Hagen. . Gleich zum Auftakt der 100-jährigen Jubiläumsspielzeit hat das Hagener Theater seinem treuen Publikum den umfragegemäß größten Wunsch erfüllt und den Operetten-Dauerbrenner „Die Fledermaus“ von Johann Strauß inszeniert.

Gleich zum Auftakt der 100-jährigen Jubiläumsspielzeit hat das Hagener Theater seinem treuen Publikum den umfragegemäß größten Wunsch erfüllt und den Operetten-Dauerbrenner „Die Fledermaus“ von Johann Strauß inszeniert.

Nein, am Ende der gut dreistündigen Aufführung gab es im Parkett keine frenetischen Beifallsstürme im Stehen, immerhin aber langanhaltenden, sehr freundlichen Applaus, durchzogen auch von ein paar Bravo-Rufen.

Es mag am schönen Sommerabendwetter gelegen haben, dass bereits zu Beginn einige Stühle leer bleiben. Dass es sich nach der Pause weiter lichtete, könnte dem Gezeigten geschuldet gewesen sein. Das war jedoch - zumindest bis dahin - wirklich ausgesprochen kurzweilig, ansehnlich und klangvoll.

Regisseur Thomas Weber-Schallauer setzte pointiert-komische Akzente, die vom Ensemble ausgesprochen präzise und treffsicher umgesetzt wurden. Die Haltung war fröhlich-aufgeräumt, mitunter auch frech-frivol. Buchstäblich offenherzige Kostüme und der augenfällige Hang zu „viel Bein“ sorgten für eine erotisch-launige Stimmung, die Weber-Schallauer dann und wann bis ans Zotige heranzuführen wagte. Dankenswert überwand er in der ersten Hälfte dabei nicht den schmalen Grat zur plumpen Klamotte, sieht man vielleicht einmal von der allzu bemühten Stottereinlage ab, mit der Richard van Gemert als Dr. Blind die Lacher offenbar um jeden Preis erzwingen sollte.

Bruch nach der Pause

Den komödiantisch besten Part hatte hingegen Rainer Zaun als Gefängnisdirektor Frank; seine Auftritte waren eine Augen- und Ohrenweide gleichermaßen. Der nicht nur in Hagen so überaus beliebte und geschätzte Dominik Wortig als Gabriel von Eisenstein hatte mit Stefanie Smits als seiner Frau Rosalinde eine in jeder Form ebenbürtige Sing- und Spielpartnerin an der Seite. Und Sarah Längle als kokettes Kammermädchen Adele wusste zudem markante Klang- und Komikakzente zu setzen. Vor allem im Schlussbild vor der Pause bewies auch der erweiterte Hagener Opernchor sehr eindrucksvolles sein Können und trug nachhaltig zur runden, gefällig-unterhaltsamen Atmosphäre bei. Bernhard Steiner war mit dem Philharmonischen Orchester um weiche Walzer-Freuden bemüht, konnte aber dem personell begrenzten Musiker-Apparat natürlich nicht wirklich den breiten, vollen Klang einer traumverlorenen Strauß-Seligkeit entlocken.

Wie gesagt, bis zur Pause alles weitgehend im vollen Plus. Dann jedoch ein Bruch, zu dem Werner Hahn als ehemaliger Nazi-Blockwart und nun Gefängnisaufseher die Bühne betrat. Die komische Operette bekam plötzlich ernüchternd politische Züge. Hahn gab sich als Kabarettist mit böser Zunge und hieb auf österreichische Verhaltensmuster nach dem Zweiten Weltkrieg im Sinne der „Fledermaus“-Vorlage ein: „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist.“ Was eigentlich im 19. Jahrhundert gereimt wurde, geriet so zur alpinen Politschelte, in deren Verlauf sogar auch noch ein Hitler-Foto aus der Schublade gezogen wurde.

Was mit dem jähen Wechsel vom unterhaltsam stichelnden Gesellschaftsspiel zur braunen Aufarbeitungsszenerie bezweckt werden sollte, blieb kaum nachvollziehbar und setzte im Publikum allerlei Zeichen der Ratlosigkeit. Auch die Tatsache, dass Johann Strauß tatsächlich als „Achteljude“ von Reichspropagandaminister Goebbels posthum in einer Nacht- und Nebelaktion arisiert worden ist, lässt die Regie-Wende nicht notwendig erscheinen.

Nächste Aufführun gen:

16., 27. 30. September.

Karten: 02331 / 207 3218

oder www.theater.hagen.de