Hagen. Reden und kochen – beim Kochtreff des DGB-Arbeitskreises „Erwerbslos + Aktiv“ treffen sich einmal monatlich Erwerbslose zum gemeinsamen Schnippeln und Essen.
Tack, tack, tack schlägt das Messer aufs Brett. Nach 30 Jahren wurde sie aussortiert, wie eine faule Kartoffel. Eine Unternehmensberatung hatte vorgeschlagen, die Verwaltung „zu entschlacken“. Am Ende des Prozesses stand Martina auf der Straße, rauskatapultiert. Das war vor zwei Jahren. Heute ist sie 55. „Nach so was geht es die Rutsche runter, schneller, als man denkt.“ Sie war immer berufstätig, „trotz Kind“. Das müsse man erst mal schlucken. Martina erzählt, während sie Knoblauch fein hackt. Tack, tack, tack – es scheint innere Spannung abzubauen.
Nach außen liegt ohnehin alles andere als Spannung in der Luft. Überall wird gelacht, rund ein Dutzend Leute haben sich über den mensamäßigen Raum in „Luthers Waschsalon“ verteilt. Sie lachen und quatschen, trinken Kaffee, verzieren Plätzchen, rühren in Töpfen. „In dieser gemeinschaftlichen Situation lernt man was anderes kennen. Es gibt mir Halt“, findet Martina. „Man kommt raus.“ Raus aus der Anonymität als Arbeitslose. Einmal im Monat trifft sich Martina mit anderen beim Kochtreff des DGB-Arbeitskreises „Erwerbslos + Aktiv“.
„Wundermittel gegen Motivationslosigkeit“
Durch die Küche zieht bereits ein feiner Duft. Zwiebelgeruch mischt sich mit frischgeschnittenen Kräutern. Es gibt Regenbogenforelle spanischer Art: Psari plaki. Ein Dutzend Fische bedecken den Boden der Auflaufform. Darüber kommt eine Soße aus Tomaten, Knoblauch, Zwiebeln und Petersilie. Zitronenscheiben obendrauf und ab in den Ofen.
Markus Zimmermann schwingt den Kochlöffel, er ist Chef der Küche, die blaue Mütze sitzt etwas schief auf seinem Kopf. Fröhlich zieht er ein Tablettenröhrchen aus der Tasche. „Wundermittel gegen Motivationslosigkeit“ steht drauf. Ein Mix aus Oregano, Salz und Pfeffer. „Das erspart den Arzt“, sagt Zimmermann.
20 Euro für 20 Leute
Zimmermann sucht die Rezepte aus, geht einkaufen. Er hat’s in der Hand. „Gesund und natürlich“, lautet sein Ansatz. Preisgünstig dazu. „Für 20 Leute gebe ich 20 Euro aus“, bilanziert Zimmermann – heute ist Ausnahme wegen Weihnachten. „An normalen Tagen kochen wir fleischlos.“ Bloß weil sie keinen Job haben, ist ihnen nicht die Kompetenz verloren gegangen, Nudeln mit Tomatensoße zuzubereiten.
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Mangel an Selbstbewusstsein lässt sich einigen aus der Kochtruppe nicht unterstellen. Allerdings sehen sie auch realistisch: „Wer älter ist, vielleicht gesundheitliche Probleme hat. . .“ – Dieter Brost (58) lässt den Satz in der Luft hängen. „Finden Sie mal einen Arbeitgeber“, ergänzt Peter an seiner statt.
Die beiden kennen sich aus einer Maßnahmen beim HEB. Insgesamt neun Monate haben sie gemeinsam die Innenstadt saubergehalten. dann war Schluss. „Ich hätte das gern weitergemacht“, sagt Peter. „Erst macht man die Drecksarbeit, dann ist man raus.“ Seinen Humor hat Peter dennoch ebenso wenig verloren wie Erich (61), der Rentner unter ihnen.“ Er ist eine Art Entertainer, mit zwei linken Händen zum Kochen, wie er behauptet – aber einer Portion Menschenverstand. „Wir fragen hier niemanden nach seiner Herkunft. Jeder wir so angenommen, wie er ist.“
Zusammen essen, reden und sitzen statt zur Suppenküche
Für Ruth Schäfer, die beim DGB für den Arbeitskreis „Erwerbslos + Aktiv“ zuständig ist, geht das Rezept der Initiative auf. „Statt 4,20 Euro in der Suppenküche auszugeben, zu essen und wieder zu gehen, sitzen wir hier zusammen und reden.“
In der Küche von „Luthers Waschsalon“ ist es ganz warm.