Hagen/Dortmund. Eins ist klar: Es ist egal, wirklich ganz egal wie krank Monika Brandt noch in ihrem Leben werden wird. Niemals, wirklich niemals würde sie einen Zwieback essen, der bei der Firma Brandt gebacken wurde. Man kann es verstehen.
Eins ist klar: Es ist egal, wirklich ganz egal wie krank Monika Brandt noch in ihrem Leben werden wird. Niemals, wirklich niemals würde sie einen Zwieback essen, der bei der Firma Brandt gebacken wurde. Man kann es verstehen.
Monika Brandt hat ein einnehmendes Lächeln. So ein Lächeln, das einem das Gefühl gibt, man würde sie schon zwanzig Jahre persönlich kennen. Sie ist emphatisch oder wie die Menschen in Dortmund, wo Monika Brandt heute lebt, es ausdrücken würden: „Die Brandt kann mit Menschen.“
An der Front der Gewerkschaft
Das hat ihr geholfen in all den Jahren an der Front für die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Diese Art und ihre Betriebsamkeit haben sie zur Geschäftsführerin werden lassen. Womit wir an den Punkt kommen, warum es sich lohnt mal danach zu fragen, was Monika Brandt heute eigentlich macht? Sie gehört genauso zur Geschichte des Rückzugs der Firma Brandt aus Hagen, wie jede vergossene Träne, die die hart arbeitenden Frauen und Männer nach der Schließung vor den Werkstoren geweint haben. Monika Brandt hat für sie gekämpft. Knallhart und mit allen Bandagen.
Ihre Wohnung in Dortmund-Loh ist warm eingerichtet. Die Themen Musik und Literatur dominieren das Interieur. An der Wand hängt eine wuchtige Uhr, die nicht nur Zeitanzeiger, sondern auch Symbol für Brandts altes Leben ist. „Der Blick auf die Uhr hat heute nicht mehr den Wert, den er früher hatte“, sagt sie. Heute bestimme sie den Tag. Der Tag bestimmt endlich nicht mehr über Monika Brandt.
Unglaublich schwer zu glauben
Während unseres Gesprächs sagt sie einige Sätze, die im ersten Moment unglaublich schwer zu glauben sind. Sätze wie „Man durfte die Sache mit Brandt einfach nicht so nah an sich ranlassen“ oder „Am Ende musste man das Aus einfach akzeptieren“. Die Zeit muss die Wut, die Verzweiflung und das Mitleid verwischt haben. Denn wer sich über die Person Monika Brandt an der Spitze der Brandt-Retter-Bewegung erzählen lässt, hört Geschichten von einer Frau, die 14 Stunden am Tag dafür investiert hat, die Hohn und Wut der Geschäftsleitung über sich ergehen lassen musste, die sogar fast dem lächelnden Buben auf der Zwieback-Packung die Zornesröte ins Gesicht getrieben hätte. Und wenn man Monika Brandt mit dieser alten Zeit konfrontiert, gibt sie zu, „dass ich viele Nächte sehr schlecht geschlafen habe.“
Das ist heute anders. Heute wird durchgeschlafen, viel gelesen, ab und an musiziert und öfter gereist als früher. Und nur weil Brandt Geschäftsführerin einer Gastronomie-Gewerkschaft war, heißt das nicht, dass sie heute alte Drähte glühen lässt und jeden Abend in einem anderen Restaurant in Südwestfalen speisen geht. „Ich koche gerne selbst und habe auch gerne einfach mal meine Ruhe abends.“ Die Kämpferin ist ruhiger geworden.
"Eine blöde Namensübereinstimmung"
Sie hieß nicht nur so wie das einstige Hagener Traditionsunternehmen, für dessen Rettung sie ackerte, sondern auch exakt so wie die Ehefrau von Geschäftsführer Carl-Jürgen Brandt, der der Gewerkschaftsführerin an vielen Tagen sicherlich gern ein Ticket zum Mond spendiert hätte. „Das war immer einer blöde Namensübereinstimmung“, sagt sie.
"Beruf wäre familienunfreundlich gewesen"
Monika Brandt lebt allein. Mit 22 Jahren war sie mal verheiratet. Kinder hat sie nicht. „Mein Beruf wäre aber auch immer sehr familienunfreundlich gewesen.“ Heute gibt ihr das Freiräume, die Dinge so zu tun, wie sie es gerne will.
Zum ein oder anderen Weggefährten aus der Zwieback-Zeit hat sie noch Kontakt, hin und wieder spricht man mal darüber.
Auch über die ganz großen und Aufsehen erregenden Aktionen, die Brandt und der damalige Brandt-Betriebsrat unternommen haben, um das Ruder doch noch rumzureißen, um den Umzug der Brandt-Produktion nach Ostdeutschland, wo prächtige Fördersummen lockten, doch noch zu verhindern.
„Pfeife des Jahres“ verliehen
Sie stellten Kloschüsseln vor die Tür der Unternehmensberatung, die der Zwieback-Riese sich damals ins Haus geholt hatte. Die Botschaft: „Wir sch... auf eure Beratung.“ Sie legten einen Kranz am Grab des Brandt-Gründers nieder und beerdigten damit quasi auch sein Lebenswerk. Und Geschäftsführer Carl-Jürgen Brandt verlieh sie bei einer Betriebsversammlung die „Pfeife des Jahres“.
In der Rückschau wirkt das rebellisch und wild. Doch Brandt sagt heute, dass sie alles noch mal genau so machen würde. Diese Sicht der Dinge gibt der emphatischen Frau die Ruhe und die Gelassenheit, die es braucht, um die Zeit als Rentnerin zu genießen. „Ich tue das jetzt“, sagt sie, „ich denke jetzt an mich.“