Hagen-Boele. Flower Power, Blumen im Haar und alle haben sich lieb. Im Sommer der Liebe 1967 waren in San Francisco Tausende Menschen friedlich zusammen. Währenddessen liefen in Hagen die ersten Planungen für die Karnevalssession 67/68. Der Boeler Oberloßrock stand aber schon fest: Helmut Jehle.

Flower Power, Blumen im Haar und alle haben sich lieb. Im Sommer der Liebe 1967 waren in San Francisco Tausende Menschen friedlich zusammen. Währenddessen liefen in Hagen die ersten Planungen für die Karnevalssession 67/68. Der Boeler Oberloßrock stand aber schon fest: Helmut Jehle. Heute hat er nicht mehr viel am Hut mit der jecken Zeit.

Mit 86 Jahren ist Helmut Jehle der älteste noch lebende Oberloßrock in Hagen. Trotz oder gerade wegen seines Alters nimmt Jehle kein Blatt vor den Mund, erzählt munter aus der Zeit nach dem Krieg, macht makabere Scherze über abgeschnittene Schweineohren und die „unmögliche und völlig abgewrackte“ Treppe am Boeler Amtshaus. Er kommt aus einer anderen Generation. Den Satz „Wir hatten doch nichts“ hört man öfter von ihm.

Die Treppe am Boeler Amtshaus, auf der das Oberloßrockpaar traditionell posiert, ist ihm ein Dorn im Auge. „Ich würde mich da nicht hinstellen, wenn ich heute noch noch mal Loßrock wäre“, sagt der Rentner. „Eine Schande für Boele“ sei die Treppe. Auch wenn er heute viele Dinge anders machen würde, als sie aktuell stattfinden, erinnert er sich gerne an seine Zeit als Oberloßrock zurück.

Früher war der Zusamenhalt besser

Wenn Helmut Jehle einmal ins Schwelgen kommt, ist er kaum noch aufzuhalten. „Das war eine schöne Zeit. Aber die ist leider schon lange vorbei“, meint Jehle mit wehmütigem Blick in den Aktenordner aus der Session 1967/68. Schwarzweiße Fotos zeigen ihn mit seiner Herzdame Hermi I., er mit silbernem Zylinder und dem Eickelmann, sie im ausladenden Kleid und mit seligem Lächeln auf den Lippen. Üblich war es damals, nicht seine Ehefrau als Herzdame mitzunehmen. So sollte der Verein geselliger werden. Ob er das heute noch ist, da ist sich Helmut Jehle nicht so sicher.

Früher sei der Zusammenhalt besser gewesen. „Das war aber nicht nur beim Boeler Karnevalsverein so, sondern überall. Einfach mehr Gemeinschaft.“ Die Weltmeisterschaft 1966 fällt ihm ein. Damals bauten er und ein Boeler Freund gerade die Theke im Vereinsheim auf - nach dem „Wembley-Tor“, versteht sich. „Wir wussten, dass gleich alle Kumpel kommen und mit uns ein Bier trinken wollen. Aber als wir ankamen, da saßen die schon an der unfertigen Theke. Das würde es heute nicht mehr geben“, meint Jehle. Heutzutage würde man sich immer nur in kleinen Grüppchen aufhalten. Früher hätten es gar nicht genug Leute sein können, die zusammen sitzen. „Das verstehe ich heutzutage einfach nicht. Aber vielleicht sehe ich das auch einfach aus einer anderen Perspektive.“

"Mit den ollen Kamellen kann ich auch nichts anfangen"

Der ehemalige Bauingenieur setzte sich zu seiner aktiven Zeit massiv für den Bau einer Halle ein. Diese benötigten die Loßröcke, um ihre Wagen für den Zug bauen zu können. Er ließ seine (beruflichen) Kontakte zur Stadt Hagen spielen und kurze Zeit später konnte der Bau der Halle beginnen. „Ich denke nicht, dass es die Loßröcke ohne die Halle noch geben würde.“

Heute schaut sich Jehle den Karnevalszug nur noch aus dem Fenster an. Vor Ort zu sein, darauf hat er keine Lust mehr. In seiner direkten Art sagt er: „Was soll ich alter Kerl denn da am Zug? Das ist nichts für mich. Und mit den ollen Kamellen kann ich auch nichts anfangen.“