Hagen. Man muss sich ganz schnell von einem Gedanken trennen, wenn man Rudolf Pesch in seinen eigenen vier Wänden besucht. Dieser Mann ist nämlich alles, aber ganz bestimmt nicht das, was man sich unter einem 83-jährigen Rentner gemeinhin vorstellt. Der ehemalige Kämmerer der Stadt Hagen ist bei allen elektronischen Trends unserer Zeit voll auf Ballhöhe.
Was soll man zuerst aus der Vita von Rudolf Pesch erzählen? Dass er in der politischen Geschichte der Stadt zu den vielleicht meist geschätzten Kämmerern gehörte? Dass er einer der Väter der katholischen Krankenhaus-Fusion ist? Dass er es später war, der die Umwidmung von 50 Krankenhäusern im Erzbistum Paderborn von Sondervermögen der Kirchengemeinde in gemeinnützige Gesellschaften vorantrieb? Dass er Träger des Bundesverdienstkreuzes ist?
Viele Meilensteine im Leben
Das ist alles richtig und wichtig. Und es gibt so viele große Meilensteine in der Vita von Rudolf Pesch, dass man glauben könnte, man bräuchte zwei Leben, um sie alle zu erreichen. Aber viel bewundernswerter ist, was all diese Meilensteine mit dem Menschen Rudolf Pesch gemacht haben. Seine Erfahrungen, seine Erlebnisse schaffen Gespräche mit wohldurchdachten Antworten und Themen, die der feinsinnige Pesch ohne viele Schachtelsätze aus vielen Blickrichtungen beleuchtet. Einfach und klar verständlich.
„Vielleicht habe ich das von meinem Vater“, sagt er. Er meint Edmund Pesch, den ersten Chefredakteur dieser Zeitung, die ihn gerade besucht, weil sie interessiert, wie das Leben dieses Mannes nach seiner beruflichen Karriere verläuft. „Ich wäre vielleicht auch ein guter Journalist geworden“, sagt Pesch. Und irgendwie wollte er in jungen Jahren ja auch mal alles werden – nur nicht Beamter.
Aber es kommt im Leben erstens immer anders und zweitens als man denkt. Er wurde recht unverhofft Beigeordneter und am Ende – gar nicht so strikt durchplant – auch Kämmerer unserer Stadt. Er kümmerte sich um Millionen. Um Milliarden.
Keine Statements zur aktuellen Politik
Eins hat er vor unserem Termin klargestellt. „Was macht eigentlich Rudolf Pesch?“ solle nicht heißen, dass ein Elder Statesman seinen Senf zur aktuellen Politik dazu gibt. „Das sollen andere tun“, sagt er uns. Und für uns ist das kein Problem.
Rudolf Pesch ist seit 58 Jahren mit seiner Doris verheiratet. Drei Kinder haben die beiden. Und sieben Enkelkinder. „Da führe ich viele interessante Gespräche und höre noch interessantere Geschichten“, sagt der Ehemann, Vater und Großvater. Sie halten ihn jung und vor allem frisch im Geist. Rudolf Pesch kann jedem Endzwanziger Dinge aus der Welt der Software und der Elektronik so präzise erklären, dass der Endzwanziger glaubt, er lebe noch in der Welt des Commodore C-64 oder der Schreibmaschine. Es ist sein Hobby. Rudolf Pesch ist „up to date“.
Büchersammlung eines belesenen Mannes
Ein gepflegter Garten liegt hinter dem Haus der Peschs. Gepflegt in Eigenregie. Und entlang der Wohnzimmerwände winken Bücher voller Wissen. „Ach, das sieht nach mehr aus, als es ist“, sagt Pesch. Vermutlich sieht es aber genau danach aus, was es ist. Nach der Sammlung eines belesenen Mannes.
Obwohl er sich von vielen Verpflichtungen und Engagements stückweise gelöst hat, ist Pesch die Mitarbeit in der Heilig-Geist-Gemeinde eine Herzensangelegenheit geblieben. An seinem Computer im Keller brütet er gerade über dem Layout eines klappbaren Hefts für die Gemeinde. Da kommt ein wenig der Sohn eines Chefredakteurs durch. Nur dass Pesch seinen Druck nicht mehr setzen muss, sondern ein Layout-Programm bemüht, das für den Laien wie eine Papyrus-Rolle voller Hieroglyphen wirkt. So viel zum Thema „up to date“ . . .
Rudolf Pesch hat keine hochtrabenden Träume. Dafür aber den Wunsch, dass das Leben ihm noch mehr Jahre schenken möge, die er selbstständig mit seiner Doris verbringen kann. Clever genug hat der ehemalige Kämmerer einst sein Haus konzipieren lassen. „Alles ist auf einer Ebene. Das zahlt sich im Alter aus. Wir müssen nicht großartig klettern.“ Er hat vorgedacht.
Wobei man in Peschs Fall eher anders formulieren sollte: Er hat vorprogrammiert.