Hagen. . Früher warf sie eine Vier-Kilo-Kugel 60 Meter weit über das Feld, heute trägt sie ihren elf Kilo schweren Sohn auf dem Arm durch die Wohnung. Bianca Achilles, die ehemalige Juniorenweltmeisterin im Hammerwerfen, heißt heute mit Nachnamen Wiecken, lebt nach wie vor in Hagen und hat nur ein Ziel vor Augen: ihren Sohn Conner großzuziehen.

Tapsig wackelt das ein Jahr alte Baby durch das Wohnzimmer, immer Muttis Hand dabei, die im Falle des Fallens unterstützend zur Seite steht. Bianca Wiecken, wie sie seit ihrer Hochzeit 2009 heißt, lässt ihr Kind kaum eine Sekunde aus den Augen. Selbst dann nicht, wenn Katze „Tommy“ mit ihr kuscheln möchte.

Anderer Schwerpunkt im Alltag

Denn für die 31-Jährige gibt es zurzeit nichts Wichtigeres in ihrem Leben, welches sich seit der Geburt von Conner um 180 Grad gedreht hat. „Ich setze einen ganz anderen Schwerpunkt in meinem Alltag. Abends ausgehen oder auch nur der Besuch bei einer Freundin müssen geplant werden. Schließlich brauche ich jemanden, der auf den Kleinen aufpasst.“

Aber selbst wenn sie dann einmal ohne ihn ist, beherrscht sie eine innere Unruhe. Was macht er? Wie geht es ihm? Solche Fragen schießen Bianca Wiecken durch den Kopf, selbst wenn sie weiß, dass die Oma auf den Enkel aufpasst. Aus diesem Grund ist auch der Sport, der bis vor zwei Jahren noch ihr Leben bestimmte, komplett in den Hintergrund gerückt.

Den Sport nicht aufgeben

Als Bianca Wiecken erfuhr, dass sie in der achten Woche schwanger ist, hörte sie auf, die schweren Kugeln meterweit zu schleudern. Ganz aufgeben wollte und konnte sie ihren heiß geliebten Sport aber dann doch nicht.

Deshalb trainiert sie seit diesem Zeitpunkt die Jugendlichen der „Nighthawks Iserlohn“, ihrem jetzigen Verein. So kommt sie wenigstens nicht ganz aus der Übung. Und spätestens im September, wenn der kleine Conner in den Kindergarten kommt, möchte Bianca Wiecken wieder voll ins Training einsteigen.

Schon einmal hatte die Hammerwerferin wieder die Kugel geschwungen. Drei Monate nach der Geburt ihres Sohnes nahm sie für den ASC 09 Dortmund an Wettkämpfen für die Qualifikation der Deutschen Meisterschaft teil. Eine Fehlentscheidung. Ihr Körper war noch nicht wieder bereit für die enorme Belastung. „Ich hatte heftige Schmerzen beim Werfen. Ich wollte einfach zu viel und zu schnell.“

Ein Jahr bis zur alten Form

Trotzdem warf Bianca Wiecken den Hammer immer noch 50 Meter weit. Drei Meter mehr und sie hätte sich qualifiziert. Das nächste Mal möchte sie besonnener an die Sache herangehen. Der ehemaligen Juniorenwelt- und Europameisterin ist bewusst, dass sie mindestens ein Jahr benötigt, um ihre alte Form wiederzuerlangen. Wenn das überhaupt jemals möglich ist.

Bis dahin verbringt sie die Zeit mit ihrem Sohn und dem Verkauf von Babysachen auf dem Trödelmarkt. Und natürlich ihrem Mann. Der ist übrigens kein Sportler – und das mit Absicht. „Ich wollte nie mit einem Sportler zusammen sein. Ich habe lange genug mitbekommen, wie es ist, wenn man nur unter Sportlern ist. Da möchte ich, wenn ich nach Hause komme, auch über etwas anderes sprechen können als nur über den Sport“, erklärt Bianca Wiecken.

Übrigens hat sie die Deutsche Meisterschaft noch nicht aufgegeben. Die 31-Jährige hat nämlich neben ihrem Sohn noch ein weiteres Ziel: Einmal erneut in einem Endkampf der Deutschen Meisterschaften stehen.