“
Wortig legt einen Schwerpunkt auf Konzertrepertoire
Derartige Individualität war früher an der Tagesordnung im Geschäft und wurde als Bereicherung empfunden. Das hat sich geändert. „Die Leute mögen es heute nicht, wenn es so souverän klingt, die wollen Blut spritzen hören.“
Bewusst hat Wortig einen bedeutenden Schwerpunkt seiner künstlerischen Arbeit dem Konzertrepertoire gewidmet. Mit Helmuth Rilling arbeitet er schon lange intensiv zusammen, Lothar Zagrosek und Michael Gielen sind weitere Dirigenten, die er schätzt - und Hartmut Haenchen, der den Mailänder „Holländer“ leitet. „Ich kannte ihn vorher nur als Mozart-Dirigenten. Er gestaltet den ,Holländer’ wahnsinnig durchsichtig und transparent, ohne dass er die Dramatik verliert. Wagner, richtig gelesen und dirigiert, ist keine Brüllnummer.“
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Und wie fühlt man sich als Tenor an der ehrwürdigen Scala? „Hinter dem Vorhang funktionieren die Theater alle gleich, an allen gibt es Leute, die mit Herzblut versuchen, eine Produktion nach vorne zu bringen“, schildert der Sänger und ergänzt: „Was den Riesen-Titel ,La Scala’ in die Welt trägt, bleibt im Endeffekt ein normales Theater.“ Dominik Wortig lächelt: „Auch wenn dann mal ein paar Weltstars an einem vorbeilaufen. Heute Morgen habe ich Leo Nucci gehört und gedacht, mein Gott, da singen Engel. Der ist jetzt Anfang 70 und liefert morgens um 10 Uhr Töne ab, die andere abends nicht bringen können. Die Größten sind oft die Unkompliziertesten, was die eigene Person angeht.“ So wie Klaus Florian Vogt, der im Wohnmobil in Mailand residiert und von seinem Stellplatz aus mit dem Moped in die Scala fährt. Oder Bryn Terfel, der durch die Vermittlung von Anna Netrebko eine schicke Wohnung anmieten konnte und die Kollegen mitunter bekocht.
Im Herbst gibt Wortig den Parsifal in Braunschweig
Nach dem Steuermann wird es spannend für Dominik Wortig, denn im Herbst gibt er sein Rollendebüt als Parsifal in Braunschweig. „Der Parsifal kam schon ein paar Mal vorbei, und ich habe immer abgesagt. Jetzt werde ich 40 und fühle mich danach, dass ich die Partie bewältigen kann. Der Parsifal ist eine Herzblut-Oper von mir.“ Seit 2011 hat Dominik Wortig zudem einen Lehrauftrag für Gesang an der Musikhochschule Augsburg. „Unterrichten, das ist mein zweiter Lebensinhalt geworden.“
Viel unterwegs zu sein, ist eine zwangsläufige Begleiterscheinung des Berufes. „Die Leute denken immer, ich bin so eine Art Indiana Jones mit Schlapphut, aber man hat kein Jetset-Leben, man fährt dahin, um zu arbeiten.“ Dass man viel alleine ist, damit muss ein international gefragter Sänger zurechtkommen. „Unsere Heimat, die tragen wir in uns selbst. Das ist ein kluger Satz für die, die darauf angewiesen sind.“
Hagen war auf dem Weg zur Weltkarriere das Sprungbrett und ist auch heute noch kein Umweg. „Ich freue mich wahnsinnig auf das ,Stabat mater’, freue mich, das Orchester wieder zu sehen und freue mich auf das tolle Publikum. Die Leute haben so viel Liebe zu diesem Theater.“
Sinfoniekonzert: Dvorak: Stabat mater, Dienstag, 19. März, 20 Uhr, Stadthalle Hagen. Karten: 02331 / 2073218 oder www.theater.hagen.de