Hagen. Am Samstag, 20. April, feiert „Verrücktes Blut“ Premiere im Hagener Kinder- und Jugendtheater Lutz. Dabei handelt es sich um eines der aktuell erfolgreichsten deutschen Theaterstücke: Es geht darin um eine Lehrerin, die an ihren lernunwilligen Schülern verzweifelt und sie schließlich mit Hilfe von Geiselnahme und Terror dazu zwingt, sich mit den Werten der Aufklärung und Friedrich Schiller zu beschäftigen.

Am Samstag, 20. April, feiert „Verrücktes Blut“ Premiere im Hagener Kinder- und Jugendtheater Lutz. Dazu ein Interview mit dem Leiter des Theaters, Werner Hahn.

Warum haben Sie „Verrücktes Blut“ auf den Spielplan genommen?

Werner Hahn: Verrücktes Blut ist von der Theaterkritik zu einem der spannendsten Stücke der letzten Spielzeit gewählt worden. Zudem deckt es genau die Themen ab, die wir im Lutz in den letzten Jahren immer wieder behandelt haben: Fragen der Migration, des kulturellen Mitein­anders. Und natürlich eine besonders spannende Frage: Wie überleben unsere großen Genies, wie zum Beispiel Friedrich Schiller, in der heutigen Zeit?

Seit der Uraufführung 2010 wurde das Stück an zahlreichen deutschen Bühnen gespielt, immer mit sehr großem Erfolg. Es hat scheinbar den Nerv der Zeit getroffen. Warum?

Hahn: Das Stück thematisiert Dinge, die in unserem Leben Normalität geworden sind, die man aber immer noch gerne ausblendet. Durch die Aufführungen auf den wichtigen Theaterfestivals hat aber auch der deutsche Bildungsbürger plötzlich bemerkt: Hui, die Themen sind ja brisant!

2010 war auch das Jahr, in dem Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ veröffentlicht wurde. Kann man das Stück als Antwort auf dieses Buch verstehen?

Hahn: Die beiden Werke sind für mich ganz große Antipoden. Sarrazin schaut aus einem Blickwinkel auf unsere Gesellschaft, der derart eingeschränkt ist, dass mir persönlich angst wird. Das Stück bedient sich genau dieser Klischees: Auf der Bühne sehen wir Figuren, wie sie von Herrn Sarrazin nicht besser erfunden werden könnten. Insofern gibt es einen engen Kontext zwischen Sarrazin und „Verrücktes Blut“. Dem Theaterstück gelingt es dann natürlich, die Klischees zu brechen. Es kommt heraus, dass diese Figuren ganz lebendige, lebensfrohe Menschen sind, die auch durchaus in der Lage sind, die BRD weiterhin mit Leben zu erfüllen.

Verrücktes Blut“ wird im Lutz sowohl vormittags als auch abends gezeigt. Wer ist denn eigentlich die Zielgruppe für dieses Stück?

Hahn: Als die Produktion der Uraufführung zu den Berliner Theatertagen eingeladen wurde, gab es den großen Streitpunkt: Ist das jetzt ein Jugendtheaterstück oder ist das ein Theaterstück für die Hochkultur? Wir im Lutz fassen das unter den gleichen Aspekt, unter den wir alle unsere Stücke fassen: Theater ist für alle da und unsere Jugendtheater-Produktionen sind geeignet für alle Menschen ab 14.

Friedrich Schiller spielt eine Hauptrolle in dem Stück. Ist „Verrücktes Blut“ auch für den Deutschunterricht interessant?

Hahn: Absolut! Die Abiturienten haben sich ja gerade mit „Kabale und Liebe“ auseinander gesetzt. Dieses Stück eröffnet jetzt noch einmal einen ganz anderen Blickwinkel: den von ganz normalen Jugendlichen auf eines unserer größten Denkmäler. Das ist das Spannende und da kann wirklich jeder etwas mitnehmen. Vor allem Lehrer sollten das Stück unbedingt sehen und etwas daraus mitnehmen. Schiller war ja damals ein Revolutionär und eigentlich ein Jugendautor. Das Stück zeigt, dass in Schiller eine viel größere Durchlässigkeit steckt, als wir das mit unserer Bildungsbürgerbrille immer wahrnehmen.