Hagen. . Der dänische Komponist Poul Ruders hat aus „Dancer in the dark“ eine Oper gemacht. Das Theater Hagen spielt „Selma Jezková“ als erste Bühne in Deutschland.
Die Heldin ist eine arme, fast blinde Frau, die unbedingt ihren kranken Sohn retten will. Unter dem Titel „Dancer in the dark“ wurde die Geschichte zum oscargefeierten Kino-Welterfolg. Doch der Stoff ruft geradezu nach einer Vertonung, findet der dänische Komponist Poul Ruders. „Selma Jezková (Dancer in the dark)“ feiert am 13. April im Theater Hagen Premiere. Nach großen Erfolgen in Dänemark, Schweden und den USA ist es die erste Aufführung der Oper in Deutschland.
Poul Ruders sitzt in der Hotelhalle, den Rucksack bereits fertig gepackt für die Heimreise von Hagen in Richtung Kopenhagen. Der Däne ist ein hochangesehener Komponist, der ein umfangreiches Euvre geschaffen hat. Nächste Woche wird er 64. Seine Werke stehen weltweit auf den Spielplänen; kurz vor der Hagener Premiere bestreiten die New Yorker Philharmoniker unter Alan Gilbert die Uraufführung seines Oboenkonzertes; das spektakuläre neue Opernhaus in Kopenhagen wurde mit der Premiere seiner Oper „Kafkas Prozess“ eröffnet. Ruders ist ein nachdenklicher Künstler. Ein bekennender Landmensch dazu, der südlich von Kopenhagen auf dem Dorf wohnt und doch in den internationalen Metropolen herumkommt, weil dort seine Kompositionen aufgeführt werden.
„Dead Man Walking“ hatte schon Erfolg
Romane und Bühnenstücke von Shakespeare bis Schiller haben früher den Komponisten als Ideen-Schmiede gedient. Nun kommt das Kino als Lieferant hinzu. „Heutzutage ist es nur natürlich, eine gute Geschichte im Film zu finden“, sagt Poul Ruders. Das Theater Hagen hat mit „Dead Man Walking“ Furore gemacht. Mit „Selma Jezková“ will man daran anknüpfen.
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Doch es gibt keinen Trend, dass Opern künftig ein zusätzliches Glied in der Verwertungskette des Kinos sind. Ruders selbst hat zum Beispiel neben Kafkas „Prozess“ auch „Der Report der Magd“ von Margaret Atwood vertont – und zwar völlig unabhängig davon, dass Volker Schlöndorff den Roman verfilmte. Was Komponisten ebenso dringend suchen wie Filmleute sind Stoffe, in denen es um Menschen geht, die zu Helden werden, weil sie ein Schicksal haben.
Kino und Oper werden in manchen Punkten von ähnlichen Gesetzen regiert: Die Geschichten müssen auf einer emotionalen Ebene unmittelbar funktionieren und die Konflikte trennscharf sein. Der größte Unterschied besteht darin, dass für das kommerzielle Kino ein Happy End verpflichtend ist, während in der Oper in der Regel nur wenige Protagonisten das Finale überleben. Andererseits gibt es in der Oper Musik, und das ist eine machtvolle Erzählebene. „Musik kann die Gefühle herausstellen“, betont Poul Ruders.
Ein Auftrag der Königlichen Oper in Kopenhagen
Selma Jezková, das klingt nicht von ungefähr wie Katja Kabanova, die tragische Heldin von Leos Janáceks gleichnamiger Oper. Das Schicksal der kranken tschechischen Einwanderin Selma, die in New York in der Fabrik Doppelschichten schiebt, um die notwendige Augenoperation für ihren Sohn bezahlen zu können, vollzieht sich mit fast beiläufiger Tragik. Es ist in Wahrheit eine Passion. Entsprechend emotional und dicht ist die Musik des 70-minütigen Werks, das Ruders im Auftrag der Königlichen Oper in Kopenhagen komponiert hat. „Ich weiß, dass ich eine spezielle Nähe zur dunklen Seite habe“, analysiert er. „Man sagt ja, dass es erheblich leichter ist, eine Tragödie zu schreiben als eine Komödie.“
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Gleichwohl ist die Oper keine klangliche Illustration des Filmes, sondern ein eigenständiges Opus. „Es berührt die Leute, wegen der Musik natürlich, aber auch, weil die Geschichte fantastisch ist“, so Poul Ruders. Zur Premiere kommt er wieder nach Hagen, mit seiner Frau. Und wieder mit dem Zug. Hagen ist lediglich acht Bahnstunden von Kopenhagen entfernt. „Ich habe keine Probleme mit dem Fliegen. Aber das Bahnfahren ist eine so angenehme Art des Reisens.“
Info und Karten: 02331 / 2073218 oder www.theater.hagen.de